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Eine Nacht zum Sterben

Eine Nacht zum Sterben

Titel: Eine Nacht zum Sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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gehabt – in der Sonne war es um diese Tageszeit sehr angenehm.
    Er setzte sich auf einen Grabstein und nahm eine von Chavasses Zigaretten. »Es ist schön hier draußen – sehr schön. Ich setze mich oft hierher, um nachzudenken, wissen Sie. Dazu ist hier die richtige Atmosphäre.« Er beugte sich über das Streichholz, das Preston ihm hinhielt. Dann lehnte er sich mit einem Seufzer zurück.
    »Nun, was wollen Sie von Leonard wissen?«
    »Bevor wir mit den Fragen beginnen, Pater, muß ich Ihnen sagen, daß es um eine sehr ernste und höchst geheime Angelegenheit geht. Es betrifft Fragen der nationalen Sicherheit.«
    Da Souza schien nicht im geringsten beeindruckt. »Bitte, fangen Sie an.«
    »Halten Sie es für möglich, daß Leonard Rossiter Kommunist geworden ist?«
    Pater da Souza betrachtete nachdenklich seine Zigarette, runzelte die Stirn und seufzte. »Daran besteht nach meiner Ansicht nicht der geringste Zweifel.«
    »Ich verstehe. Haben Sie das schon früher einmal jemandem gesagt?«
    »Mich hat noch nie ein Mensch danach gefragt.«
    Chavasse nickte. »Gut, Pater, erzählen Sie uns, was Sie wissen.«
    »Meine Kirche hat mich kurz nach dem Zweiten Weltkrieg nach Korea geschickt; ich sollte dort arbeiten. Nach ein paar Tagen haben mich nordkoreanische Soldaten gefangengenommen; der Koreakrieg war ausgebrochen.«
    »Und Rossiter?«
    »Oh, Leonard habe ich dann eine ganze Zeit nicht mehr gesehen – erst neun Monate später, als ich in ein besonderes Lager in die Mandschurei gebracht wurde. Ein Schulungslager, das die Chinesen betrieben.«
    »Und Sie meinen, daß man dort mit Rossiter eine Gehirnwäsche vorgenommen hat?«
    Pater da Souza lachte leise. »Lieber Himmel, so einfach ist das nicht, wie Sie vielleicht meinen. Die Leute wenden eine unglaublich simple Technik an, aber eben sehr oft mit Erfolg. Das Konzept geht auf Pawlow zurück. Sie flößen einem Schuldgefühle ein; oder besser gesagt, sie gehen davon aus, daß jeder Mensch Schuldgefühle mit sich herumträgt, und konzentrieren sich darauf, diese Schuldgefühle zu vergrößern. Soll ich Ihnen sagen, was mich mein Erzieher zu allererst gefragt hat? Ob ich in meiner Mission einen Diener beschäftigte, der mein Zimmer sauberhielt und mir das Bett machte. Als ich zugab, daß ich einen solchen Diener hatte, tat er überrascht, zeigte mir die Bibel und las mir eine Stelle vor, wo davon die Rede ist, daß wir außer Gott keine anderen Herren haben sollen. Aber ich hatte einen Eingeborenen, dem ich das Evangelium verkünden sollte, als Diener beschäftigt. Kaum zu glauben, was das später für Schuldgefühle in mir wachgerufen hat.«
    »Aber Ihr Glaube, Pater?« sagte Preston. »Hat Ihnen der nicht geholfen?«
    Der alte Priester war ehrlich überrascht. »Ob mir mein Glaube geholfen hat?« Er lächelte sanft. »Mein Glaube, mein Sohn, hat über alle Anfechtungen triumphiert. Ich habe mich Gott nie näher gefühlt, als damals in jener düsteren Zeit.«
    »Und Rossiter?« sagte Chavasse. »Wie war es um Rossiters Glauben bestellt?«
    Der alte Priester machte ein besorgtes Gesicht. »Meine Herren, ich bin hier in einer schwierigen Lage. Ich war in Nom Bek Leonards Beichtvater, und er war meiner. Die Beichtgeheimnisse sind unverletzlich. Ich kann Ihnen nur sagen, daß er schon lange Zeit, bevor er den Kommunisten in die Hände fiel, Probleme hatte. Aus ihrer Sicht gesehen war er eine reife Frucht, die nur noch gepflückt zu werden brauchte.«
    »Was hatte er für Probleme?«
    »Wenn ich einmal die marxistische Terminologie benutzen darf, so hat jeder Mensch seine These und seine Antithese. Für einen Priester ist die These alles, was er glaubt, und wofür er einsteht; sein Glaubensbekenntnis vor Gott. Seine Antithese ist die Kehrseite – das Böse, das in allen Menschen ist. Ängste und Haßgefühle, Gewalt und Aggression, das sinnliche Begehren. Leonard Rossiter hatte quälende Schuldgefühle, und zwar lange bevor die Erzieher in Nom Bek ihn bearbeiteten.«
    »Aber warum hat er sich von der Kirche abgewandt?«
    »Nach der offiziellen Erklärung war er einer Glaubenskrise erlegen – deshalb konnte er nicht länger im Kirchendienst bleiben. Und zwar war das drei oder vier Jahre nach seiner Rückkehr aus Korea.«
    »Aber Sie glauben, daß die Roten ihn bekehrt haben?«
    Pater da Souza nickte. »Ich glaube, sie haben ihm das bieten können, was er suchte – einen starken Glauben – eine Sache, für die er leben konnte.«
    »Sie sagen: Sie glauben das, Pater.

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