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Eine private Affaere

Eine private Affaere

Titel: Eine private Affaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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vor der Dunkelheit raus, es sei denn der Freier verlangt das ausdrücklich.« Er kicherte. »Deswegen sind Maude und Mildred auch immer noch im Morgenrock. Gewohnheit. Wahrscheinlich sind sie erst vor ’ner Stunde aufgestanden.«
    Plötzlich ging uns der Gesprächsstoff aus.
    »Wenn’s Ihnen nichts ausmacht, rufe ich Daisy an. Sie wartet auf mich.«
    »Unter der Theke.«
    Ich ging hinter die Theke. Das Telefon befand sich neben einem Polizeiknüppel in einer Ecke.
    »Daisy, ich bin noch mit Oliver unterwegs … Ja, mit ihm … Wir sind in einem Bordell in South London … Natürlich nicht … Ja, genau, in einem Puff … Wir haben uns nur noch einen Drink genehmigt … Eleanor hat ihm gesagt, daß wir ihm helfen würden … Ich mach’s.«
    Ich ging zum Tisch zurück, setzte mich und trank mein Bier aus. Thirsts Miene hatte sich verdüstert.
    »Ich soll Ihnen einen schönen Gruß von Daisy ausrichten«, sagte ich.
    »Sie hätten ihr nicht sagen brauchen, daß das hier ein Bordell ist«, sagte er mit belegter Stimme.
    »Tut mir leid, ich hab’ nicht gewußt …«
    »Nein, natürlich nicht. Für Sie ist das wahrscheinlich bloß was zum Lachen.«
    Ich zuckte mit den Achseln. » Sie haben mich hergebracht.«
    »Weil das hier alles ist, was ich habe.«
    Ich sah mich noch einmal in dem Raum um. Eine zweite, vertäfelte Tür führte zu einem anderen Teil des oberen Stockwerks.
    »Sie hätten mir sagen müssen, daß das hier geheime Verschlußsache ist.«
    »Das ist nicht geheim. Sie hätten’s bloß nicht gleich ausposaunen brauchen, das ist alles.«
    Ich stellte das leere Bierglas auf den Stoffuntersetzer auf dem kleinen, polierten Eichentisch. Auch die Theke und die Verzierungen waren aus polierter Eiche. Dezenter Reichtum im Neonlicht. Der Teppich war rot wie so vieles andere hier.
    »Ich glaube, ich gehe jetzt«, sagte ich. Er blieb mit ausgestreckten Beinen und gesenktem Blick sitzen.
    »Das ist genau das Problem, stimmt’s? Ich kann das nicht – ich rede von der gesellschaftlichen Seite. Wenn’s um einen Streit geht, bin ich gut. Wenn die Punks im Bus Sie angemacht hätten, hätte ich die alle flachgelegt; Sie hätten keinen Finger rühren müssen. Aber das hier kann ich nicht.«
    »Da bin ich selber auch nicht so gut.«
    »Erzählen Sie doch keinen Scheiß. Sie sind ein feiner Pinkel, genau, wie’s Maude gesagt hat. Und Ihnen macht es Spaß, wenn Sie sich so was hier mal anschauen können.«
    »Ich hab’ tatsächlich Spaß dran gehabt. Erzählen Sie mir noch einen Witz, bevor ich gehe.«
    Er schwieg einen Augenblick, dann seufzte er. »Bin nicht in der Stimmung. Mein Gott, warum muß das immer so schwer sein? Kein Wunder, daß manche wieder zurück in den Knast gehen.«
    Ich bewegte die Beine, strich mir mit der Hand durch die Haare. »Also gut: Erzählen Sie mir von Maude.«
    »Da gibt’s nichts zu erzählen. Sehen Sie sie an. Das ist es ja mit dem Pöbel – wir sind leicht zu durchschauen.«
    Ich stand auf und ging zu einem hohen, eleganten Fenster hinüber. Ich schaute hinaus auf den hinteren Garten, in dem sich drei kleine Hütten, ein hübscher Teich und eine Hängematte befanden. Ich machte mir Gedanken über die Hütten. Leder? Gummi? Ketten? Wo waren die Grenzen? Wieviel Dekadenz konnte man sich mit Geld erkaufen? Ich hatte von einem Syndikat gehört, das seinen Schickeria-Kunden die Möglichkeit garantierte, auf einer Tour einen südamerikanischen Indianer umzubringen. Und natürlich von Snuff-Movies. Das hier war im Vergleich dazu englisch-beschaulich, fast schon respektabel. In Frankreich wäre es Teil des Establishments gewesen. Zielgruppe waren die weißen Männer der Mittelschicht – meist über Fünfzig, Ärzte, Politiker, angesehene Geschäftsleute, Anwälte, alle wohlhabend und ein bißchen verklemmt. Erpressung?
    »Ich kann Ihnen eins sagen – Selbstmitleid hilft nicht«, sagte ich, ohne eigentlich an ihn zu denken.
    »Das haben Sie mir schon mal gesagt. Aber damit kann man sich die Zeit im Knast vertreiben. Wird sozusagen zu ’ner Lebensart, dieses Selbstmitleid.«
    Mein Blick fiel auf einen hohen Zaun mit Videokameras an der Garagenwand, die auf den Garten gerichtet waren. Ganz so diskret war das Haus also doch nicht. Jeder Polizist der Gegend mußte wissen, was hier lief. Da zahlte jemand Schutzgelder.
    »Ist wahrscheinlich ziemlich langweilig im Knast. Was macht man da den ganzen Tag?«
    »Die Wand anstarren, fernsehen. Manchmal fängt man einen Streit an. Hin und wieder schlägt

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