Eine Nachbarin zum Verlieben
Bevor ich Molly bekommen habe, habe ich in der Werbebranche gearbeitet, und alle haben mich als zähe Verhandlungspartnerin bezeichnet. Aber das war geschäftlich. In meinem Privatleben bin ich ein hoffnungsloser Fall, was jede Art von Streit angeht.“
„Amanda?“
„Wie? Oh. Ich weiß. Ich rede mal wieder zu viel. Aus diesem Grund trinke ich auch so gut wie nie. Ein Glas Wein, und schon bin ich nicht mehr zu bremsen. Es war aber auch ein harter Tag …“
„Und Sie sind nervös, wenn Sie in meiner Nähe sind.“
„… und ich bin nervös, wenn ich in Ihrer Nähe bin“, sprach sie folgsam nach. Dann runzelte sie empört die Stirn. „Aber das stimmt doch gar nicht.“
Er beugte sich nach vorn und forderte sie mit einer Handbewegung auf, dasselbe zu tun.
Mit einem skeptischen Gesichtsausdruck beugte sie sich vor.
„Ich werde Ihnen jetzt einmal etwas erklären“, begann Mike. „Also: Diesen Sommer gibt es nur etwas, was mir wichtig ist, und das ist Teddy. Ich muss ihm helfen, sich hier einzurichten, sich heimisch zu fühlen, über die Trennung von seiner Mutter hinwegzukommen. Dann will ich ihm eine Vorschule und einen Kinderarzt suchen, und vielleicht einen Sportverein oder sonst ein Hobby. Mit ihm in die Bibliothek, in Parks und auf Spielplätze gehen, ihm dabei helfen, Freundschaften zu schließen. Das ist meine Mission für diesen Sommer. Und eine Frau hat da keinen Platz.“
„Okay.“
„Teddy ist immer noch völlig aufgewühlt wegen der Scheidung. Manchmal frage ich mich, ob es vielleicht daran liegt, dass er uns nie streiten gesehen hat. Das haben wir vor ihm vermieden. Ich habe es damals für richtig gehalten, aber heute frage ich mich, ob es nicht ein Riesenfehler war.“
Amanda fiel auf, wie unglücklich er bei diesem Geständnis aussah.
„Deshalb denkt Teddy jetzt nämlich, dass Nancy ihn verlassen hat, dass es seine Schuld war. Nancy hat sich auch wirklich völlig bescheuert benommen und nie richtig mit ihm darüber gesprochen. Aber das kann ich leider nicht ändern. Was ich allerdings kann, ist, meinem Sohn ein möglichst glückliches, stabiles Lebensumfeld bieten. Krass ausgedrückt …“
Mike zögerte, ob er wirklich so deutlich werden sollte.
„Sagen Sie es ruhig“, ermunterte sie ihn.
„Ich habe beschlossen, für immer auf Sex zu verzichten. In den vergangenen Tagen ist mir zwar aufgegangen, dass ‚für immer‘ vielleicht ein ziemlich hochgestecktes Ziel ist, aber zumindest diesen Sommer muss ich durchhalten. Keine Dates, keine Verpflichtungen, keine Ablenkungen. Mein Leben in den nächsten Monaten besteht nur aus diesem Kind.“
„Wow!“ Sie schüttelte fasziniert den Kopf und schenkte ihm ein Lächeln, das so natürlich und echt war, dass ihm der Atem stockte. Erotik pur. „Sie können sich überhaupt nicht vorstellen, wie froh ich bin, dass Sie das sagen. Mike, wir sitzen exakt im selben Boot.“
„Ach, wirklich?“, fragte er verblüfft.
„Ja, wirklich. Ich habe mir genau dasselbe vorgenommen.“ Sie lachte – eine Aufforderung an ihn, mitzulachen. „Das einzig Positive an der Scheidung war, dass ich mit der Nase darauf gestoßen wurde, wie falsch ich in vielen Dingen lag. Ich wurde nach Strich und Faden verwöhnt, die Welt lag mir zu Füßen, und ich hatte alle Möglichkeiten. Aber statt sie zu nutzen, habe ich nur darauf gewartet, bis mein Prinz kommt und mich wach küsst.“
„Das klingt, als wären Sie zu hart mit sich selbst.“
„Aber es ist die Wahrheit. Ich habe mir niemals die Mühe gemacht, hinter Thoms Fassade zu schauen. Bis all der schöne Schein um mich herum komplett zusammengebrochen ist.“
Wie hart das für sie gewesen sein muss, dachte Mike unwillkürlich.
„Wahrscheinlich werde ich mir im Herbst einen Job suchen. Ich weiß noch nicht, was für einen. Darüber denke ich dann nach, wenn Molly in der Vorschule ist. Aber dieser Sommer soll ganz ihr gehören. Ich möchte, dass sie sich ganz anders entwickelt als ich und meine Fehler nicht wiederholt. Selbstbewusster soll sie werden, und selbstständiger. Sie soll verstehen, dass persönliche Leistungen und Erfolge wichtiger sind als materielle Güter. Und das bedeutet …“
Sie legte eine Kunstpause ein.
„Machen Sie es nicht so spannend“, scherzte Mike, der ahnte, was kommen würde.
„Keine Männer mehr für mich. Am besten nie wieder, aber auf jeden Fall diesen Sommer. Ich muss erst mit mir ins Reine kommen, mir über die Fehler klar werden, die ich gemacht habe, und mich
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