Eine Parkuhr fuer mein Pferd
nach, er muß jeden Augenblick hier sein.“
Da erschien Hans auch schon. Südwind am Zügel führend, trottete er müde und steifbeinig auf das Fährschiff. „Ich bin am Ende“, stöhnte er. „Man gebe mir ein Bett und lasse mich von der Zeit träumen, da noch kein Pferd in mein Leben getreten war.“
Das Schiff legte ab. Ruhig glitt es aus dem Hafen und fuhr in die Elbe hinein. Hans band Südwind an der Reling fest und wollte sich zu Andreas ins Auto setzen.
„Bleiben Sie bitte bei Ihrem Pferd“, verlangte der Kassierer. „Die Elbe ist heute ziemlich kabbelig, es könnte ausrutschen und nervös werden.“
„Auch das noch“, murmelte Hans. „Wie lange fahren wir denn?“
„Eine gute halbe Stunde oder ein bißchen länger“, antwortete der Kassierer. „Wollt ihr eine große Tour machen?“
„Das kann man ohne Übertreibung mit Ja beantworten“, sagte Hans. „Bis zum Bodensee wollen wir.“
Der Kassierer schüttelte staunend den Kopf. „Einer mit dem Auto, der andere mit einem Pferd, wie paßt das zusammen? Da könnt ihr euch doch leicht aus den Augen verlieren?“
„Das haben wir alles bedacht“, antwortete Andreas. „In verschiedenen Städten treffen wir uns nachmittags um drei vor der Hauptpost, zum Beispiel in Bremervörde, Zeven, Rotenburg und so weiter bis runter nach Fulda und Würzburg. Und da stecken wir die Strecke neu ab.“
„Du überraschst mich!“ rief Hans. „Davon weiß ich ja noch gar nichts!“
„Nun, hiermit erfährst du es“, sagte Andreas. „Es ist mir gerade eingefallen und die zuverlässigste Möglichkeit, Kontakt miteinander zu halten.“
Auf der anderen Elbeseite angekommen, fanden sie gleich einen Platz, wo sie zelten konnten. Die Weide neben der Straße schien ihnen hervorragend dafür geeignet.
„Meinst du, daß ich Südwind hier frei laufen lassen kann?“ fragte Hans.
„Lieber nicht. Binde ihn an den Zaun. Das Seil ist ja lang genug. So kann er fressen, sich hinlegen oder sich die Füße vertreten, wie es ihm gerade in den Sinn kommt. Die Cowboys pflegen ja ihren Gäulen des Nachts die Vorderfüße zusammenzubinden, um sie am Weglaufen zu hindern, ob das aber den Viechern angenehm ist, wage ich zu bezweifeln.“
Also fädelte Hans die Leine durch den Ring des Kinnriemens und befestigte das andere Ende an einem Zaunpfahl. Dann striegelte er Südwind, kratzte ihm die Hufe aus, holte ihm Wasser und band ihm den Futtersack um.
Andreas baute inzwischen das Zelt auf. Nach einer knappen Stunde lagen sie gemütlich in ihren Schlafsäcken und redeten über die ersten beiden Reisetage.
„Ich glaube nicht, daß ich morgen schon weiterreiten kann“, sagte Hans. „Ich habe immer noch eine Tonne zwischen den Beinen, und sämtliche Muskeln vom Gürtel an abwärts sind hart wie Stein und brennen wie Feuer.“
„Freu dich“, entgegnete Andreas, „so brauchst du heute nacht wenigstens nicht zu frieren.“
Sie erwachten gegen fünf Uhr. Die Luft im Zelt war stickig. Es war schon hell. Hans zog den Reißverschluß am Zelteingang auf und schaute nach seinem Pferd aus. Es stand nur wenige Meter vom Zelt entfernt und döste.
„Guten Morgen, Südwind!“ rief Hans. „Hast du gut geschlafen? Wir müssen gleich weiter, ich habe nämlich das Gefühl, daß wir uns hier auf verbotenem Grund befinden.“ Er kroch ins Freie und stellte sich hin. „Auweia!“ stöhnte er. „Meine Beine kann ich wegschmeißen. Und die Jeans reiben wirklich. Nun muß ich wohl in die Reithose steigen.“
Andreas gähnte und steckte den Kopf aus dem Zelt. „Du mußt den Teufel mit Beelzebub austreiben“, sagte er. „Den Muskelkater bekämpft man am wirkungsvollsten mit Freiübungen. Dann merkt er, daß man ihn nicht ernst nimmt, und verflüchtigt sich. Los, machen wir einen Tausendmeterlauf!“
„Danke, darauf kann ich verzichten“, antwortete Hans und stakste so unbeholfen auf Südwind zu, als wären seine Beine falsch eingehängt.
Bevor die erste Fähre von Glückstadt anlegte, standen sie samt Pferd und Zelt an der Straße und überlegten, wie es weitergehen sollte.
„Für mich ist heute Wandertag“, erklärte Hans. „Nicht eine Minute setze ich mich in den Sattel. Wenn ich es schonend angehe, kommen meine Beine allmählich wieder zu sich und nehmen mir die Gewaltritte der ersten beiden Tage nicht mehr übel. Darum setzen wir uns nur ein Pensum von höchstens fünfzehn Kilometern, Richtung Altes Land. Dort legen wir einen Ruhetag ein, schauen in den Himmel, zählen die Wolken und lauschen
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