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Eine Rose im Winter

Eine Rose im Winter

Titel: Eine Rose im Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen E. Woodiwiss
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geschwungenen Wangenknochen, die von einem rosigen Hauch schimmerten.
    In seiner Vorstellung sah er ein Paar Lippen. Nicht wie die rosenförmigen Kussmünder alberner Hofdamen, sondern sanft geschwungen und voll genug, um ausdrucksvoll und lebendig zu wirken. Die Mundwinkel verzogen sich, wenn sie schimpfte; und noch einmal blätterte er in seiner Erinnerung: Da waren sie, nach oben gezogen, und die Lippen zu einem Lachen geöffnet. Jäh hielten seine Gedanken inne, und sein Herz brannte in Erinnerung an ihre betörende Zartheit, als er sie mit seinem Mund im Kuß verschloss.
    Und sofort kam ihm auch alles andere vor Augen: die schlanken, langen Glieder; der Körper mit der kraftvollen Eleganz einer Katze, der weder zuviel Fett wie die verwöhnten Damen der Abendgesellschaften hatte noch dünn oder knochig war; hier paarten sich verborgene Kraft und Aufrichtigkeit, die ihr eine selbstverständliche, fast schon naive Sicherheit verliehen. Sie selbst schien sich der eigenen Schönheit überhaupt nicht bewußt zu sein, sie war einfach Erienne, hoch über allen anderen Frauen, die in den Tiefen seiner Erinnerung lebten.
    Genau betrachtet versprach sie die Frau zu sein, die weder zurückbleiben noch voranstürmen würde, sondern an der Seite des Mannes ihrer Wahl verharren oder neben ihm schreiten würde. Er sah sich bitter bestraft, indem er davon abgehalten wurde, ihre Gesellschaft zu genießen. Er zweifelte auch nicht daran, daß es für sie sehr viel besser sein müsse, der ›zärtlichen Fürsorge‹ ihres Vaters und dem ›guten Einfluß‹ ihres Bruders entzogen zu sein. Es schoß ihm durch den Kopf, daß die schmähliche Versteigerung genau das bewirken würde. Jedoch die Wahrscheinlichkeit, daß sie vom Regen in die Traufe kommen würde, war bedrückend groß. Er hatte genug ihrer Bewerber gesehen, die alle zu der Kategorie ›Traufe‹ gehörten, und er war sicher, daß von ihnen einige anwesend sein und mitbieten würden.
    Eriennes zornige Schmähworte kamen ihm wieder in den Sinn. Buckliger! Narbiger! Krüppel! Die Aussichten, daß sie einem von diesen in die Hände fallen konnte, waren groß. Ja, bei näherer Betrachtung sah es wirklich so aus, als ob sie dem kaum entgehen konnte.
    Als eine Gruppe von Männern durch die Vordertür in die Wirtschaft stürmte, wurde Christopher jäh aus seinen Träumen gerissen. Es waren ein paar Dutzend Kerle, und es gab keinen Zweifel, daß sie schon durch einige Schänken gezogen waren. Eine laute heisere Stimme erhob sich aus der Menge, und als Christopher aufsah, fand er Timmy Sears im Mittelpunkt der lärmenden Meute. Er benahm sich, als sei er der Anführer.
    »Also, Jungs«, bollerte er gut gelaunt. »Reißt euch zusammen. Die erste Runde Stout geht auf Timmy!«
    Ein Chor gegrölter Hochrufe beantwortete die Großzügigkeit von Mr. Sears. Er warf eine dicke Geldkatze auf die Bar, und der erfreute Wirt beeilte sich, seine größten Krüge mit Ale zu füllen. Grobe Scherze und rohe Erwiderungen verstummten eine Weile, währenddessen die eifrigen Trinker das Gebräu geräuschvoll durch ihre Gurgeln schlürften. Sogar der immer gegenwärtige Haggard vergrub seine Nase im Schaum und kippte gierig sein Stout. Erst als der erste brennende Durst gestillt war, sprachen alle wieder durcheinander.
    »Hehjum!« räusperte Timmy sich geräuschvoll. »Sogar ein gutes bitteres Bier verliert an Geschmack, wenn man es zu sehr kühlt. Sollte so warm wie der Tag sein, so daß man richtig den Geschmack genießen kann.« Wie die nickenden Köpfe und die gemurmelten Zustimmungen zeigten, konnten seine Kumpane dieser Erkenntnis nur beipflichten.
    »Heh, Timmy!« krächzte eine rauhe Stimme. Narbige Knöchel schlugen neben seiner Geldbörse auf den Tresen. »Du has' dir hier ja 'n schönes Bündel zurechtgelegt. Gehst morgen zur Versteigerung vom alten Avery?«
    »Und ob ich gehe!« Sears krallte seine Hände um die Barstange und hob seine Brust. »Un' ich weiß, ich geh' bis … na ja … vielleicht bis hun'ert Pfund oder so 'ngefähr.«
    »Uiihh!« Ein anderer schüttelte eine lahme Hand in gespieltem Erstaunen. »Hun'ert Eier bloß für'n Weibsbild?«
    Timmy warf einen finsteren Blick auf den Spötter. »Das is' nich' irgendein Weibsbild! Nehm' ich zur Frau.«
    »Haste doch schon«, protestierten die anderen.
    Timmy setzte sich auf und schielte nachdenklich zur Decke. »Un' wenn ich die kriege, versteig're ich eb'n meine Alte.«
    »Hah!« brüllte Haggard. »Die is doch keene zehn

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