Eine riskante Affäre (German Edition)
Pfeifen Sie ihn zurück!«
Sie musterte ihn, dann murmelte sie Pitney etwas zu.
»Ich bin draußen.« Der alte Mann ging steifbeinig an ihm vorbei und warf sich im Angestelltenbüro auf einen Schreibtisch, von dem er Jess durch die Scheibe beobachtete. Bereit, jederzeit hereinzustürmen.
Es gab keinen Grund, so nachlässig wie Jess zu sein. Also zog Sebastian die Tür zu. Keine Möglichkeit für Jess’ Bulldogge mitzuhören.
Sie war äußerst misstrauisch und wütend. Ihr gefiel nicht, dass sie nun keinen Bewacher mehr hatte. Er stiefelte einfach so in ihr Territorium, und das ärgerte sie. Sie wusste, dass er ihre Papiere durchstöbert hatte. Sie waren beide aufgebracht, und gleich würde er ihr auch noch etwas befehlen, wovon sie nichts hören wollte.
Er näherte sich ihr langsam und auf indirektem Wege, indem er ihr Büro umrundete. Sie brauchten beide eine Minute, um sich zu beruhigen.
Die Gerüchte früherer Frachtsendungen hingen in der Luft. Rohwolle, russischer Tee und Gewürze. Darunter mischte sich ein strenger, moschusartiger Geruch, vermutlich der des Frettchens, auf das sie gestoßen waren. Auf dem Regal lag Paketschnur, in dessen Mitte immer noch eine Schere steckte. Rote Ledersessel waren an den langen Arbeitstisch gezogen, der mit Akten und Dokumenten übersät war.
Letzte Nacht hatte er hier fünf Stunden damit verbracht, an ihrem Schreibtisch zu sitzen oder über diesem Tisch zu stehen und ihre Papiere zu durchforsten. Adrian hatte recht – es war Jess, die das Unternehmen leitete. Ihr Buchführungssystem war eine erstaunliche Maschinerie aus Zahlen, wo ein Rädchen ins nächste griff, so kompliziert verzahnt wie eine Schneeflocke. Sie erteilte Leuten wie diesem Pitney Befehle, die befolgt wurden. Dieses große, zentral liegende Büro gehörte ihr, auch wenn die Whitbys vielleicht nur einen Monat im ganzen Jahr in England waren. Das hier war nicht das Puppenhaus einer Lieblingstochter. Hier arbeiteten Kaufleute. An diesem langen Tisch öffneten sie Stoffballen und nahmen von Hand Proben losen Tees. In diesem Raum krempelten Männer die Ärmel hoch und betrieben eine Handelsgesellschaft. Ein Dutzend Männer und eine Frau.
»Er würde Ihnen gern eine verpassen.« Jess wirkte verloren hinter dem großen Schreibtisch. Weder von ihrem glänzenden Verstand noch von ihrem Mut war plötzlich etwas zu sehen. »Pitney, der Beschützer. Ich wünschte, er würde das lassen. Eigentlich sollte er in seinem Alter schlauer sein. Sie würden ihn in Stücke reißen.«
»Ich kämpfe nicht gegen alte Männer.«
»Also ziehen Sie die Herausforderung vor. Dann können Sie ja mit mir streiten.« Mit finsterer Miene schob sie Papiere zusammen. Sie kochte vor Wut. Was sie so verflucht bezaubernd aussehen ließ. Bestimmt erwischt ihr Verhalten jeden Kaufmann, der hier hereinkommt, eiskalt. Die haben keine Ahnung, wie man mit ihr umgeht.
Aber ich. Von den letzten Schritten, die er zu ihr ging, war kein Geräusch zu hören. Der Isfahan-Teppich war weich wie Waldmoos. »Eigentlich wollte ich Ihnen heute Morgen erzählen, was wir hier getrieben haben, doch Sie waren schon in aller Herrgottsfrühe weg. Ich wollte nicht, dass Sie dies ohne Vorwarnung sehen.«
»Vorwarnung? Na, dann wäre ja alles in Ordnung gewesen. Vorwarnung. Gestern Abend im Garten, als wir uns unterhalten haben, waren Sie schon dabei, Ihre Einbruchspläne zu schmieden.« Ein kurzer Blick nach oben genügte, um die Antwort von seinem Gesicht ablesen zu können. »Muss unglaublich amüsant gewesen sein, dazusitzen und mich zum Narren zu halten.«
»Es war nicht so … «
Sie knallte die Schublade zu. »Es war genau so. Ich verstehe, warum Sie so ein gerissener Händler sind. Ohne auch nur ein Wort zu sagen, das nicht der Wahrheit entsprach, haben Sie die ganze Zeit das Blaue vom Himmel gelogen. Sie haben mich dazu gebracht, Sie zu mögen. Ganz schön clever.«
Er hatte mehr erreicht, als dass sie ihn nur mochte, und das wussten sie beide. Er hatte es geschafft, dass sie ihn begehrte. Was auch so bleiben sollte. Es gab nicht viel, was er nicht tun würde, um diese Frau an sich zu binden.
Weitere Verbrechen wollten gebeichtet werden. Er würde sie alle gestehen, eins nach dem anderen. »Ich war gestern in Ihrem Hotel in Bloomsbury.«
Sie begriff nicht sofort. Die langen, geraden Brauen zogen sich zusammen.
»Wir sind jede Schublade, jedes Buch, alle Papiere, jeden Kasten durchgegangen. Alles, was Ihnen gehört.« Wie sollte sich ein Mann für
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