Eine Nacht in Bari
ich mit Expertenmiene.
»Stimmt. Weißt du, ich war in Holland und habe mir zwei Kilo mitgebracht.«
»Zwei Kilo?!« Ich konnte mich einfach nicht beherrschen, und meine Stimme überschlug sich fast. Zwei Kilo? Du liebe Güte!
»Ja, es ist super, du wirst ja sehen. Es war wirklich ein guter Deal, ich habe die Kosten schon wieder drin, indem ich die Hälfte in Einzeldosen weiterverkauft habe. Ich hab sogar Gewinn dabei gemacht.«
Ich konnte mich kaum beherrschen, ihre Worte nicht noch einmal zu wiederholen. Weiterverkaufen ? Ich meine, du hättest mir gleich sagen können, dass du eine Dealerin bist. Ich wäre vielleicht trotzdem mitgekommen, aber ich hätte einfach gern vorher gewusst, dass der Abend mit einem Ausflug in die Welt des Verbrechens enden würde.
»Also, ist das nicht etwas … ich meine … etwas gefährlich?«
»Wie meinst du das, gefährlich?«
»Ich meine, die Polizei, die Carabinieri … diese Dinge.«
»Wer sollte das der Polizei denn sagen? Ich bin doch keine Dealerin« (darüber, dachte ich, könnte man eine Debatte eröffnen, auch wenn es vielleicht nicht der richtige Moment dafür war), »ich verkaufe das Zeug nur an Freunde, nicht auf der Straße.«
Die Situation war ein wenig anders, als ich sie mir vorgestellt hatte, aber Bianca war immerhin da mit ihrem T-Shirt und ihren unglaublichen Brüsten, und nach dem ersten Schock war ich gern bereit, ihr alles zu verzeihen. Selbst wenn sie mir gesagt hätte, dass ihre Mitbewohnerinnen zwar zu Hause waren, aber tot und zerstückelt im Kühlschrank (und dass das ihr Werk war), hätte ich die Sache als relativ betrachtet.
»Hier, dreh du mal ein paar für den Anfang. Das Zeug ist stark, das haut ganz schön rein«, sagte sie, während sie mir das Zigarettenpapier, den Tabak und das Paket mit der braunen Wurst gab. Damit hatte ich nicht gerechnet. Anscheinend ging sie davon aus, dass ich das konnte. Klar, bei einem coolen Typen wie mir musste sie ja einfach davon ausgehen …
»Ich bin da nicht so gut, eher ziemlich ungeschickt. Vielleicht ist es besser, wenn du das machst?«
Sie warf mir einen verwunderten Blick zu und zweifelte vermutlich einen Augenblick lang an meiner Eignung für eine Drogenparty mit sexuellem Nachspiel. Sie wollte etwas sagen, verzichtete aber dann darauf, nahm die Utensilien und fertigte blitzschnell zwei Joints in der Größe von Havanna-Zigarren an. Ich kannte mich nicht aus, ich meine, ich hatte das Zeug überhaupt noch nie
gesehen. Mein Gefühl sagte mir, dass sie vielleicht etwas übertrieben hatte und die Dinger wahrscheinlich etwas kleiner sein müssten, aber ich hatte nicht den Mut, Fragen zu stellen oder gar technische Einwände zu äußern.
Um es kurz zu machen, wir rauchten jeder eine Haschzigarre. Das heißt, ich rauchte sie wirklich, manchmal tat ich auch nur so, als würde ich inhalieren, aber wie auch immer, am Ende war die Kanone zu Asche geworden. Falls sie bemerkte, dass ich trickste, ließ sie es sich jedenfalls nicht anmerken. Als wir fertig waren, drehte sich mir der Kopf, und ich war vermutlich nicht im Vollbesitz meiner geistigen Fähigkeiten, aber im Großen und Ganzen hatte ich die Situation unter Kontrolle. Sie hingegen schien vollkommen durchgedreht zu sein. Sie meinte, wir müssten sofort jeder noch so ein Ding rauchen.
Ich schlug vor, dass wir uns einem anderen Zeitvertreib widmeten. Das musste unglaublich lustig geklungen haben, denn sie fing an zu lachen. Sie lachte immer weiter und ich dachte, nun ja, das war zwar sehr gut gesagt und richtig lustig, aber ein Gelächter von drei, vier Sekunden hätte gereicht. Doch sie lachte und lachte und deutete auf etwas an der Wand, als hätte das ihr Gelächter ausgelöst. An der Wand war lediglich ein Wasserfleck zu sehen, der auf den ersten Blick gar nichts Lustiges hatte. Ich sann noch darüber nach, als Bianca plötzlich aufhörte zu lachen, sich zu mir hinüberbeugte und meinen Mund mit einer Zunge zu erforschen begann, die an eine wild gewordene Pythonschlange erinnerte.
Das hat ja verdammt lang gedauert, dachte ich.
Der erste Akt fand in der Küche statt und die Fortsetzung
dann im Schlafzimmer, wo wir uns eine Schneise zum Bett bahnen mussten zwischen Wollpullovern, Unterwäsche, Bettzeug, Decken und verschiedentlichen Gerüchen hindurch; zwischen Flaschen, Büchern, Schallplatten, Stiften, Heften, Fotos, Postern, Papieren (ich meine Notizzettel), Atlanten, Papieren (ich meine Zigarettenpapieren), leeren Aschenbechern, vollen
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