Eine Nachbarin zum Verlieben
selbst.
Und vielleicht auch genauso verletzlich war.
„Ich schätze“, sagte er langsam, „wir wissen jetzt, wie schlimm das Problem ist.“ Er half ihr hoch. Sie streiften einander im Stehen für einen Sekundenbruchteil, doch Mike verschanzte sich blitzschnell auf der anderen Seite des Tisches.
„Kann man wohl sagen“, antwortete sie, vergeblich bemüht, ihrer Stimme einen unbeschwerten Klang zu verleihen. Sie wollte nicht, dass er merkte, wie aufgewühlt sie war, wie fremd sie sich in seinen Armen gefühlt hatte. So gar nicht mehr sie selbst.
„Ich wollte die Dinge nicht unnötig verkomplizieren, ehrlich nicht.“
„Ich auch nicht.“
„Aber ich glaube, es ist passiert.“
„Trotzdem ist es mir lieber, wenn wir ehrlich zueinander sind. Ich will mir und anderen Menschen nichts mehr vormachen. Nie wieder.“ Sie hatte sich ihr ganzes bisheriges Leben lang selbst getäuscht. Damit musste endlich Schluss sein.
Er dachte nach. „Amanda, ich wäre froh, wenn wir Freunde sein könnten. Wirklich. Das ist nicht nur eine leere Phrase. Es wäre gut, wenn Teddy neben seiner Mutter noch eine andere weibliche Bezugsperson hätte.“
„Ich würde mich auch freuen, wenn wir Freunde sein könnten, und du hast dich schon mehrfach als Freund erwiesen, Mike. Offensichtlich haben wir ganz ähnliche Schwierigkeiten und Lebensumstände – Kinder, Großeltern, Ex-Ehepartner, den Kulturschock durch den Umzug … Wir könnten uns über diese Dinge austauschen, einander beistehen. Und vielleicht sogar manchmal gemeinsam darüber lachen.“
„Solange wir dabei auf Sex verzichten“, fügte er hinzu. Ihre Blicke trafen sich.
Wieder sah sie einen ganz anderen Mann als den, den sie gestern kennengelernt zu haben glaubte. Die Szene mit den Hunden schien schon eine Ewigkeit her zu sein! „Das werden wir“, sagte sie fest.
„Abgemacht?“ Er streckte ihr die Hand hin.
Sie schlug ein. „Abgemacht. Erinnerst du dich noch daran, dass ich dir für morgen Abend eine Lasagne versprochen habe?“
„Wie könnte ich das vergessen?“
Sie deutete auf den Holztisch, der zwischen ihnen stand. „Lass es uns morgen versuchen: Wir essen gemeinsam. Ich lerne Teddy kennen, du Molly. Vielleicht können sie auch Freunde werden!“
„Gute Idee“, stimmte er zu.
5. KAPITEL
„Okay“, begann Mike, „wir machen Folgendes.“ Er bemühte sich nach Kräften, seinen übereifrigen Sohn etwas zu bremsen.
Teddy war schon in aller Herrgottsfrühe in den Garten gelaufen. Und das nackt, denn an Kleidung hatte er weder gedacht, noch hatte er für solche Nebensächlichkeiten Zeit.
Mike hatte ihn mit viel Diplomatie und noch mehr Versprechungen dazu gebracht, zumindest ein T-Shirt, eine Unterhose und Shorts anzuziehen, bevor er wieder hinausgerannt war.
Sie wollten heute mit der Arbeit an ihrem Wassergarten beginnen. Im Grunde handelte es sich dabei um einen kleinen Froschteich. Was Teddy daran besonders faszinierte, waren – in dieser Reihenfolge – Schmutz, Schaufeln, Wasser und Frösche.
In weiser Voraussicht hatte Mike das Konzept so einfach wie möglich gehalten. „Pass auf. Wir werden beide in diesem mit Pflöcken abgesteckten Dreieck graben. Und nur hier. Die Erde schaufeln wir in diese Schubkarre.“ Er deutete auf die Schubkarre. „Und nur da hinein. Na, alles klar?“
„Alles klar, Dad. Darf ich jetzt anfangen?“
„Halt, warte noch einen Moment. Erst erkläre ich dir noch, wie es danach weitergeht. Wenn das Loch tief genug ist, legen wir es mit einer Plastikfolie aus, die wir rundherum mit Steinen beschweren.“
„Okay. Kann ich jetzt anfangen zu graben?“
Eigentlich ging sein Plan noch weiter, aber Mike gab auf. „Also gut, los geht’s!“
Von nebenan hörte er Stimmen. Es war wohl kein Zufall gewesen, dass Amanda gestern den Baumarkt unsicher gemacht hatte. Bestimmt hatten auch sie und ihre Tochter sich für heute Gartenarbeit vorgenommen.
Es gab allerdings kleine Unterschiede, wie er kurz darauf feststellen sollte.
Zum einen trug Molly ein pinkfarbenes Tutu mit einer farblich abgestimmten Krone und drehte sich ständig im Kreis wie eine Ballerina, während Teddy von unten bis oben schmutzig war und die Erde, die er aus dem Loch geschaufelt hatte, so ziemlich überall hingeworfen hatte, nur nicht in die Schubkarre.
Auf dem Gartentisch der Frauen stand ein Limonadenkrug mit Bechern und Servietten.
Mike spritzte sich selber und Teddy mit dem Gartenschlauch ab, bevor sie beide daraus tranken.
Eine Stunde
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