Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine private Affaere

Eine private Affaere

Titel: Eine private Affaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
Vom Netzwerk:
klassizistischen Vorbauten standen am Ende von großen Vorgärten. Ungefähr die Hälfte davon verfiel, ein paar wenige waren saniert, die restlichen in Etagenwohnungen umgewandelt worden. Thirst brachte mich zu dem Seiteneingang eines Hauses, das erst vor kurzem strahlend weiß gestrichen worden war, das einzige Gebäude mit einem hohen Eisentor. Mir fiel ein Schild mit der Aufschrift »Vorsicht bissiger Hund« auf. Im Vorgarten standen Ringelblumen und Chrysanthemen, aus einer Garage ragte das hintere Ende eines himmelblauen Rolls Royce. Die Fenster des Hauses waren aus Spiegelglas, so daß man nicht hineinsehen konnte.
    »Sie haben wohl gedacht, wir gehen in irgend so ein Loch, stimmt’s?«
    »Ja«, antwortete ich. Ich hatte mir einen kleinen, dunklen Keller mit Resopalstühlen und billigem Whisky vorgestellt.
    Er klopfte an die Tür und wartete, bis eine circa fünfzigjährige Frau im Morgenrock mit platinblonden Haaren uns hereinließ. Sie nahm die Zigarette aus dem Mund und hustete.
    »Ach, der kleine Oliver. Mildred? Ollie ist da, mit einem Gast. Ich hab’ dich ja schon Ewigkeiten nicht mehr gesehn, Schätzchen!«
    »Hallo, Tante Maude«, sagte Thirst.
    »Siehst gut aus. Nun gib uns mal einen Kuß.«
    Er gab ihr behutsam einen Kuß auf ihre maskenähnliche Wange.
    »So, so! Er ist also schüchtern. Sie sollten mal sehen, wie er mich küßt, Mister, wenn wir allein sind. Na, wer ist denn das? Sieht aus wie ein feiner Pinkel.«
    »Das ist James Knight, ein Freund von mir.«
    »Sieht aus wie ’n Anwalt. Die Typen kenn’ ich.«
    »Stimmt, ich bin Barrister«, sagte ich.
    »Oh, là, là, was für eine Ehre. Was wollt ihr, bloß ’nen Drink?« fragte sie Thirst.
    »Yeah, wir bleiben nicht lang.«
    »Ist auch besser so. Du weißt ja, was passiert, wenn er dich hier findet. Der hat die fünf Riesen noch nicht vergessen.«
    »Ich hab’ mir gedacht, daß er mindestens bis sieben im Laden ist.«
    »Ja. Dann paß mal auf, daß du vorher wieder gehst.«
    Im Flur tauchte eine weitere Frau im Morgenrock auf, ebenfalls um die Fünfzig. Sie hatte pechschwarze Haare.
    »Hallo, Oliver.«
    »Milly.«
    Tante Maude führte uns eine mit einem dicken roten Teppich belegte Treppe mit goldfarbenem Geländer hinauf. An den Wandverkleidungen waren Spiegel angebracht. Eine kleine Theke mit rotgepolsterten Queen-Anne-Stühlen empfing uns auf der anderen Seite des oberen Flurs. Maude drückte ihre Zigarette aus und trat hinter die Bar.
    »Was darf’s denn sein? Ihr müßt’s nur sagen.«
    Die Bar war mit den besten Whisky-, Brandy-, Gin- und Wodkasorten sowie mit allen erdenklichen Arten von Likör ausgestattet. Ich entdeckte ein ganzes Fach mit Single Malts und einen Jahrgangs-Napoleon.
    »Für mich bloß ein kaltes Bier«, sagte ich.
    »Ich nehme einen Glenfiddich«, sagte Thirst.
    Maude brachte uns die Drinks. »Nehmt euch selber noch was, wenn ihr wollt. Ich mach’ unten mit der Hausarbeit weiter.«
    Wir nippten an unseren Drinks.
    »Waren Sie schon mal im Puff?«
    »Nein, noch nie«, sagte ich.
    »Ich bin in einem aufgewachsen. Natürlich sehen die nicht alle so aus. Maude hat Glück gehabt, als sie sich aufs Altenteil zurückgezogen hat. So ’n kenianischer Asiate hat ’ne erfahrene Mamasan gebraucht, die ihm die Bude schmeißt. Im Moment ist er nicht besonders gut auf mich zu sprechen. Es geht um die Kleinigkeit von ein paar tausend Pfund.«
    »Maude hat Sie aufgezogen?«
    »Wenn Sie grade das Geld und die Zeit dazu hatte, ja. Sie ist nicht meine Tante, das ist ’n Scherz. Ich hab’ bloß vor den Freiern immer Tante zu ihr gesagt. Sie wissen ja, wie die Huren sind, die bekommen feuchte Augen bei kleinen Kindern. Bei Maude und mir war das auch so. Schuldreflex würden die Fachleute wohl dazu sagen. War die beste Freundin meiner Mutter, bevor die abgehauen ist.«
    »Und Sie wissen nicht, wo Ihre Mutter ist?«
    »Ich hab’ Sie das letzte Mal gesehen, da war ich vier, James. Einer von ihren Freiern hat gesagt, er heiratet sie, wenn sie ihren Balg nicht mitnimmt. Angeblich sind sie nach Südafrika, aber sie können auch woanders sein. Ich mach’ ihr keine Vorwürfe, ich hätt’s auch so gemacht. Sie hat mir im ersten Jahr sogar noch Geld geschickt.«
    Wie war seine Mutter gewesen? Eine harte Frau, eine spröde Schönheit? Und sein Vater konnte eine Prostituierte überhaupt eine Ahnung haben, wer der Vater war? Machte er sich etwas aus ihm?
    »Wo sind die Mädels?« fragte ich.
    »Ist noch zu früh. Die Nutten kommen nicht

Weitere Kostenlose Bücher