Eine Nachbarin zum Verlieben
Molly stinklangweilig waren und für die sie allein nur die Hälfte der Zeit brauchte.
Gerade als sie die Hand auf den Türknauf legte, bog ein Auto in Mikes Einfahrt. Zwei Personen stiegen aus dem stahlgrauen Volvo. Die Frau, die auf dem Beifahrersitz gesessen hatte, sah aus wie ein Model: blond, groß, schlank, unendlich lange Beine – kurzum eine Figur, die einer normalen Frau die Tränen in die Augen treiben konnte.
Mikes Exfrau, vermutete Amanda.
Doch beim Fahrer des grauen Volvo musste sie zweimal hinsehen. Er war ein komischer kleiner Mann mit Neigung zur Glatze, der laufend in ein Taschentuch nieste, sodass sie sein Gesicht nicht sehen konnte.
Aber das Ganze ging sie ohnehin nichts an. Nur dass sich gerade Mikes Haustür öffnete und nacheinander der Hund, die Katze, Teddy und schließlich Mike herausgelaufen kamen.
Der Hund und die Katze schienen sich über die Besucher zu freuen, doch Teddy umklammerte Mikes Hand wie einen Schraubstock.
Der komische kleine Mann warf einen Blick auf die Tiere und hechtete – im Übrigen mit mehr sportlicher Energie, als sie ihm zugetraut hätte – zurück ins Auto, wo er ohne Pause zu niesen begann.
Mike sah noch weniger rasiert, gekämmt und ordentlich angezogen aus als üblich, aber dafür sexy. Man sah ihm an, dass er sich keinen Deut darum scherte, was seine Exfrau und ihr Neuer über ihn dachten.
Die Blondine ging zu Teddy, beugte sich zu ihm hinunter und nahm ihn an die Hand. Der Kleine musste die Tränen zurückhalten, aber immerhin sprach er mit seiner Mutter und ließ sich schließlich auch überreden, in das Auto einzusteigen.
„Ich habe den ganzen Tag das Handy eingeschaltet“, versprach Mike.
„Das wird nicht nötig sein“, antwortete Teddys Mutter spitz, und zu ihrem Sohn gewandt sagte sie mit zuckersüßer Stimme: „Wir werden einen wundervollen Tag haben, Schätzchen. George freut sich schon darauf, dich besser kennenzulernen.“
Der Volvo war schon lange rückwärts aus der Einfahrt gefahren, als Mike noch immer auf seinem Vorplatz stand, flankiert von Hund und Katze. Er bemerkte sie, als er sich umdrehte, um zurück ins Haus zu gehen.
In Amanda loderte kurz die Erinnerung an ihren unvergesslichen Kuss auf, doch sie verbannte sie sofort in den hintersten Winkel ihres Gedächtnisses. „Was war das denn?“, fragte sie.
„Du meinst den Typen?“
„Ja.“
„Einer der Gründe, warum ich dem Sex abgeschworen habe.“
Diese Geschichte konnte sie sich unmöglich entgehen lassen. Andererseits konnte sie Mike auch nicht zumuten, sie quer über zwei Hauseinfahrten zu schmettern.
Beinahe eine Woche lang waren sie einander recht erfolgreich aus dem Weg gegangen, aber man musste es ja nicht übertreiben.
Sie rief Mike zu: „Warte, ich komme zu dir! Ich hole nur erst frischen Kaffee.“ Sie lief ins Haus, füllte zwei Tassen und ging zu Mike, der sich inzwischen samt seiner Menagerie auf die Stufen vor der Haustür gesetzt hatte. Carlo bewegte sich keinen Millimeter, doch der Hund rückte ein Stück zur Seite, damit sie ebenfalls Platz fand.
Sie reichte Mike die Kaffeetasse, und er trank einen langen, tiefen Schluck. „George ist ein Keimphobiker. Er hat Angst vor Schmutz und Keimen. Und vor so ziemlich allem, was für kleine Jungs richtig und wichtig ist und Spaß macht. Teddy darf nichts unternehmen, wenn er dort ist, und ich werde mir den ganzen Tag lang Sorgen um ihn machen.“
„Das ginge mir genauso.“
„Ich habe keine Lust, darüber zu reden“, erklärte er. „Wenigstens kämpft sie nicht um das Sorgerecht. Sehr vernünftig, denn dann würde sie mich richtig kennenlernen. Aber den Umgang mit Teddy kann und will ich ihr auch gar nicht verbieten. Schließlich ist sie seine Mutter!“
„Ich verstehe.“
„Ich will nicht darüber sprechen“, wiederholte er, trank einen weiteren Schluck Kaffee, stützte die Ellenbogen auf die Knie und fuhr fort: „Ich konnte es kaum glauben, als ich herausfand, dass sie mich betrog. Vielleicht klingt es arrogant, aber ich habe wirklich geglaubt, in dieser Hinsicht wäre unsere Beziehung in Ordnung. Sogar besser als in Ordnung. Aber das Schlimmste war, dass sie sich dieses Würstchen ausgesucht hat.“
Ein letzter Schluck, und seine Tasse war leer. Amanda reichte ihm ihre, weil sie heute ohnehin schon zu viel Kaffee gehabt hatte.
Mike schüttelte mit einer Mischung aus Unverständnis und Wut den Kopf. „Hätte sie sich nicht wenigstens jemand anders anlachen können, wenn es schon
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