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Eine private Affaere

Eine private Affaere

Titel: Eine private Affaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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Mädchen. Der Freier kann sich die Farbe aussuchen: schwarz, gelb, rot, weiß – und die dazu passenden Räume. Thirst hat mich in drei mitgenommen. In einem lag ein nacktes Mädchen mit gespreizten Armen und Beinen auf dem Bett, mit Seidenstricken angebunden. Man darf sie auspeitschen, wenn man extra dafür zahlt, aber nicht so, daß Blut kommt. Wenn du dich nicht dran hältst, mußt du tausend Pfund Strafe zahlen und wirst rausgeschmissen.«
    »Kann man sich auch die Erfüllung von Phantasien wünschen?«
    »Aber natürlich. Die meisten kennen sie sowieso schon – deine Phantasien haben sie alle im Repertoire. Wenn du besser bekannt bist, brauchst du nur noch anzurufen und sagen ›Phantasie zwölf, bitte‹, dann ist das Mädchen schon fertig, wenn du kommst. Sie hat alles an, was zu deiner Phantasie gehört.«
    »Waren auch Freier da?«
    »Dutzende, auch ziemlich berühmte Leute. Ich hab’ drei Richter vom High Court dort gesehen.«
    »Hey! Wirklich? Und was wollten die?«
    »Der eine hatte ’ne Windel an, ein anderer hat sich auspeitschen lassen. Beim Dritten weiß ich’s nicht mehr.«
    »Und das hast du alles gesehen?«
    »Die haben kleine Gucklöcher in allen Zimmern. Die hat mir Thirst gezeigt.«
    »Wow! Ein Richter vom High Court mit ’ner Windel. Welcher war’s?«
    »Hm … Lord Justice Tomlin.«
    »Tomlin? Ist das der, den du nicht leiden kannst?«
    »Ja, der.«
    »Was für ein Zufall.«
    »Ja, ein toller Zufall.«
    »Und die anderen zwei waren nicht zufällig Peabody und Crawthorne?«
    »Doch, genau die.«
    Sie schlug mir die Faust auf die Brust. »Du Aas! Und jetzt erzähl mir, wie’s wirklich war.«
    Als ich den Mund aufmachte, schlug sie wieder zu.
    »Und diesmal keinen Scheiß.«
    »Ach, das ist bloß ein großes, viktorianisches Haus in South London mit geschmacklosen neuen Möbeln und überall Spiegeln. Dann waren da noch zwei alte Nutten, die saubergemacht und alles für den Abend vorbereitet haben.«
    »Und es waren nirgends Mädchen oder Freier?«
    »Natürlich nicht, es war ja erst halb sechs.«
    »Und Oliver?«
    »Das übliche. Zwischendurch ganz charmant, aber schrecklich launisch. Er war furchtbar beleidigt, weil ich dir gesagt habe, daß wir in einem Bordell sind.«
    »Wahrscheinlich lag es daran, wie du’s gesagt hast. Vielleicht hat er den Eindruck gehabt, du schaust dir so was nur zum Spaß an.«
    »Genau das hat er auch gesagt.«
    »Irgendwie faszinierend, seine Sensibilität, so, wie du sie beschreibst. Im einen Moment noch Macho-Mann, im nächsten schon verletzlich und emotional. Sehr menschlich.«
    »Und völlig zügellos. Er ist wie ein Pferd ohne Reiter.«
    »Das ist das gleiche.«
    »Zwei Nonnen im Dschungel, und eine bumst einen Gorilla …«, fing ich an.

[22]
    In dem Traum, den ich ungefähr seit dieser Zeit immer wieder hatte, stecken Daisy, Thirst und ich bis zu den Knöcheln in Zement und haben Mühe, das Gleichgewicht zu halten. Der Gedanke, daß unsere Knöchel brechen und wir uns vor Schmerz auf dem Zement krümmen könnten (die Knochensplitter würden dabei durch das Fleisch ragen), treibt mich zur Verzweiflung. Ich sehe, daß die anderen beiden ebenfalls verzweifelt sind.
    Über unseren Köpfen erhebt sich eine Stadt, wie sie es hier auf Erden nicht gibt, unter einem grellen Himmel zu tausend Stockwerken Höhe. Wir scheinen uns in einer Betonwüste im Zentrum der Stadt zu befinden, in der überall Schrottautos, ineinander verschlungene Metallstücke, Reifen und halbfertige, armierte Betonblöcke herumliegen, aus denen die Stahlverstärkungen herausragen wie Skeletteile. Widerwillig beginne ich, mich zu Daisy hinüberzubeugen; sie ist nicht weit von mir weg. Wenn der Zement nicht da wäre, wäre ich mit einem Schritt bei ihr und könnte sie berühren.
    Sofort beginnt sie, sich Thirst zuzuneigen, der sich wiederum zu mir herüberbeugt. Noch ein paar Sekunden, dann fallen wir alle drei um. Gerade, als es soweit ist, fängt die Stadt an, sich zu drehen. Es sieht aus, als betrachteten wir das alles durch ein rotierendes Fischauge.
    Dann verändert sich der Schauplatz, wir befinden uns in einem schmuddeligen Zimmer. Daisy hat das zynische Gesicht einer Nutte, schwarze Zähne, und liegt halbnackt da; Thirsts Unterarme sind amputiert. Mit einem Stumpen deutet er auf mich und lacht. »Schau dich an.«
    Ich wache schreiend auf.
    »Was ist denn los?« fragt Daisy.
    »Wie peinlich«, sagte ich, als es das erste Mal passierte. »Ich hab’ grad’ einen klassisch

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