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Eine private Affaere

Eine private Affaere

Titel: Eine private Affaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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des öfteren auf die Fahrbahn, um Fußgänger zu überholen, dann die Carpenter Street hinunter zum Embankment. Aber es gelang mir nicht, ihn abzuschütteln. Er hielt mühelos mit mir Schritt und schien unseren kleinen Wettlauf zu genießen. Immer wenn ich jemandem auswich, war er gleich danach wieder an meiner Seite, wie durch einen unsichtbaren Strahl mit mir verbunden.
    »Wo gehen wir hin?« fragte er.
    »Wir? Ich gehe heim! Was zum Teufel wollen Sie, Oliver?« Ich ging um einen Zeitungsverkäufer herum und sah voller Genugtuung, daß mein Verfahren wieder in den Schlagzeilen war: K OPF DER B ANDE IMMER NOCH AUF FREIEM F USS . Die Zeitung würde ich später kaufen. Mein Name war an zwei aufeinanderfolgenden Tagen in der Zeitung gewesen. Der Defense Counsel war ganz allgemein als »vielversprechendes juristisches Talent« bezeichnet worden.
    Er wich einem Paar aus, das stehen geblieben war, um sich zu streiten.
    »Jemanden, mit dem ich reden kann«, sagte er. »Wie lange ist das jetzt schon her? Zwei Wochen. Seit zwei Wochen hab’ ich mit niemandem mehr geredet.«
    »Sie müssen mit Eleanor geredet haben, sonst wären Sie nicht hier.« Ich war ein bißchen außer Atem, doch ihm war die Anstrengung überhaupt nicht anzumerken. Ich hängte die Tasche über die andere Schulter.
    Er rümpfte die Nase. »Sie hat gesagt, es ist in Ordnung, wenn ich mich mit Ihnen in Verbindung setze.«
    »Ich vermute, sie hat lediglich gesagt, Daisy würde Ihnen beim Lernen helfen.« Hatte sie wirklich nur das gesagt? Oder hatte sie auch Daisys Angebot unser beider Freundschaft wiederholt? Eleanor konnte durchaus indiskret sein, das hatte sie mir an jenem Abend im Pfarrhais bewiesen.
    »Daisy.« Er sprach den Namen aus, als habe er keinerlei Bedeutung.
    Als wir am Fluß angelangt waren, fühlte ich mich sicherer. Um fünf Uhr nachmittags wimmelte es in der Stadt nur so von Menschen; man bewegte sich in einem Meer der Anonymität. Trotzdem beugte ich mich nach vorn, so daß mein Bauch die Begrenzungsmauer des Embankment berührte und ich auf den Fluß schaute. Thirst mußte der Hals recken, um mir ins Gesicht sehen zu können. Ich stellte die Tasche auf der Mauer vor mir ab. Es war ein wunderbarer Nachmittag; jede Einzelheit des gegenüberliegenden Ufers war zu erkennen. Ich war immer noch aufgeregt wegen des Verfahrens und hatte eigentlich nichts gegen Gesellschaft, nicht einmal gegen die von Thirst, obwohl ich mich verpflichtet fühlte, das Gespräch mit ihm möglichst kurz zu halten.
    »Ich gehe wieder, wenn Sie wollen«, sagte er.
    »Sie haben mir nachspioniert, stimmt’s?« Ich schaute immer noch auf den Fluß. »Sie laben rausgefunden, daß ich heute im Bailey bin.«
    »Sie sind in letzter Zeit immer im Bailey. Sie kommen ganz groß raus, James. Ich hab gehört, Sie machen das Crook-Street-Verfahren.«
    »Na und?«
    »Wollen Sie wissen, wer’s war?«
    »Natürlich nicht, ist mir doch egal. Schließlich bin ich nicht bei der Kriminalpolizei, ich vertrete den Angeklagten.«
    »Sind Sie nicht mal neugierig? Barristers sind doch die größten Tratschweiber der Welt. Ihr Mandant ist Paddy Burke, stimmt’s? Ein blutiger Anfänger, der könnte nicht mal einen Bonbonladen in Penzance ausrauben. Haben Sie gewußt, daß ich mal zusammen mit Paddy im Knast gewesen bin? Er saß zwei Zellen weiter und hat da Koks verschoben. Die Wärter hat er bestochen. Schätze, so ist er in diese Sache reingeraten. Es heißt, die haben das Geld für eine Lieferung gebraucht, wenn sie nicht die Amsterdamer Triaden auf dem Hals haben wollten. Die machen hauptsächlich in Heroin und Koks, wissen Sie, das sind keine Bankräuber, und das Heroin ist über die Amsterdamer Route aus Thailand gekommen …«
    »Ich will das alles nicht wissen. Außerdem: Ich hab’ gedacht, Sie machen keine krummen Sachen mehr?«
    »Stimmt auch. Ich bin bloß neulich abend mal im Pub gewesen, hab’ mal wieder mit jemandem reden müssen. Und da waren ein paar Typen, die sich drüber unterhalten haben.«
    »Aber sicher nicht in Camden Town. Da müssen Sie schon bis nach Camberwell gegangen sein.«
    Er grinste. »Ich hab’ bloß ein paar Nachforschungen für mein Thesenpapier in Sozialkunde angestellt.«
    Ein Bus fuhr an uns vorbei in Richtung Greenwich. Die Möglichkeit, daß er sich Informationen über den Banküberfall beschafft hatte, um mich zu beeindrucken, verursachte mir leichte Übelkeit.
    »Haben Sie eigentlich eine Ahnung, wie gefährlich das für mich ist?«
    »Regen Sie

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