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Eine Messe für die Stadt Arras

Eine Messe für die Stadt Arras

Titel: Eine Messe für die Stadt Arras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Szczypiorski
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sich prächtig fühlte, und so beauftragte er den Stallknecht, das Pferd am Morgen zu satteln und vor das Tor zu führen, weil Gervais mit seiner Serge bis nach Lilie reiten wollte. Am Tag darauf schleicht sich der Stallknecht ins Schlafgemach seines Herrn und meldet ihm, daß das Pferd krepiert sei. Die Hausbewohner laufen herbei. Das Tier liegt reglos auf der Tenne, der Bauch aufgebläht, die Nüstern mit getrocknetem Schaum bedeckt.
    »Was hat es nachts gefressen?« schreit Gervais. Sie sagen ihm, daß das Tier nichts zu fressen bekommen hat. »Man hat mir mein Pferd vergiftet!« brüllt der Tuchhändler. Doch das war ganz und gar unmöglich, weil die Haustore wie immer vor Einbruch der Dunkelheit geschlossen worden und alle im Hause Lebenden Gervais schon seit Jahren bekannt waren und sich seines Vertrauens erfreuten.
    Schmerzlich betrauerte Gervais den Verlust des schönen Tieres. Gegen Nachmittag kam ein Bekannter zu ihm, ein Seiler und ein reicher Mann, der drei Gesellen bei sich beschäftigte und nahe der Stadt ein Stück Obstgarten besaß. Der Seiler sagt:
    »Ich höre, Damaszener, daß dich großer Harm getroffen hat! Dein Pferd ist heute nacht verendet, hm… Nun, du sollst wissen, daß ich an deinem Stall vorbeigegangen bin und im Schein einer Fackel den Juden Celus gesehen habe, wie er dein Anwesen verfluchte.«
    Mit seinen Worten hatte der Seiler genau ins Schwarze getroffen, denn seit Jahren lag der Damaszener mit Celus im Streit. Bei der Sache mit dem Pferd mußten wirklich unreine Kräfte mit im Spiel gewesen sein, denn wer hätte je gehört, daß ein Tier so plötzlich verreckte? Der Damaszener eilte zum Rat und legte Klage ein. Ich war nicht zugegen, da ich andere Beschäftigungen hatte, die keinen Aufschub duldeten, aber ich weiß, daß Albert den Tuchmacher persönlich verhörte.
    »Bring einen Zeugen«, sagte er zu dem aufgebrachten Denunzianten.
    Geschwind schaffte man den Seiler herbei.
    »Schwörst du, daß du ihn mit eigenen Augen gesehen hast?« fragte Albert.
    »Ich schwöre es bei den Wunden Christi!«
    Farias de Saxe, der ein Gelehrter war auf dem Gebiet der Kompetenzen und Vorschriften des Gesetzes und der aus Mangel an interessanterer Beschäftigung im Rat saß, hat damals zu Albert gesagt:
    »Vater, es ziemt sich nicht, daß du Angelegenheiten entscheidest, die die Bürger betreffen. Selbst wenn sie sich heute mit deinem Urteil zufriedengeben, werden sie schon morgen ein Geschrei anstimmen, daß du die Stadt nach deinem eigenen Willen manipulierst. Besser ist, wenn sie selber Celus anhören.«
    Das Ergebnis dieser Auseinandersetzung war von nicht geringer Bedeutung. Albert, der niemals auf den Genuß, Gerechtigkeit zuzumessen, verzichtete, widersprach Farias de Saxe, indem er sich auf Celus’ Abkunft berief:
    »Wo steht geschrieben, daß die Stadtgerichte einen Juden richten sollen? Einen Juden kann jeder richten!«
    Darauf Farias de Saxe:
    »Und wo steht geschrieben, daß einen Juden jeder richten kann?«
    Selbstverständlich blieb Albert in dem Streit Sieger, denn für ihn war dessen Ausgang von entscheidender Wichtigkeit, während Farias de Saxe alles als eine Kurzweil ansah. Er war zu reich und zu gelangweilt, als daß er irgendeinem Ding besonderes Gewicht beigemessen hätte. Einmal, als ich ihn in der Kirche vor dem Beichtstuhl traf, erzählte er mir, daß er aus Langerweile sündige und aus Langerweile zur Beichte gehe… Farias de Saxe war wirklich der einzige große Herr in Arras! Möge er in Frieden ruhen…
    Man brachte also Celus herbei.
    »Du hast Verwünschungen ausgestoßen?« fragte ihn Albert.
    »Euer Wohlgeboren, ich vermag dergleichen nicht.«
    »Sie sagen von dir, daß du ein kluger Jude bist.«
    »Um so weniger vermag ich’s!«
    »Soll das heißen, daß zu einem wirksamen Fluch Unwissenheit gehört?«
    »Für die einen bedeutet’s dies, für die anderen das… Jeder liest, was er entziffern will.«
    »Gestehe, Celus, daß du Gervais den Damaszener haßt!«
    »Hab ich die Pflicht, ihn zu lieben, Euer Wohlgeboren? Wenn ja, dann werde ich ihn lieben.«
    »Nicht zum erstenmal stehst du vor dem Rat, Celus. Vor drei Jahren hast du christliche Leichname verächtlich gemacht.«
    »Euer Wohlgeboren sind im Irrtum. Ich hatte damit nichts zu tun, ich war ja damals gar nicht in der Stadt, was die Untersuchung überzeugend nachgewiesen hat.«
    »Aber du leugnest nicht, in jene Sache verwickelt gewesen zu sein?«
    »Das kann ich ja nicht leugnen, denn so war es…

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