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Eine private Affaere

Eine private Affaere

Titel: Eine private Affaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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was die Muskeln unter seinen Tätowierungen zur Geltung bringen konnte.
    Sein Kumpel Chaz, ein hagerer, fast röhrenförmiger Mensch, ebenfalls mit Blue Jeans und abgeschnittenem T-Shirt, aber ohne Tätowierungen und fast ohne Bizeps, lauerte immer und überall auf Rockmusik.
    Er redete kein Wort mit Daisy oder mir, sondern fragte Oliver in einem Cockney-Dialekt, den Daisy überhaupt nicht verstand, wenn er nicht wußte, was als nächstes zu tun war.
    Wir waren ungefähr zehnmal in der neuen Wohnung gewesen, um uns über Farben und Raumaufteilung zu einigen. Das vierstöckige Haus war alt, aber die Umwandlung in einzelne Wohnungen hatte erst vor kurzem stattgefunden. Die Vermieterin, der der Gedanke, einen Anwalt als Mieter zu haben, gefiel, hatte uns den gesamten zweiten Stock überlassen.
    »Unsere erste unmöblierte Wohnung.«
    »Die ganze Wohnung wird Ausdruck unserer Persönlichkeit sein«, sagte Daisy. »Und unserer Beziehung.«
    »Oder unseres Bankkontos. Wir müssen eine ganze Menge kaufen – eigentlich alles. Teppiche, einen Gasofen, ein Telefon, ein paar Polstermöbel.«
    »Können wir uns ein Sofa leisten? Ich liebe Sofas.«
    »Wer kriegt den Einbauschrank?«
    »Den kannst du haben.«
    »Nein, du.«
    Als wir an jenem Tag dort ankamen, war bereits eine Rolle strapazierfähiger Teppichboden geliefert worden. Wir hatten zehn Prozent gespart, weil wir ihn selbst verlegen wollten. Thirst dirigierte Chaz mit seinem Kassettenrecorder sowie einem Messer mit verstellbarer Klinge die Treppe hinauf.
    Chaz stellte den Recorder auf das ihm am nächsten gelegene Fensterbrett und rollte den Teppich auf dem Boden aus.
    »Wie rum?« fragte er.
    »In welche Richtung wollt ihr ihn haben?« sagte Thirst.
    »Was meinst du?«
    Thirst zuckte mit den Achseln. »Was meinst du, Chaz?«
    Chaz runzelte die Stirn, als beschäftige er sich mit einem schwierigen Problem.
    »Sorrumoso?« fragte er schließlich und machte ein paar Handbewegungen, die so schnell waren, daß wir nicht folgen konnten, bevor er sich wieder zum Fensterbrett und seinem Kassettenrecorder zurückzog.
    »Die Nahtstelle«, sagte Thirst. »Längs oder quer?«
    »Längs«, sagte ich.
    »Quer«, sagte Daisy.
    Thirst begann hin und her zu laufen.
    »Quer«, sagte ich.
    »Längs«, sagte Daisy.
    »Überlassen wir’s Chaz …«
    Chaz grunzte etwas, kehrte in die Mitte des Raumes zurück und stellte sich auf den Teppichboden. Dann zog er ihn herum, bis er in den Ecken des Zimmers aufstand, holte sein Messer heraus und fing, ohne irgend etwas abzumessen, an, den Teppichboden zuzuschneiden, der einen ziemlich großen Teil meines Geldes verschlungen hatte. Daisy und ich sahen einander an, doch schon nach wenigen Minuten war Chaz in einer anderen Ecke beschäftigt. Der Teil, den er bereits bearbeitet hatte, paßte genau. Zwei Heizungsrohre und ein paar Stromkabel hatte er perfekt integriert.
    »Er ist sehr geschickt«, sagte Thirst. »Am besten, wir überlassen das ihm. Wie lang wird’s dauern, Chaz?«
    »Stunde.«
    Wir verließen das Haus und mit ihm Chaz und die Klänge der elektronischen Gitarre von Jimmy Hendrix und traten hinaus in den Morgen.
    »Chaz ist ja ein richtiger Profi«, sagte Daisy.
    »Das hat er in Wormwood Scrubs gelernt«, sagte Thirst. »Er hat ’ne Lehre gemacht und ich die mittlere Reife.«
    »Wie geht’s mit dem Lernen?« fragte ich.
    »Oliver interessiert sich sehr für Shakespeare«, sagte Daisy.
    »Tatsächlich?« fragte ich überrascht.
    » Macbeff ist okay, aber die Sonette sind echt Gesülze. War Shakespeare vielleicht ’n Schwanzlutscher?«
    »Du meinst, ob er schwul war? Wahrscheinlich«, antwortete Daisy.
    Eine Frage, die ich ihm schon die ganze Zeit hatte stellen wollen, fiel mir ein. »Warum machst du Englisch?«
    »Weil du mir gesagt hast, daß ich nicht reden kann«, antwortete er.
    Ich kratzte mich am Kopf. »Da hab’ ich mich wohl getäuscht.«
    Er sah mich an. Ich sah Daisy an. Sie sah ihn an. Ein grausames Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus, und er schlug sich auf den Oberschenkel.
    »Und Chaz? Apropos ›nicht reden können‹! Drinnen haben sie gesagt, der ist bloß im Knast gewesen, weil er nicht gewußt hat, wie man ›nicht schuldig‹ sagt.«
    »Genau«, sagte Daisy. Sie hätte Lust gehabt, weiter über Literatur zu reden, aber Thirst wandte sich einem anderen Thema zu.
    »Schaut euch das hier an«, sagte er und breitete die Hände über die sonnenhelle Straße aus. »Das war alles mal unter Eis.«
    »Als du ein

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