Eine Marcelli gibt nicht auf
großen, erfolgreichen Firmen – wie meiner – geschluckt.«
Ihre Sorgen, die Depression und die schlechte Laune verschwanden augenblicklich. Sie brauchte sich nicht zu mäßigen, wenn Nic derart austeilte.
»Elitär?«, wiederholte sie. »Du bist stolz auf die Quantität, die ihr produziert. Hier bei den Marcellis interessieren wir uns mehr für die Qualität der Ernte. Es hat schon seinen Grund, warum all unsere Weine ständig ausgezeichnet werden.«
»Letztlich wird es darauf hinauslaufen, wer ökonomisch überleben kann. Ich bin überzeugt, dass mein Weingut bestens aufgestellt ist. Was ist mit deinem?«
»Oh, wir werden überleben. Bestimmt gibt es sogar Menschen, die das, was ihr produziert, mögen. Aber ihr werdet niemals etwas Besonderes oder Signifikantes anbauen. Was ihr macht, ist reine Massenproduktion. Ihr setzt so viele Maschinen ein, dass der Wein von der Knospe bis zur Flasche vermutlich nicht mal von einer Hand berührt worden ist. Das ist ja fast so, als würde man Cola herstellen.«
Er machte einen Schritt auf sie zu. Spannung lag in der Luft. »Die Hendersons haben das Handtuch geworfen. Ich habe sie letzte Woche aufgekauft.«
Das hatte sie nicht gewusst. Tiefes Bedauern erfüllte sie. Sosehr sie es auch hasste, es zuzugeben, aber Nic hatte recht. Das wirtschaftliche Klima veränderte sich. Kleine Weingüter wurden entweder ganz aufgegeben oder aufgekauft.
»Wie ein kreisender Geier auf der Suche nach Aas«, gab sie bissig zurück. »Behaltet ihr die Rebsorten, oder pflanzt ihr neue an? Ihr braucht den Cabernet als Verschnitt«, fuhr sie fort, ehe er etwas sagen konnte. »Deren Weinberge sind natürlich nicht so ordentlich wie eure. Da müsstet ihr womöglich tatsächlich Leute reinschicken, die die Beeren lesen.« Sie schnappte nach Luft und presste theatralisch eine Hand auf die Brust. »Was passiert dann mit der ach so wichtigen Erfolgsbilanz?«
Sein Blick haftete noch immer auf ihrem Gesicht, während Brenna auf seine Reaktion wartete. Dieses kleine Wortgefecht weckte ihre Lebensgeister mehr als alles andere in den vergangenen Wochen. Lustig, dass sie sich trotz der vielen Jahre, die sie sich nicht gesehen hatten, noch immer so leicht auf die Palme bringen konnten.
Aber statt nach dem Köder zu greifen, schüttelte er einfach nur den Kopf. »Ich dachte, du wärst vielleicht netter und nachgiebiger geworden.«
»Im Gegenteil. Du sicherlich aber auch nicht.«
Er zuckte mit den Schultern. »Vielleicht nicht, aber ich bin um einiges reicher.«
Daran zweifelte sie nicht. In den letzten neun Jahren hatte Nic Wild Sea zu riesigem Erfolg verholfen. Während sie in der gleichen Zeit in einer Reihe von öden Jobs gearbeitet und eine schlechte Ehe geführt hatte. Wie deprimierend.
»Reich genug, um Interesse zu bekunden«, fügte er hinzu.
»Interesse? Woran?«
»An alldem hier.« Er machte eine ausladende Handbewegung, die die Marcelli-Weinberge mit einschloss.
»Du bist doch verrückt. Mein Großvater würde niemals an dich verkaufen.«
Erneut zuckte Nic mit den Achseln. »Vielleicht nicht, aber man munkelt, dass er an irgendjemanden verkaufen muss.«
Aufgebracht marschierte Brenna ins Hauptgebäude des Weingutes und nahm direkten Kurs auf das Büro ihres Großvaters. Sie fand den alten Mann hinter seinem Schreibtisch, wo er ein Auftragsformular musterte.
»Nic Giovanni sagt, dass du die Winzerei verkaufen musst«, verkündete sie.
Langsam sah ihr Großvater zu ihr auf. »Was fällt dir ein, überhaupt mit ihm zu reden?«
»Ich bin den Zaun abgegangen, und er hat dasselbe getan. Wir haben uns zufällig getroffen, geredet, und er hat gesagt, dass du verkaufen willst. Stimmt das?«
Er muss jetzt Nein sagen, dachte sie verzweifelt. Die Winzerei war das Einzige, was ihr noch geblieben war. Okay, ja, da war auch noch die Familie, aber sie sprach von Arbeit. Davon, sich in etwas zu verlieren, was sie immer geliebt hatte.
»Du kannst nicht verkaufen«, erklärte sie Lorenzo, als der schwieg. »Das ist ein Teil von uns.«
Er schüttelte den Kopf. »Glaub nicht alles, was du hörst, Brenna. Nicholas Giovanni ist unser Feind. Er will dir nur wehtun.«
Das Telefon klingelte, und als er nach dem Hörer griff, wusste Brenna, dass er nichts weiter zu dem Thema sagen würde. Also drehte sie sich um und ging.
Gern hätte sie seiner Beteuerung Glauben geschenkt. Das Marcelli-Weingut bedeutete ihrem Großvater alles. Er würde niemals all das, was er sich erarbeitet hatte, einfach aufgeben.
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