Eine Marcelli gibt nicht auf
Stich, meine Kleine.« Er grinste. »So, besteht die Chance, dass ich dich dazu überreden kann, an unserem Probeessen teilzunehmen? Ich verspreche, es gibt köstliche Sachen.«
»Nein, danke.« Sie zeigte auf ihr Klemmbrett. »Ich habe noch hunderttausend Sachen zu erledigen.«
»Sieh zu, dass du noch ein bisschen Schlaf in den nächsten beiden Tagen bekommst. Du willst doch schön aussehen für deinen Kunden.«
»Ich bemühe mich. Danke für alles.«
»Gern geschehen.«
Sie klappte den Block auf ihrem Klemmbrett zu, winkte den anderen und verließ die Küche, um zu ihrem Auto zu gehen. An diesem Abend konnte sie nichts weiter tun. Für den folgenden Tag gab es eine weitere To-do-Liste, eine Reihe von Anrufen, die sie noch erledigen musste, und dann würde der Countdown beginnen: nur noch sechsunddreißig Stunden bis zu ihrem großen Event.
Francesca betrat das angesagte Lokal in der West Side kurz nach sieben Uhr abends. Zu Ehren von Jeff, mit dem sie verabredet war, hatte sie eins der zwei hübschen Outfits gewählt, die sie besaß. Es war ein ärmelloses Sommerkleid aus Leinen mit einer dazu passenden kurzen Jacke. Fünfundvierzig Minuten und eine sehr interessante Unterhaltung mit einem Mann namens Earl in einem kleinen Laden für Survival- und Spionagebedarf im San Fernando Valley hatten dazu geführt, dass sie jetzt ein extra leichtes Aufnahmegerät in ihrer Handtasche versteckt hatte. Das dazugehörige winzige funkgesteuerte Mikrofon war am Ausschnitt ihres Kleides befestigt, wo es von der Jacke verdeckt wurde.
Earl hatte ihr versprochen, dass sie damit drei Stunden lang aufnehmen konnte. Außerdem hatte er ihr Tipps gegeben, wie sie am besten sicherstellte, dass man das Aufgenommene auch gut verstand. Sein Angebot, ihr das Mikrofon zu befestigen, hatte sie allerdings dankend abgelehnt.
Als sie sich jetzt einen Weg durch das gut besuchte Lokal bahnte, versuchte sie sich davon zu überzeugen, dass dies hier lediglich ein weiterer ihrer psychologischen Feldversuche war. Der einzige Zweck der Angelegenheit bestand darin, zu sehen, wie jemand auf ihr Äußeres reagierte. Aber statt sich ihren Fettanzug anzuziehen oder sich in die tätowierte Frau zu verwandeln, war sie heute eine etwas verruchtere Version ihres wahren Ichs.
Dafür hatte sie sogar die Strapaze auf sich genommen, den ganzen Tag über mit Lockenwicklern rumzulaufen, damit ihr langes Haar zu einer wilden Mähne wurde. Make-up betonte ihre grünen Augen, der Lippenstift ließ ihren Mund voller wirken, und ihre natürlichen Vorzüge unterstrich ein Push-up-BH.
Alles nur Verkleidung, redete sie sich ein und verdrängte das flaue Gefühl im Magen. Was vor einiger Zeit noch eine großartige Idee gewesen zu sein schien, kam ihr immer problematischer vor. Hatte Katie vielleicht doch recht gehabt? Hätten sie und Brenna sich die Sache noch einmal genauer überlegen sollen?
Bevor sie weiter darüber nachdenken konnte, erspähte sie Jeff an einem Tisch am Fenster. Er entdeckte sie ebenfalls, stand auf und winkte. Sie winkte zurück und schlängelte sich zwischen den Gästen und Tischen hindurch.
Sie hatte ihren Schwager seit Weihnachten nicht mehr gesehen. Er sah noch immer gut aus mit seinem sandfarbenen Haar und den blassblauen Augen. Der Schnurrbart war neu, so wie auch der fehlende Ehering. Jeff war nicht besonders groß und überragte sie nur um wenige Zentimeter. Da sie hochhackige Schuhe trug, befanden sie sich an diesem Tag auf Augenhöhe.
»Francesca«, begrüßte er sie überschwänglich. »Ich freue mich so, dass du angerufen hast.«
Sie musste sich regelrecht zwingen, seine Hände, die er ihr entgegengestreckt hatte, zu ergreifen und zu drücken. Als er sich vorbeugte, tat sie es ihm gleich und ließ sich von ihm auf die Wange küssen. Die leichte Berührung war ihr jedoch so unangenehm, dass sie eine Gänsehaut bekam.
»Es ist schon viel zu lange her, seit ich dich gesehen habe«, sagte sie lächelnd und nahm ihm gegenüber Platz. »Okay, du und Brenna, ihr trennt euch, aber nachdem du neun Jahre lang ein Teil der Familie warst, wollte ich nicht, dass du einfach so gehst, ohne noch einmal die Gelegenheit zu haben, mit dir zu reden.«
»Du sprichst mir aus der Seele.«
Die Kellnerin trat an ihren Tisch, und Francesca bestellte sich einen Weißwein. Als sie wieder allein waren, lächelte sie Jeff an. »Wie läuft die Praxis?«
»Wunderbar. Es ist hektisch, aber ich lerne jeden Tag etwas Neues. Es gibt erstaunliche Fortschritte auf
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