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Eine private Affaere

Eine private Affaere

Titel: Eine private Affaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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Selbstmordversuch.«
    »Das ist immer noch besser, als wenn du dich so stark auf sie einläßt, daß sie dir weh tut.«
    Daisy grinste. »Mir weh tut? Ich hab’ eher Angst, daß ich ihr den Hals umdrehe, wenn das so weitergeht. Hast du schon mal jemanden nicht riechen können, Jimmy? Ich meine damit nicht, daß sie stinkt, sondern nur ihren ganz eigenen Körpergeruch.«
    »Es hat noch nie jemand ›Jimmy‹ zu mir gesagt.«
    »Tut mir leid – ist wohl ein amerikanischer Reflex.«
    »Mir gefällt das – sogar sehr.«
    Wir waren an einer Mauer angelangt, die am Eingang zu meinem Block endete. Ein abgeschiedener Ort war das nicht unbedingt, aber ich hatte mir geschworen, sie an dem Abend zu küssen, und eine andere Möglichkeit sah ich nicht. Ich zog sie an mich.
    Als ich meine Arme um ihre Taille schlang, legte sie ihre Hände mit einer lasziv-jovialen Geste auf mein Hinterteil.
    »Weißt du, daß du einen tollen Arsch hast?«
    »Ich k-k-kann’s nicht fassen, daß du das gesagt hast.«
    »Warum nicht? Du bist wohl noch nie mit einer Amerikanerin gegangen, was? Du willst mich doch bumsen, oder?«
    »Dich bumsen?«
    »Ja, Süßer, ficken, das kennst du doch, oder? Ist ein angelsächsisches Wort, das haben wir von euch Engländern.«
    »Mein G-G-Gott, natürlich will ich dich b-b-bumsen. Ich hab’ in den letzten sechsunddreißig Stunden an nichts anderes denken können.«
    Sie kicherte. »Dann mach mal lieber einen Spaziergang mit mir, mein kleiner Engländer, sonst hast du heute nacht auch bloß wieder feuchte Träume.«
     
    Ich lernte sie besser kennen in den hastigen Mittagspausen auf dem Weg zu unseren jeweiligen Vorlesungen, auf Spaziergängen im Wald gleich neben dem College Campus, bei Abendessen, von denen wir Brenda erbarmungslos ausschlossen, und nach dem Kino im Bett. Daisy redete viel über ihre Eltern. Ihr Vater war »ein Scheißkerl, Verzeihung, ein Psychopath«.
    »Ein Psychopath? Ich hab’ gedacht, er ist Professor der Psychologie?«
    »Mm, ja, das ist er. In Yale. Hat man hierzulande noch nichts vom sadistischen Psychologen-Syndrom gehört?«
    »Ich verstehe nichts von Psychologen.«
    »Dafür kriegst du sofort zehn Punkte. Ich sage dir jetzt alles, was du wissen mußt: Es gibt zwei Arten von Psychologen – diejenigen, die sich am Anfang tatsächlich Gedanken über die Menschen machen, und die, die die Sache als Spiel mit der Macht verstehen, sozusagen als eine Beherrschung des Gehirns. Aber wenn sie erst mal ihren Abschluß haben, gibt’s letztlich nur noch eine Sorte, jedenfalls, soweit ich weiß, und ich kenne eine ganze Menge.«
    »Die Machtfanatiker?«
    »Genau. Er arbeitet viel für die Industrie. Das ist das psychologische Äquivalent dieser Naziärzte in den Konzentrationslagern: Wie verändert sich die Leistung, wenn ich hier ein bißchen wegnehme und es dort dazugebe – verstehst du?«
    »Nicht ganz. Ich hab’ nicht gewußt, daß Psychologen in der Industrie arbeiten.«
    Wir überquerten gerade den Campus. Sie blieb unter einer Roßkastanie stehen. »Nicht?« Sie packte mich an der Jacke und zog mich zu sich heran. »Wunderbar. Ich hab’ das Gefühl, als wär’ ich grade auf einer einsamen Insel gelandet und hätte dort den Edlen Wilden gefunden. Sauber, rein und frei.«
    »Das hat noch niemand zu mir gesagt. Ich hab’ mich immer für einen ziemlich typischen Stadtneurotiker gehalten.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Hört sich eher nach einer leichten Grippe an. Aber das läßt sich mit einer Langzeittherapie aus Sex und Maßlosigkeit kurieren.«
    Wir gingen weiter. »Die Kur mache ich gern.«
    »Klar. Ich wünschte, ich wär’ auch so gut dran wie du.«
    Jetzt war es an mir stehenzubleiben. Ich ging einen Schritt von ihr weg. »So was hast du schon mal gesagt. Was meinst du eigentlich damit?«
    Sie sah mich einen Moment lang an. Es war einer jener Tage im Mai, die eher an den Winter als ans Frühjahr denken ließen, und die kalte Luft stach uns ins Gesicht. Ihre Nase war schnupfengerötet, der Wind trieb ihr die Tränen in die Augen.
    »Damit meine ich, daß ich dem Schwein dabei zugesehen habe, wie er meine Mutter zugrunde gerichtet hat. Er hat sie hier in diesem Land kennengelernt – sie ist Engländerin. Wie ein hübsches kleines Labortierchen, mit dem er seine Experimente machen konnte. Sie hat ihm nicht in die Eier getreten wie eine Amerikanerin, als er mit seinen Spielen anfing.«
    »Mit seinen Spielen?«
    »Er hat sie zugrunde gerichtet. Ich glaube, er wollte rausfinden,

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