Eine Parkuhr fuer mein Pferd
sagte Andreas kopfschüttelnd. „Der haben sie den Führerschein wohl zum Geburtstag geschenkt.“
„Du, die hatte eine Perücke auf und darunter pechschwarze Haare!“ sagte Hans. „Und wenn mich nicht alles täuscht, hatte sie auch Hosen an.“
„Tatsächlich? Dann durchschaue ich alles! Sie ist gar keine Oma, sondern eine Anfängerin, die sich den OmaLook nur angeschminkt hat, damit die Polizisten ein Auge zudrücken, wenn sie mit ihren Fahrkünsten die Verkehrswelt durcheinanderbringt. Übrigens fährt sie denselben Wagentyp wie der Knabe, der schuld daran war, daß mein Bremsseil riß. Na ja, jedenfalls ist meine Ente wieder frei, und wir können weiter.“ Er sah auf die Uhr. „Paß auf, es ist gleich halb sechs, und ich habe Appetit auf eine warme Mahlzeit. Wir machen uns wieder auf die Socken und treffen uns in Itzehoe, und zwar im Jever Krug’. Das ist am Dithmarscher Platz. Da soll man gut essen können.“
„Keine schlechte Idee“, stimmte Hans zu. „Meinst du, daß ich Südwind da irgendwo anbinden kann?“
„Na klar. Soviel ich weiß, stehen jede Menge Parkuhren vor dem Haus.“
„Gut. Zischen wir ab. Es sind noch fünf Kilometer, wenn das Schild hier die Wahrheit sagt. Die schafft Südwind in einer knappen Stunde. Du kannst ja vorausfahren und schon einen guten Platz für uns aussuchen.“
„Mach ich“, rief Andreas. „Also, see you later, alligator!“
„See you in a while, crocodile!“ antwortete Hans und marschierte zu seinem Pferd zurück. Das stand da mit halbgeschlossenen Augen in einem Zustand zwischen Schlafen und Wachen, es döste. Hans klopfte ihm den Hals, legte ihm den Sattel auf und schnallte das Gepäck fest.
„Du bist ein braves Tier“, sagte er. „Ich freu mich, daß ich dich hab. Nun komm, wir wollen weiter.“
Darf ein Pferd an der Parkuhr stehen?
Kurz vor halb sieben kam Hans in Itzehoe an und fragte sich nach dem Dithmarscher Platz durch. Ein Junge wies ihm den Weg und rannte die ganze Zeit nebenher. Einen Reiter, der auf einem großen Pferd mitten durch die Stadt reitet, gab es nicht jeden Tag zu sehen.
Vor dem „Jever Krug“ entdeckte Hans Andreas’ grüne Ente und sah, daß auf dem Parkstreifen noch ein Platz frei war. Das nenne ich Glück! dachte er, stieg ab und band Südwind an die Parkuhr. Zwei Zehner eingeworfen, und ich kann unbesorgt essen gehen. Bequemer kann man es gar nicht haben. Sattel und Gepäck legte er neben die Ente. Einen Augenblick überlegte er, ob er alles mit in die Gaststätte nehmen sollte, entschloß sich dann jedoch, nur den Eimer mitzunehmen. Das ist ein feiner Schuppen, dachte er, die schmeißen mich raus, wenn ich mit den Lederklamotten angetanzt komme. Klauen wird sie schon niemand. Ich werde ab und zu mal aus dem Fenster schauen.
„So, mein liebes Pferdchen“, sagte er, indem er Südwind durch die Mähne fuhr, „nun mußt du eine Weile ohne mich auskommen. Aber schau dich um, Leute gibt es hier genug, für Abwechslung ist also gesorgt. Und du bekommst auch einen Eimer Wasser, das verspreche ich dir.“
Andreas studierte bereits die Speisekarte. Er saß am Fenster und hatte Hans kommen sehen. Der setzte sich nun zu ihm und stellte den Eimer unter den Tisch. „Mensch, ob wir hier richtig sind?“ begrüßte er ihn. „Wir sind die einzigen in Jeans, wie ich sehe.“
„Na und?“ entgegnete Andreas. „Als Millionär kannst du sogar nackt hier aufkreuzen.“
„Millionär will ich erst noch werden“, sagte Hans. „Und wenn ich meine Beine frage – die meinen, es wird nichts draus.“ Er rieb sich die Waden. „Du kannst dir ja nicht vorstellen, wie das Reiten in die Beine geht!“
„Nun mach mal kein Drama draus“, bremste Andreas. „Das ist nur am Anfang so schlimm. In einigen Tagen spürst du deine Beine gar nicht mehr.“
Der Ober kam an ihren Tisch. „Bitte sehr, haben Sie schon gewählt?“
„Ich ja“, antwortete Andreas. „Ich möchte eine Spargelcremesuppe, eine Schweinshaxe mit Sauerkohl und als Dessert eine rote Grütze mit Vanillesoße. Dazu bringen Sie mir bitte ein großes Alster.“
„Sehr wohl“, sagte der Ober und schrieb die Bestellung auf. „Und Sie?“ wandte er sich an Hans.
„Ich brauche erst mal einen Eimer gutes, reines Trinkwasser“, antwortete der.
„Wie bitte?“ fragte der Ober verblüfft.
„Ich habe mein Pferd dabei“, erklärte Hans. „Es steht draußen und hat Durst. Schauen Sie mal aus dem Fenster, Sie können es sehen. Hier ist der Eimer. Seien Sie doch bitte so
Weitere Kostenlose Bücher