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Eine Nacht in Bari

Eine Nacht in Bari

Titel: Eine Nacht in Bari Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gianrico Carofiglio
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Aschenbechern, halb abgebrannten Räucherstäbchen, Turnschuhen, anderen Schuhen, Palästinensertüchern, Ponchos, einem Sombrero, Schals sowie einem Schlagstock, der »Stalin« genannt wurde und ein paar Jahre früher von den Ordnungsdiensten bei Demonstrationen verwendet wurde.
    Der erotische Teil dauerte nicht lang und war alles andere als ein unvergessliches Erlebnis. Danach zündeten wir uns, wie das allerbanalste Klischee es verlangt, eine Zigarette an (diesmal eine aus Tabak) und rauchten sie jeder zur Hälfte. Wir plauderten eine Weile – das heißt: Sie redete ohne Punkt und Komma drauflos und ich tat so, als würde ich ihr zuhören, während ich mich im Stillen fragte, wie sie es in diesem Chaos bloß aushielt, ohne verrückt zu werden. Dann dachte ich, dass sie vielleicht tatsächlich verrückt war und dass die Sache mit der Dealerei für diese These sprach. Ich tauchte aus meinen Grübeleien auf, als ihr Selbstgespräch plötzlich auf gruselige Weise interessant wurde.
    »… und deshalb, weißt du, hat er keine Lust, mit mir zu schlafen, verstehst du, und meistens kriegt er keinen hoch, auch wenn ich ihm einen blase.«
    Für den Fall, dass ich schwer von Begriff oder den Feinheiten der Sprache nicht mächtig sei, kam Bianca
mir insoweit entgegen, als sie mir die Handlung pantomimisch veranschaulichte (und das zugegebenermaßen sehr ausdrucksvoll, wenn auch nicht eben elegant). Ich fühlte mich langsam unwohl. Und in Kürze würde ich mich SEHR unwohl fühlen.
    »Also, verstehst du, ich bin mir sicher, dass er Hans vorzieht, ich meine, Hans allein, denn einmal haben wir es zu dritt versucht, aber das hat nicht funktioniert und deshalb ist es ganz klar: Er ist bisexuell. In letzter Zeit wird er aber immer schwuler und na ja, ich meine, ich habe ja auch meine Affären und auch Erfahrungen mit Lesben, aber letztendlich steh ich nun mal auf Männer und sehe deshalb keine große Zukunft für diese Beziehung. Hast du schon mal mit einem Mann geschlafen?«
    Ich sagte, ehrlich gesagt, nein, ich hatte keine homosexuellen Erfahrungen gemacht und hatte auch vor, sie zu meiden, so weit das möglich war und falls ich nicht überrumpelt würde. Der genaue Wortlaut war: Falls sie mich nicht von hinten packen, aber ich hatte den Eindruck, dass Bianca den feinen Humor in diesen Worten gar nicht bemerkte. Sie sprach einfach weiter, als hätte sie mich gar nicht gehört, und so erfuhr ich kurz darauf, dass Mario, ihr vielseitiger Freund, gern experimentierte und auch Erfahrungen mit Heroin gemacht hatte. Sowohl individuell als auch in der Gruppe.
    In jenen Jahren herrschte panische Angst vor Aids, und man konnte jeden Tag in der Zeitung schreckliche Artikel lesen und Listen der Risikogruppen, bei denen die Ansteckungsgefahr durch sexuelle Kontakte am größten war. Die beiden allerschlimmsten Gruppen waren Homosexuelle
und Heroinkonsumenten. Und ich hatte mich gerade mit einem Mädchen vergnügt, das ungeschützte Beziehungen zu einem jungen Heroinkonsumenten unterhielt, der auch mit Homosexuellen Verkehr hatte.
    Warum verdammt noch mal war ich nicht zu Hause geblieben und hatte ein Buch gelesen? Warum? Musste ich wirklich jeden Abend ausgehen? Das hatte ich jetzt davon. Diese Sätze sagte ich wortwörtlich zu mir selbst, während sich Panik in meinem umnebelten Hirn ausbreitete.
    »Aber, also, machst du … ich meine … machst du dir denn keine Sorgen?«
    »Was?«, sagte sie, während sie sich eine neue Zigarette ansteckte und sie mir dann reichte. Mir war die Lust am Rauchen allerdings gründlich vergangen. Überhaupt war mir die Lust vergangen, mit ihr Speichel oder andere Körpersäfte auszutauschen.
    »Danke, ich habe genug geraucht. Hast du denn keine … ich meine, hast du keine Angst vor Krankheiten?«
    »Was denn für Krankheiten?«
    Was für Krankheiten? Bist du blöd? Was wohl! Osteoporose? Zahnfleischbluten?
    Ich meine Aids, verdammt noch mal!
    »Na ja, man hört so viel über Aids. Hast du eigentlich mal einen Aids-Test machen lassen?«
    »Weißt du was, ich scheiß auf so was. Ich glaube, dahinter steckt eine Menge imperialistische Desinformation« (ich schwöre, sie verwendete diese Worte: imperialistische Desinformation), »aber ich glaube an einen
gesunden Fatalismus. Es hat keinen Sinn, sich aufzuregen, Bluttests zu machen und so. Wenn es passieren muss, passiert es eben; wenn du sterben musst, stirbst du.«
    Stirb doch selber, du dumme Kuh!
    Ich schwöre, dass ich drauf und dran war, genau das zu sagen,

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