Eine Rose fuer Captain Sparhawk
und betrachtete die pastellfarbenen Häuser, die die Straße säumten. Sie trug wieder den Hut mit der geschwungenen Feder und hielt noch einen Schirm über ihren Kopf als besonderen Schutz vor der Sonne. Ihr verwundeter Arm war noch bandagiert und ruhte in einer Schlinge, die aus einem Batistfichu gemacht und ebenso elegant wie praktisch war. Vielleicht lag es an der Wunde, dass sie so unleidlich war.
Nick wusste es besser. Sie verhielt sich so, seit er ihr am vergangenen Abend gesagt hatte, dass er sie hierher bringen würde. Er konnte ihr deswegen keinen Vorwurf machen, er empfand dasselbe. Aber weil sie vielleicht nie wieder miteinander allein sein würden, war er bereit, noch einen Versuch zu unternehmen, ihr das alles zu erklären.
Behutsam streckte er den Arm aus und nahm ihre Hand. „Verzeih mir, Liebste“, begann er leise. Er sprach gedämpft, damit der Kutscher ihn nicht hören konnte, dabei würde er ihn vermutlich ohnehin nicht verstehen. „Verzeih mir alles.“
Sie drehte sich um und sah ihn traurig an. „Aber Nick, es gibt nichts …“
„Sei still, Rose, und hör mich an. Ich weiß, dass du mit dem Ganzen hier nicht einverstanden bist. Zum Teufel, auch ich wollte nicht, dass es so endet. Aber es gibt keine andere Möglichkeit, nicht für uns, nicht jetzt.“
„In Charles Town und danach glaubte ich, es gäbe eine Möglichkeit“, entgegnete sie sehnsüchtig. „Was du für mich getan hast, welche Gefühle du in mir geweckt hast – niemand hat das bisher für mich getan, und niemand wird es tun. Ich hätte alles gegeben, um bei dir zu bleiben, Nick, alles.“
„Nein, Rose, sag das nicht.“ Er betrachtete ihre Hand und suchte verzweifelt nach den richtigen Worten, damit sie verstand, warum es so sein musste. Er würde niemals vergessen, wie er ihren zarten, verletzten Körper unter den Trümmern des Mastes gefunden hatte, und er würde sich niemals verzeihen, dass er es so weit hatte kommen lassen. „Das kann nicht dein Ernst sein.“
„Aber es ist so“, erwiderte sie traurig. „Es mag dumm von mir sein, aber es ist so, und daran wird sich nichts ändern.“
„Nous sommes arrivés, m’sieur“, sagte der Kutscher mit seinem schweren Patoisakzent. Er grinste, als er vom Kutschbock sprang und die Maultiere an einem Pfosten vor dem Haus festband.
„Ici la résidence de Monsieur et Madame Géricault. Très belle, très grande, non?“
„Sehr groß, in der Tat“, murmelte Rose. Zu ihrem Missfallen war auch Nick schon ausgestiegen. Offensichtlich war er erleichtert, sie los zu sein. Sie drehte ihren Sonnenschirm und bemühte sich, die Tränen der Enttäuschung zurückzuhalten. Es hatte so lange gedauert, bis sie den Mut gefunden hatte, ihm zu sagen, was sie empfand. Und er hatte es nicht einmal hören wollen. Das hätte er ihr kaum deutlicher zeigen können.
Sie blickte zu dem Haus hinauf, das sich vor ihr erhob, und versuchte, sich abzulenken. Es war, wie der Kutscher bereits gesagt hatte, ein großes Haus, eines der größten, das sie jemals gesehen hatte, drei Stockwerke hoch und so breit, dass es quadratisch wirkte. Die dicken Steinmauern waren in heiterem Gelb gestrichen, die Fensterläden von demselben leuchtenden Blau wie das Wasser in der Bucht, und das schräge Dach war von orangefarbenen Ziegeln bedeckt.
Blühender Wein rankte sich an der Vorderfront hinauf, und hinter dem Haus ragten die gleichen Palmen empor, die Rose zum ersten Mal in Charles Town gesehen hatte. Die Fenster in den oberen Stockwerken schienen überhaupt nicht verglast zu sein, sie hatten nur feine Eisenstäbe, damit die frischen Brisen, die von der Bucht den Hügel heraufwehten, hineinkonnten, und weiße Batistvorhänge, die sich im Sommerwind bewegten.
Vogelgezwitscher und Kinderlachen hinter der Gartenmauer drang zu ihnen, und irgendwo im Haus sang eine Frau in dem melodischen Französisch der Inseln vor sich hin.
Das Gebäude wirkte bezaubernd hell und heiter und so ganz anders als die dunklen, feuchten Ziegelbauten im nebligen Portsmouth. Man musste wohl glücklich sein in so einem Haus. Zwar war Martinique eine französische Insel, während St. Pierre zu England gehörte, doch es lagen nur fünfzig Meilen dazwischen, vielleicht also würde Lord Eliots Haus so ähnlich sein. Rose hoffte es, denn dann würde auch sie vielleicht wieder lernen, glücklich zu sein.
Auf einmal wurde die blaue Tür aufgerissen, und eine hochgewachsene, schwarzhaarige Frau eilte die Stufen hinunter und warf sich Nick
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