Eine Marcelli gibt nicht auf
dieser Jemand der letzte Mensch auf Erden war, dem sie begegnen wollte, wenn sie so aussah wie in diesem Moment.
Aber es bestand keine Chance mehr zu entkommen. Es sei denn, sie wollte sich völlig idiotisch benehmen. Brenna fand, dass sie das in den letzten neun Jahren viel zu häufig getan hatte, als dass sie an diesem Verhaltensmuster festhalten sollte. Also straffte sie die Schultern, holte tief Luft und drehte sich zu dem Mann herum, den ihr Großvater für die Inkarnation des Teufels hielt.
Nicholas Giovanni. Von seinen Freunden nur Nic genannt.
Es hatte mal eine Zeit gegeben, da hatte Brenna ihn gut genug gekannt, um ihn Nic zu nennen. Sie hatte ihn auch noch ganz anders angeredet, je nach Laune und Umstand. Manchmal hatte er gelacht, manchmal hatten sie sich gestritten, und manchmal hatten sie sich einfach in sinnlichen Liebesspielen verloren, die ihnen den Atem geraubt hatten.
Jetzt schien Brenna die Sonne in die Augen, sodass sie Schwierigkeiten hatte, Einzelheiten zu erkennen. Sie sah eine große, imposante Erscheinung auf sich zukommen. Der Mann aus ihrer Vergangenheit hatte schon immer jeden Raum beherrscht. Zu arrogant, zu gut aussehend, zu viel von allem. Es war peinlich, es zugeben zu müssen, aber im reifen Alter von siebenundzwanzig Jahren hatte es in ihrem Leben nur zwei Männer gegeben. Sie sollte künftig wirklich mehr ausgehen.
Nic hatte sie seit neun Jahren nicht mehr gesehen, und sie bezweifelte nicht, dass die Zeit ihm gutgetan hatte. Und tatsächlich, als er näher kam, stellte sie fest, dass er zum Vernaschen gut aussah.
Die vergangenen Jahre hatten ein paar Linien in den Winkeln seiner dunkelbraunen Augen hinterlassen. Dadurch wirkten sie allerdings nur noch anziehender, so wie jetzt, als er ihr ein lässiges Lächeln schenkte, ein Lächeln, das sie früher nächtelang wach gehalten hatte.
Bartstoppeln zierten sein Kinn, was ihm einen gefährlichen, aber auch unglaublich sexy Look gab. Seine Klamotten waren genauso abgetragen wie ihre, aber irgendwie sahen sie an ihm gut aus. Das Leben war einfach ungerecht.
»Ich habe schon gehört, dass du wieder da bist«, begrüßte er sie, als er an dem Zaun stehen blieb, der die beiden Grundstücke voneinander trennte.
Das war's – ein paar Worte und ein nettes Willkommenslächeln. Als wäre er gar nicht sauer. Als wären die Vergangenheit und sie völlig irrelevant. Wenn man bedenkt, wie Jeff mich behandelt hat, ist das vermutlich auch so, dachte sie. Bei dem hatte sie offenbar auch keinerlei Eindruck hinterlassen, und dabei waren sie jahrelang verheiratet gewesen.
»Ich arbeite wieder auf dem Weingut«, sagte sie, weil es einfach zu deprimierend gewesen wäre, den wahren Grund zu nennen, warum sie zurück war. Außerdem, auch wenn zwar einige Meilen zwischen ihren Häusern lagen, war dies hier immer noch eine kleine Gemeinde. Sie bezweifelte nicht, dass es sich bereits herumgesprochen hatte, dass sie sich scheiden ließ. Allerdings, wenn sie nicht erwähnte, dass sie sich von ihrem Mann getrennt hatte, dachte Nic vielleicht, sie würde glauben, er wüsste nichts davon und sie wollte die Sache verheimlichen. Dann würde sie noch dümmer dastehen.
Ihr schwirrte der Kopf, ehe sie sich schließlich entschloss, den Stier bei den Hörnern zu packen. »Ich lasse mich scheiden«, platzte sie heraus.
Ohne mit der Wimper zu zucken, musterte Nic weiterhin eingehend ihr Gesicht, was ganz gut war, denn Brenna spürte jedes einzelne ihrer zusätzlichen fünf Pfunde an ihren Hüften, so als hätte sie Francescas Fettanzug an. Leider ließen sich ihre Polster nicht einfach so wieder ausziehen, sondern würden wohl noch eine Weile an ihr haften bleiben.
»Ja, ich habe schon davon gehört. Tut mir leid.«
»Ach ja?«, fragte sie, ehe sie sich zurückhalten konnte.
»Sicher. Warum sollte es mir nicht leidtun?«
Natürlich, dachte sie und hätte sich am liebsten selbst geohrfeigt. Warum sollte es Nic nach all den Jahren in irgendeiner Weise interessieren?
»Es wird ein gutes Jahr«, wechselte er das Thema. »Wir erwarten die reichste Ernte, die wir je eingefahren haben.«
»Wie ich sehe, ist für euch noch immer Quantität das Wichtigste.« Innerlich zuckte sie zusammen. Okay, sie war heute eindeutig auf Krawall gebürstet. Es wurde Zeit, dass sie sich mal ein bisschen mäßigte.
Seine dunklen Augen verengten sich ein wenig. »Der Wein ist für uns das Wichtigste. Aber der Markt verändert sich. Kleine Weingüter mit elitären Weinen werden von
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