Eine Rose im Winter
Vergnügen. »Ihr Vater kam mit diesem vermurksten Zerrbild von einem Mann zum Gasthof zurück und suchte Sie. Der Bürgermeister machte einen fürchterlichen Krach, als er Sie nicht finden konnte.« Christopher lachte kurz auf. »Nachdem ich Smedley gesehen hatte, war es für mich ziemlich klar, daß Sie eher weglaufen würden, als ihm noch einmal zu begegnen. Und ich hab' recht gehabt. In Ihrer Eile haben Sie auf der Flucht deutliche Spuren hinterlassen.«
»Sie sind ein Opfer ihrer Einbildung, Mr. Seton, wenn Sie glauben, daß mir Ihr Schutz oder Ihre Gesellschaft willkommen wären.«
»Sie brauchen wirklich nicht so förmlich zu sein, Erienne«, neckte er sie mit einem boshaften Grinsen. »Sie können mich ruhig Christopher nennen, oder mein Lieber, oder mein Allerliebster, oder mir irgendeinen Kosenamen ihrer Wahl geben.«
Eriennes Augen funkelten vor wilder Entschlossenheit. »Mein einziger Wunsch«, sagte sie kühl, »besteht darin, sofort abgesetzt zu werden.«
»Wie Sie wünschen, meine Dame.« Christopher zog seinen Arm unter ihren Knien weg und ließ sie langsam an sich herunterrutschen, bis ihre Zehen eben den moosbedeckten Hügel berührten. Die volle Gewalt seines festen, muskulösen Körpers durchzuckte Erienne wie der versengende Schlag eines Blitzes. Fast genauso schnell erschien vor ihr wie durch Zauberei ein Bild, umrahmt von den rosaroten Strahlen der aufgehenden Sonne: die einsame Gestalt eines nackten Mannes, dessen Silhouette gegen das Licht stand.
»Lassen Sie mich los!« befahl sie ihm, während sie versuchte, ihre vor Wut glühenden Wangen vor ihm zu verbergen. Keine wohlerzogene Dame konnte es zulassen, daß sich so ein Bild in ihrem Kopf festsetzte und ihre Gedanken bewegte. »Ich bin durchaus fähig, allein auf meinen Füßen zu stehen.«
Seine Hände um ihre schlanke Taille legend, stellte Christopher sie auf eine flache Erhöhung neben der Straße. »Bleiben Sie hier«, befahl er ihr, »bis ich mit meinem Pferd zurück bin.«
»Ich bin kein Kind, das Sie rumkommandieren können«, widersprach sie. »Ich bin eine erwachsene Frau!«
Er zog eine Augenbraue hoch und musterte sie mit einem langen Blick. Sogar durch den Mantel schienen seine Augen sie zu verbrennen. »Endlich, das erste Mal, daß Sie eine unumstößliche Wahrheit von sich geben!«
Erienne errötete bis unter die Haut und zog ihre Kleider enger um sich. »Hat ihnen schon mal irgend jemand irgendwann einmal, gesagt, wie abscheulich Sie sind?«
Ein schiefes Grinsen gab seine strahlend weißen Zähne frei. »Bis jetzt, meine Liebe, jedes Mitglied Ihrer Familie.«
»Warum lassen Sie uns dann nicht in Ruhe?« fuhr sie ihn an.
Lachend wandte er sich ab, um sein Pferd zu holen und gab seinen Kommentar über die Schulter, als er nach den Zügeln griff. »So, wie die Dinge sich entwickeln, Erienne, beginne ich langsam zu glauben, daß Ihr Vater Sie nie unter die Haube bringen wird.« Er brachte den Hengst zu ihr zurück. »Mir geht es nur darum, etwas an Sicherheit in der Hand zu haben, damit ich nicht alles von meiner Investition verliere.«
»Wollen Sie im Ernst behaupten, daß Sie einen Anspruch auf mich haben?« entgegnete sie spöttisch. »Ein Recht, mir auf die Nerven zu fallen und mich mit Ihrer Anwesenheit zu langweilen?«
Er zuckte ungerührt mit den Schultern. »Genauso, wie Ihre anderen Freier. Vielleicht sogar noch mehr, wenn ich an die zweitausend Pfund denke, die mir Ihr Vater schuldet. Ich bin gespannt, wer von Ihren galanten Liebhabern bereit sein wird, sich von solch einem Betrag zu trennen.« Spöttisch fuhr er fort. »Genauso könnte man Sie auf dem Markt öffentlich feilbieten. Das würde Ihrem Vater bei seinen Versuchen, Ihnen einen spendablen Ehemann zu finden, viel Zeit und Mühe ersparen.«
Erienne hatte gerade ihren Mund geöffnet, um lautstark einem solchen Vorschlag zu widersprechen, als er sie abrupt ergriff und auf den Rücken seines Pferdes setzte. Als er sich hinter sie schwang, mußte sie wohl oder übel mit seiner Gesellschaft vorlieb nehmen.
»Das ist eine Unverschämtheit, Mr. Seton!« schrie sie ihn an. »Sofort setzen Sie mich wieder ab!«
»Falls es Ihnen noch nicht aufgefallen sein sollte, meine Liebe, wir sind dabei, hier durchnäßt zu werden.« Noch während er sprach, liefen Regentropfen an ihnen herunter. »Da ich Sie hier nicht allein lassen kann, müssen Sie wohl mit mir kommen.«
»Mit Ihnen gehe ich nirgendwo hin!« schluchzte sie.
»Schon gut, ich werde nicht hier
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