Eine Mutter fuer die kleine Cassie
fertig”, sagte sie scharf und nahm ihr den Teller weg.
Cassie starrte sie mit großen Augen und offenem Mund an. Grant zog eine Augenbraue hoch, sah erst Cassie, dann Sharon an. Bestimmt war er ebenso enttäuscht wie sie. Der Gedanke, dass sie die Hoffnungen, die er in sie setzte, nicht erfüllen konnte, gab ihr den Rest.
“Das Essen war ausgezeichnet”, sagte er leise. “Wir helfen dir beim Abräumen.”
“Nein.” Sharon schrie ihn fast an. “Das würde ich lieber allein tun.” Sie wollte allein sein.
Allein in ihrem kleinen Haus, aber da das unmöglich war, wollte sie wenigstens die Küche für sich haben. Wenn schon Schweigen herrschte, sollte es ihr eigenes sein. Grant schien protestieren zu wollen. “Bitte”, fügte sie hinzu.
“Okay. Wir sind im Wohnzimmer.”
Als Sharon ihnen wenig später folgte, flackerte ein Feuer im Kamin. Brittany schlief davor.
Grant lag ausgestreckt auf der Couch, Cassie saß auf seinem Bauch und spielte mit den Hemdenknöpfen. Sharon betrat den Raum. Grant schaute ihr in genau dem Moment entgegen, in dem seine Tochter ihn ansprach.
“Daddy, muss ich Sharon jetzt Mommy nennen?” fragte sie leise.
Die zaghafte Frage traf Sharon so schmerzhaft, dass sie fast den Teller mit den Keksen fallen gelassen hätte. Grants Blick zuckte von Sharon zu seiner Tochter und wieder zurück.
Cassie erstarrte, als würde sie Sharons Anwesenheit spüren.
Vorsichtig stellte Sharon die Kekse auf den Couchtisch, bevor sie sich in den Sessel setzte und die Finger auf dem Schoß verschränkte, um sie am Zittern zu hindern.
“Nein. Du kannst sie auch weiterhin Sharon nennen, wenn du das möchtest”, antwortete Grant schließlich.
Sharon wartete voller Spannung. Langsam drehte Cassie sich zu ihr um. Die kleine Stirn lag in Falten, das Gesicht war kühl und abweisend, nicht wiederzuerkennen. Am liebsten wäre Sharon aufgesprungen, um sie an sich zu ziehen und sie zu fragen, was los war. Was Cassie ihres Lächelns und sie selbst der Liebe eines kleines Mädchens beraubt hatte. Aber sie beherrschte sich und schluckte die Enttäuschung herunter.
“Dein Daddy hat recht, Cass. Du brauchst mich nichts zu nennen, was du nicht willst”, sagte sie leise.
Cassie senkte den Blick. Ihr Gesicht blieb unnahbar. Die Stille wurde nur durch das Knacken eines brennenden Holzscheits unterbrochen.
“Aber da Sharon jetzt mit mir verheiratet ist”, sagte Grant schließlich, “ist sie jetzt deine Stiefmutter. Du …”
Cassie schob sich ruckartig von seinem Schoß, stand auf und stemmte die Hände in die Seiten. “Sie ist nicht meine Mutter”, rief sie. “Meine Mutter ist tot.”
Sharon spürte, wie sie erblasste, und fror plötzlich. Schlagartig breitete sich ein eisiger Schmerz in ihrer Brust aus. Sie musste sich auf die Lippe beißen, um nicht entsetzt aufzuschreien. Brittany sprang auf und klemmte den Schwanz zwischen die Beine. Dann wirbelte Cassie herum und rannte hinaus. Brittany zögerte kurz und raste hinterher. Sekunden später zerriss die zuknallende Tür die atemlose Stille.
Grant starrte Sharon an. “Hast du eine Ahnung, was das sollte?”
Sharons Augen füllten sich mit Tränen. “Ich schätze, wir hätten mit so etwas rechnen müssen”, flüsterte sie nach einer Weile.
“Nein, nicht so”, widersprach er. “Sie liebt dich, Sharon. Sicher, sie wird sich umstellen müssen - wie wir alle. Aber eine so heftige Reaktion habe ich wirklich nicht erwartet.”
Er erhob sich. “Ich werde mit ihr reden und …”
“Nein”, unterbrach Sharon ihn rasch. “Geben wir ihr ein paar Minuten, dann gehe ich.” Sie holte tief Luft. “Schließlich bin ich diejenige, mit der sie ein Problem hat.” Ihre Stimme zitterte.
“Es ist nicht deine Schuld”, sagte er.
“Es tut mir leid”, murmelte Sharon nach einer ganzen Weile. “Ich dachte, sie liebt mich.
Damit … habe ich … nicht gerechnet.”
Jedes Wort traf ihn ins Herz. Er setzte sich auf die Sessellehne und wünschte, er könnte alles wieder gut machen. “Sharon?”
Sie betrachtete ihre Hände. “Vielleicht soll ich einfach nicht Mutter sein”, wisperte sie heiser.
“Das hier hat nichts mit dir oder deiner Fähigkeit als Mutter zu tun.” Sein Protest kam ebenso automatisch wie nachdrücklich. Er griff nach ihren Händen.
Seufzend drehte sie sich zu ihm und legte den Kopf an seine Brust. “Woher weißt du das?”
schluchzte sie.
Er legte beide Arme um sie. “Ich weiß es einfach. Cassie liebt dich. Du warst ihr
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