Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine private Affaere

Eine private Affaere

Titel: Eine private Affaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
Vom Netzwerk:
Mitangeklagten, einem jungen Mann namens Spoke, gekauft. Beide hatten sich zu der Zeit in einem Obdachlosenheim der Heilsarmee aufgehalten. Zweifelsohne hatte Thirst mit einigen Schecks in betrügerischer Absicht bezahlt, doch man hatte ihm nur einmal etwas nachweisen können. Er hatte einen Scheck über fünfzig Pfund ausgestellt, um sich eine neue Levis und ein paar andere Kleidungsstücke zu kaufen. Voller Aufregung las ich, daß der Verkäufer sein Komplize gewesen war. Doch der Ladeninhaber hatte keine Anzeige gegen seinen Angestellten erstattet – vielleicht aus Angst. Schaufenster sind schnell eingeschlagen.
    Ich nahm die Papiere in mein Zimmer mit. Eine Berufung mit echten Erfolgschancen war bedeutend attraktiver als eine Verhandlung, die nur pro forma stattfand. Als Hogg an jenem Abend mit mir gesprochen hatte, war mir nicht klargewesen, daß Thirst tatsächlich eine Chance haben könnte, und wenn auch nur wegen eines Formfehlers. Junge Barristers, die Fälle vor dem Berufungsgericht gewannen, vergaßen die Leute nicht so schnell. Ein guter Queen’s Counsel würde seine Verteidigung auf dem Verkäufer aufbauen. Genau wie ich. Ich nahm den Telefonhörer in die Hand.
    »Michael, sagen Sie dem Clerk, er kann gehen. Ich werde darüber nachdenken, ob ich die Berufung übernehme, und ihm das Ergebnis meiner Überlegungen bis vier Uhr nachmittags mitteilen.«
    Ich warf einen Blick auf meine Uhr. Es war Mittag. Daisy, die am Mittwoch nachmittag frei hatte, kam in die Stadt, um mit mir zu Mittag zu essen, wenn ich keinen Termin bei Gericht hatte. Ich zog meine Jacke an, sah in den Clerks’ Room und sagte Michael, ich wäre für ein paar Stunden weg.
    »Ich weiß, Sir, Mittwoch.« Er lächelte. Als Daisy das letzte Mal in den Chambers gewesen war, hatte sie einen derben Witz erzählt, über den Michael und die anderen Clerks noch Tage später gelacht hatten. »Tolle Titten und humorvoll«, hörte ich einen vor ihnen sagen.
    »Es heißt, daß diese Amerikanerinnen ziemlich geil sind.«
    »Kein Wunder, daß er so dünn ist.«
    »Jetzt reicht’s, Leute«, hatte Michael gesagt.
     
    Ich freute mich immer auf diese Mittagessen, auch wenn ich von vornherein wußte, daß wir uns streiten würden. Die Juristerei kann eine ziemlich eintönige Angelegenheit sein. Doch Daisy mit ihren vielen verschiedenen Launen verscheuchte das Gefühl des geistigen Einrostens, das mein Beruf nach einer Weile mit sich brachte.
    Ich überquerte den offenen Innenhof mit den großen Steinplatten, ging um die Temple Church herum, wo sich die letzte Ruhestätte zahlreicher Kreuzritter befand, an dem Zeitungskiosk Ecke Fleet Street vorbei und die Chancery Lane hinauf. Überall wimmelte es von Anwälten auf der Suche nach etwas zu essen, hauptsächlich von Barristers in schicken, dreiteiligen Anzügen, manche von ihnen sogar mit Robe. Die weiblichen Barristers trugen, um möglichen Vorwürfen beruflicher Koketterie zuvorzukommen, strenge Kostüme und weiße, hochgeschlossene Blusen. Ich staunte immer wieder darüber, wie auch schöne Frauen ihren Sex-Appeal ausschalten konnten, wenn sie wollten. Außerdem bewunderte ich sie, weil sie sich so wacker in einem zutiefst männlichen Beruf schlugen, in dem alles gegen sie sprach. Es wäre so leicht für sie gewesen, ihre Gegner durch Erotik zu manipulieren, aber meines Wissens widerstanden sie im allgemeinen dieser Versuchung.
    Daisy wartete bereits in unserem Lieblingsitaliener am üblichen Tisch auf mich. Sie trug ein leuchtend gelbes Seidentuch, das sie lose um den Hals geschlungen hatte. Weiche Baumwollkleider mit großem Blumenmuster gehörten zu der neoviktorianischen Phase, in der sie sich gerade befand. Sie hatte seit Wochen von diesem Kleid gesprochen und es offenbar am Vormittag erworben. Es lag eng an ihrem Körper an, und der weiße Untergrund mit den riesigen, purpurroten Rosen war anscheinend bewußt als Kontrast zu ihrem Tuch gedacht. Als sie sich herumdrehte, um mir einen Kuß zu geben, war deutlich zu sehen, daß sie keinen Büstenhalter trug.
    »Gott sei Dank bist du da – sie haben mir die Hölle heiß gemacht, weil ich den Tisch besetzt gehalten habe.«
    »Italienische Kellner machen dir die Hölle heiß? So, wie du angezogen bist, wundert’s mich, daß sie dir nicht gleich das ganze Lokal angeboten haben.«
    »Gefällt’s dir?«
    »Ja, sehr.«
    »Du meinst also nicht, daß es ein bißchen übertrieben ist?«
    »Doch, klar. Deswegen hast du’s ja angezogen und bist in ein Lokal

Weitere Kostenlose Bücher