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Eine Parkuhr fuer mein Pferd

Eine Parkuhr fuer mein Pferd

Titel: Eine Parkuhr fuer mein Pferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helmut Sakowski
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Mikrophon, „hörst du mich? Kommen, bitte!“
    Aber Hans kam nicht. Auch als Andreas ein paar Kilometer weitergefahren war und seine Meldung wiederholte, kam keine Antwort.
    „Tja, dann nicht“, sagte er und fuhr wieder an. Da er sich Zeit ließ, erreichte er Nienburg erst kurz vor Ladenschluß. In einer Seitenstraße parkte er die Ente und kaufte sich ein Pfund Äpfel, vier Brötchen, Butter und einige Scheiben Aufschnitt. Dann setzte er sich in seinen Wagen und begann zu essen.
    Da klopfte jemand an das Seitenfenster. Es war ein Polizist. „Junger Mann“, sagte er, „Sie stehen im eingeschränkten Halteverbot. Wollen Sie hier etwa übernachten?“
    „Keineswegs“, antwortete Andreas, nachdem er das Fenster geöffnet hatte. „Ich habe mir nur ein kleines Brötchen gemacht, wie Sie sehen, und fahre gleich weiter.“
    Der Polizist hatte offensichtlich das Gefühl, noch etwas sagen zu müssen. „Ihr Fahrzeug ist sehr beladen“, fuhr er fort, „es scheint sogar überladen zu sein. Was ist in den Säcken?“ „Hafer“, antwortete Andreas, „für ein Pferd. Wenn Sie mal reinschauen möchten, bitte!“
    Der Polizist winkte ab. „Also fahren Sie weiter“, sagte er. „Hier dürfen Sie nicht länger stehen.“
Andreas startete und rollte weiter. Als er an einer Kreuzung ein Schild sah, das auf Minden hinwies, schlug er die Richtung ein. Ob ich hier die Nacht erwarte oder in der Nähe von Minden schlafe, ist schließlich egal, dachte er. Hauptsache ich bin morgen nachmittag in Hameln.
Während er nun in mäßigem Tempo dahinglitt und dabei einer Hitparade im Radio lauschte, fragte er sich, wo Hans jetzt wohl sein mochte. Konnte man wirklich von ihm erwarten, daß er pünktlich um fünfzehn Uhr in den verschiedenen Städten auftauchte? Er saß doch nicht hinter dem Steuer eines Wagens, mit dem er Bundesstraßen benutzen konnte, sondern im Sattel eines Tieres, das bestimmt lieber auf weichem Wiesen- und Waldboden marschierte als auf Beton oder Asphalt. Konnte und durfte er überhaupt mitten durch eine Stadt reiten? Gab es da nicht bestimmte Vorschriften in der Straßenverkehrsordnung? Ja, und wurde Südwind nicht unruhig und scheu, wenn er von Autos überholt wurde und der Lärm und Gestank der Fahrzeuge ihm zusetzte? Ich war in der Festsetzung der Strecke wohl doch zu voreilig, dachte er. Unter Umständen sitzt Hans irgendwo fest und ist sauer oder verzweifelt, weil er einen Fluß überqueren muß und keine Brücke in der Nähe ist. Oder weil er versucht hat, einen Zaun zu überspringen und sich dabei verletzt hat. Vielleicht hat Südwind auch genug von der Schinderei und meutert. Während ich hier seelenvergnügt durch die Landschaft fahre, ist die Sache möglicherweise schon abgebrochen.
Ihm wurde heiß bei diesen Überlegungen. Was soll ich mit dem dummen Walkie-talkie anfangen? überlegte er. Funkkontakt halten? Lächerlich ist das, eine typische Abmachung vom grünen Tisch aus. In der Wirklichkeit läßt sich das gar nicht durchführen. Von Reiter zu Reiter kann man so etwas wohl machen, aber nicht von Auto zu Reiter und umgekehrt. Ihm wurde von Kilometer zu Kilometer unwohler, und er glaubte kaum noch daran, Hans in Hameln zu treffen. Hameln, dachte er. Rund 250 Kilometer in sechs Tagen für einen Reitanfänger. Das war doch der reine Wahnsinn! Zugegeben, Hans hatte sich in den ersten Tagen recht geschickt angestellt und mußte in der Zwischenzeit noch mehr Sicherheit gewonnen haben. Im Sport war er immer sehr gut gewesen, zäh und ausdauernd, und das bißchen Muskelkater am Anfang der Reise war mittlerweile sicherlich vergangen. Aber unsicher blieb die Sache dennoch.
Sollten wir uns tatsächlich in Hameln treffen, überlegte er weiter, müssen wir anders planen. Diese Ungewißheit ist auf Dauer nicht zu ertragen. Auch wenn es nicht um meine Erbschaft geht, bin ich mit drin in dem Abenteuer.
Er schaltete die Musik ab und schaute auf die Weser hinunter, die jetzt sehr nahe parallel zur Bundesstraße dahinfloß. In der Nähe von Petershagen hielt er an. Links und rechts der Straße erstreckte sich ein Wald. Er lenkte die Ente in einen schmalen Weg, fuhr sie so weit hinter einen Busch, daß sie von der Straße aus nicht mehr gesehen werden konnte, und holte das Zelt heraus. Nachdem er sich einen geeigneten Platz gesucht, das Zelt ausgebreitet und die Heringe und den Hammer bereitgelegt hatte, setzte er sich wieder in die Ente und wartete die Dämmerung ab. Er wollte das Zelt erst aufbauen, wenn es fast

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