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Eine private Affaere

Eine private Affaere

Titel: Eine private Affaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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befand sich eine engere Auffahrt zum Pfarrhaus, das direkt unter uns lag. Vom Pfarrhaus führte ein Fußweg zu einem Holzschuppen und dann weiter zu einer Tür in der Mauer. Auf der anderen Seite der Mauer erstreckte sich Ödland, das sich in der Ferne über eine Art Wattenmeer mit der Mündung der Themse verband. Ich hätte erwartet, daß »der alte Percy« einen alten Hund hatte, aber der Schäferhund, der voller Energie zusammen mit Thirst im Watt herumtollte, war fast noch ein Welpe. Er rannte vor Thirst her, raste hin und her, während Thirst näher an ihn herankam, und lief wieder davon.
    »Cranmer rennt mit Oliver spazieren«, sagte Daisy.
    »Ja«, sagte Hogg. »Die beiden scheinen prima miteinander auszukommen.«
    Der Hund ließ Thirst näher an sich herankommen. Thirst packte ihn am Schwanz und duckte sich, als er sich umdrehte, um nach ihm zu schnappen. Sie rollten zusammen über das Ödland. Thirsts Unterarm – geschützt durch einen Mantel – im Maul des Hundes. Einen Augenblick lang lag Thirst über dem sich windenden Hund. Wir hörten sein Knurren noch oben auf dem Hügel.
    »Mein Gott!« Daisy sah Hogg an.
    Voll unbändiger Energie wand sich der Hund unter Thirst heraus, verbiß sich in seinen Mantel und begann zu zerren. Thirst schloß die Hände um seinen Hals, und wieder rollten sie herum.
    »Hoffentlich bricht er Cranmer nicht das Genick«, sagte Daisy. »Hat er denn keine Angst, daß Cranmer überschnappt und ihn beißt?«
    »Ja, mein Gott, genau«, sagte ich. Daisy streckte mir die Zunge heraus.
    »Als ich das zum erstenmal gesehen habe, wollte ich Hilfe holen, aber irgendwie sind sie hinterher immer die besten Freunde. Ollie kann wirklich mit dem Tier umgehen.«
    Jetzt war Thirst wieder auf den Beinen und rannte davon. Der Hund rappelte sich hoch und raste ihm bellend hinterher. Thirst hob einen Stock vom Boden auf und warf ihn im hohen Bogen hinaus aufs Watt. Der Hund machte Anstalten, ihm hinterherzurennen, überlegte es sich aber anders und kam zu Thirst zurück, der niederkniete, um das erschöpfte Tier zu tätscheln.
    »Du bist keine Memme, Cran, was?« drang seine atemlose Stimme zu uns herauf. »Dir schieben die nichts in den Arsch, stimmt’s?«
    Der Hund bellte schwanzwedelnd.
    »Nun«, sagte Hogg, »wollen wir weitergehen?«
    Wir bewunderten die leere Kirche von innen und von außen. Hogg war stolz auf eins der Fenster, das noch aus der Zeit Heinrichs VIII. stammte, und auf den Turm aus der angelsächsischen Zeit, einer der ältesten in ganz England. Nach einer halben Stunde fielen nicht einmal mehr Daisy intelligente Fragen ein. Ihr Blick wanderte zurück auf das Ödland außerhalb der Kirchenmauern.
    »Schaut, Oliver kommt zurück.«
    Thirst trottete, den Hund an seiner Seite, zu der Tür in der Mauer.
    »Jetzt hast du wahrscheinlich Hunger, was? Willst was zu fressen, stimmt’s?« Cranmer wedelte mit dem Schwanz. »Ich wär’ auch gern ein Hund. Früher haben sie den Tieren die Eier abgeschnitten – weißt du das? Heute machen sie das mit den Männern, Crans. Sie schneiden Ihnen die Dinger mit der Metallsäge ab und stecken sie in den Fleischwolf. Und zwar ohne Betäubung, Crans. Mach ja keinen Haufen mehr vors Haus, verstanden, Crans?«
    Hogg schaute die Auffahrt hinunter, weg vom Ödland.
    »Da kommen die Merril-Prices.«
    Ein marineblauer Range Rover bog gerade in die Auffahrt; die großen Reifen knirschten auf dem Kies. Hogg sah besorgt drein.
    »Die Leute vom Amt?« fragte ich.
    »Sie ist die Leiterin der Behörde, er ist bei der Bank. Die beiden haben ziemlich viel Einfluß, auch in der Kirche. Sie sind enge Freunde des Bischofs. Echte Christen. Sie sind eigens von North London hierher gefahren, um zu sehen, wie Oliver sich macht.«
    Daisy wich meinem Blick aus.
    »Ich stelle Sie vor«, sagte Hogg ohne große Begeisterung.
    Eleanor Merril-Price stieg mit einem großen, angebissenen grünen Apfel aus dem Range Rover. Sie trug einen langen Pelzmantel, eine Hose, ein Halstuch und einen Pullover. Sie wirkte elegant, hatte ein langes Gesicht, war groß und ungefähr Mitte Vierzig. Sie beobachtete ihren Mann, der um den Wagen herumging, um etwas zu inspizieren, dann zuckte sie mit den Achseln und wandte sich uns zu.
    »Eleanor Merril-Price, James Knight. Er ist Barrister.«
    Eleanor hörte mit dem Kauen auf und warf den Apfelrest in einen Busch. »Biologisch abbaubar«, sagte sie mit einem Lächeln. Dieses Lächeln war voller Autorität und Geld. Sie wartete gerade lange genug,

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