Eine Rose im Winter
brauchte man sich seinetwegen bestimmt keine Sorgen zu machen. Lord Saxton wußte ganz sicher von diesem Ort, und sie mußte darauf vertrauen, daß alles, was er und Christopher Seton taten, nicht gegen das Gesetz verstieß.
Sie mußte eine Weile suchen, ehe sie die Öffnung zu dem Geheimgang fand; zweimal lief sie auf ihren Spuren ein Stück zurück, dann stand sie vor den Sträuchern, die den Eingang verbargen. Kurze Zeit später war sie wieder in ihrem Schlafzimmer und legte das schmutzige Kleid ab. Dann machte sie sich wieder schön, und als man ihr einige Stunden später sagte, daß sich der Landauer ihres Mannes dem Haus näherte, ging sie zum Tor, um ihn zu begrüßen. Sie stand vor dem Turm und beobachtete, wie das Vierergespann herankam. Je näher sie rückten, um so größer wurde ihre Überraschung: Die vier vor dem Wagen tänzelnden Pferde hatten große Ähnlichkeit mit denen, die sie bei dem Haus gesehen hatte. Obwohl sie sich den Wagen nicht genau angesehen hatte, schien er dem Landauer ihres Mannes sehr zu ähneln.
Eriennes Blicke hoben sich zu dem Kutscher, und es lief ihr plötzlich kalt den Rücken herunter, denn Bundy saß auf dem Kutschbock. Die Gedanken in ihrem Kopf gingen wild durcheinander. Sie suchte nach einer logischen Erklärung, die sie nicht finden konnte. Lord Saxton war den ganzen Nachmittag fort gewesen. Wie war es dann möglich, daß Bundy plötzlich bei ihm war?
Das Lächeln, das sie für ihren Mann bereithielt, verflog, und sie war bestürzt, so daß der Glanz aus ihren Augen verschwand. Da sie wußte, daß sie dem Blick aus den Augenschlitzen nur schwerlich würde standhalten können, wandte sie sich ab, als er näher kam. Sie ließ ihn seinen Arm um ihre Taille legen. Sie konnte kaum annehmen, daß er eine geheimnisvolle Liebesgeschichte hatte, und doch stimmte irgend etwas nicht. Die einzelnen Stücke passten nicht richtig zusammen, und sie konnte sich nur über die geheimnisvolle Geschichte wundern, in die sie verwickelt waren, er, Bundy und Christopher Seton.
Achtzehntes Kapitel
Ein Fest wurde auf Saxton Hall gefeiert, um die linden Lüfte des Frühlings herbeizulocken. Ein Fest der Freude, des Schmausens, des Tanzes. Ganz gleich ob Herr oder Herrin, Dienstboten oder Bauern, alle fanden sich in fröhlicher Ausgelassenheit. Gleichzeitig wurde eine Art Jahrmarkt abgehalten, auf dem die Bauern ihre Arbeiten, die sie während der Wintermonate gefertigt hatten, den vielen Besuchern, die man erwartete, zum Kauf oder Tausch anbieten konnten. Einfache Stände und Buden standen neben fein ausgestatteten Pavillons und Zelten, wo die Waren ausgestellt wurden. Wollsachen, Spitzen und viele verschiedene Dinge waren für wenig Geld zu haben.
Alle hatten schönes Wetter bestellt, denn keine Wolke sollte wagen, ihren Schatten auf ein solches Fest zu werfen: und es war tatsächlich schön. Die Sonne ließ das fröhliche Lächeln auf den Gesichtern von alt und jung wärmer erscheinen. Abgearbeitete, schwielige Hände schlugen lustig aufeinander, während leichtfüßige Tänzer sich im Takt der Musik drehten. Hier und da bildeten sich kleine Gruppen, um die Darbietungen zu betrachten. Für wenige Pennies zeigten Jongleure und Akrobaten ihre Künste, Spaßmacher in den Kostümen von Rittern alter Zeiten ritten auf Holzpferden und amüsierten die Leute mit ihren derben Scherzen.
Lord Saxton und seine Frau besichtigten das bunte Treiben. Sie blieben ab und zu stehen, um sich die Auslagen der Waren zu betrachten, den Spielleuten zuzuhören oder die Tanzenden zu beobachten. Die Menge machte ihnen Platz, um sich hinter ihnen sofort wieder zusammenzudrängen, doch wo immer sie auch stehen blieben, wurde die laute Fröhlichkeit gedämpft, denn viele standen mit ihren halb ausgetrunkenen Krügen da und starrten unverhohlen auf den unheimlich aussehenden Lord. Die Kinder suchten flink hinter den Röcken ihrer Mütter Schutz und schauten vorsichtig hervor, als sich das erschreckend aussehende Wesen mit seiner starren Maske und dem furchteinflößenden Gang näherte. Obwohl die Pächter sich in respektvollem Ton über ihn unterhielten, ging es bei den Gesprächen doch meist darum, weiche Schrecken der Helm wohl verbarg und welchen Mut seine Frau aufbringen mußte, um Nacht für Nacht seinen Anblick zu ertragen. Übertriebene Geschichten, wie er eine Bande von Dieben in die Flucht geschlagen haben soll, machten die Runde. Man erzählte sich auch, daß er mit anderen Bösewichtern kurzen Prozess
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