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Eine Nacht zum Sterben

Eine Nacht zum Sterben

Titel: Eine Nacht zum Sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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einem Strand an der Südküste angetrieben wurde und der nur seinen Sohn besuchen wollte, und an eine aufgeregte kleine Frau, die einen schrecklichen Tod gehabt hat. Eine dumme und hilflose kleine Frau, die in ihrem Leben keiner Fliege was zuleide getan hat.« Er seufzte tief und drückte seine Zigarette aus. »Diese beiden Menschen will ich rächen, Jean. Zum erstenmal, daß ich mich einer Sache aus ganz persönlichen Gründen annehme. Das ist ein Gefühl, das ich bisher nicht gekannt habe. Nur etwas gibt mir zu denken: wie wohl ich mich dabei fühle.«
     
    Er trennte sich ungern von Darcy Preston; er wäre gern noch weiter mit diesem prächtigen Mann aus Jamaika zusammengeblieben; und das nicht nur wegen ihrer gemeinsamen Erlebnisse. Darcy saß am Fenster und sah zu, wie er seinen Koffer packte. Er trug eine von Chavasses Hosen, einen alten Rollkragenpullover von ihm und eine Sportjacke aus Tweed.
    »Hast du wirklich noch genug Geld?« fragte Chavasse, als er seinen Koffer zumachte.
    Darcy nickte. »Ich habe doch immer noch ein Konto hier.«
    Chavasse zog sich einen alten Seemannsmantel an; er sah darin aus, als würde er für die Marine arbeiten. »Wahrscheinlich sehen wir uns nicht mehr wieder. Morgen um diese Zeit bist du schon unterwegs zum sonnigen Jamaika.«
    »Das Land des Calypsos und der Blumenmädchen. Ich wüßte nicht, was ich lieber täte.« Darcy grinste. »Und was machst du? Wo willst du anfangen? In Fixby?«
    »Ja, mal sehen, was sich da so tut.«
    Der Neger streckte die Hand aus. »Das wär’s dann wohl. Viel Glück, Paul, und wenn du Rossiter siehst, tu mir den Gefallen und hau ihm eine runter. Du kannst ihn auch in den Hintern treten.«
    Chavasse war schon an der Tür, als ihn Darcy noch einmal ansprach. »Etwas noch. Ich kann einfach nicht drüber hinwegkommen; daher die Frage. Warum haben sie Harvey ausgerechnet auf diese Weise umgebracht?«
    »Ich kann auch nur vermuten. Vielleicht sind sie unterwegs der Polizei in die Quere gekommen und haben befürchtet, geentert zu werden. Sie haben sozusagen das Corpus delicti über Bord geworfen.«
    Darcy Preston fing seltsamerweise an zu lachen. »Weißt du, das kommt mir wirklich wie ein Witz vor. Genau dasselbe haben früher die Piraten mit ihren Sklaven gemacht, wenn die Royal Navy hinter ihnen her war – sie haben die Männer einfach in Ketten über Bord geworfen.«
    Er lachte noch einmal; aber diesmal hatte er Tränen in den Augen.
    Chavasse schloß die Tür hinter sich und ließ ihn in dem stillen Zimmer mit seinem Kummer allein.
     
     
     

10
     
    Fixby war ein sterbendes Dorf; es gehörte zu den Orten, in denen man schlecht und recht hatte leben können, als sich der Fischfang noch rentierte; aber das war lange her.
    Die jungen Leute waren in die größeren Städte gezogen, und die meisten Häuser waren von Städtern gekauft worden und wurden nur noch in der Ferienzeit oder am Wochenende benutzt.
    Chavasse hatte sich in einem Dienstwagen bis nach Weymouth bringen lassen und war dort in den Bus gestiegen. Gegen vier Uhr nachmittags war er in Fixby; er war der einzige Fahrgast, der hier ausstieg.
    Die Dorfstraße war leer, und die einzige Kneipe hatte geschlossen; offenbar hielt sich der Besitzer strikt an die strengen englischen Gesetze. Er ging weiter in Richtung auf die Bucht zu, eine Hand in der Manteltasche, in der anderen seine schmale lederne Aktentasche. Der kleine Hafen war nicht schwer zu finden; es war ein gottverlassener Ort; Schiffswracks lagen umher wie gestrandete tote Wale. Ein einziges verkommenes Haus mit einer Art Büro stand am Strand. Es schien niemand da zusein, und er ging weiter zur Anlegebrücke.
    Eine seetüchtige Barkasse lag dort vor Anker, ein wirklich imponierendes Boot. Sie hatte eine Takelage für die Hochseefischerei, einen Rumpf aus Stahl, und auf dem Heck waren einige Drehstühle angebracht.
    Ein wirklich sehenswertes Schiff, daran gab es keinen Zweifel – ein wirkliches Juwel. Er sah sie sich an, und es dauerte eine ganze Weile, bis er sich von ihrem Anblick losreißen konnte.
    Im Schatten eines Schiffswracks stand ein Mann und beobachtete ihn. Er war sehr groß und dünn und trug eine alte Seemannsjacke, eine Schirmmütze und einen schmutzigen Overall. Bemerkenswert an ihm war sein Gesicht. Es war das Gesicht eines Judas; ein Auge schielte stark nach innen, und sein Mund sah aus wie von einem Messer geschlitzt; faszinierend häßlich wie das Gesicht einer mittelalterlichen Wasserspeierfigur.
    »Da staunen

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