Eine Rose im Winter
zu würdigen, und fuhr fort, die Stimmung weiter anzuheizen. »Hier hab'n wir Herrn Yankee Seton unter uns, der die Tochter des Bürgermeisters ein bißchen zu viel gestreichelt hat und deshalb von der Versteigerung ausgeschlossen wurde. Und unsere gute olle Molly is' ihm nich' gut genug, un' dabei is' die doch auch 'n ganz liebes Mädchen. Weiß Gott, ganz egal, wie oft sie uns Jungs getröstet hat, jeden Samstag, so regelmäßig wie 'n Uhrwerk, nimmt sie 'n richtiges Bad, und der hier rümpft nur eingebildet seine lange Nase über sie.«
Diese offensichtliche Brüskierung dieser freundlichen und allen wohlbekannten Dame wurde von seinen Kumpanen mit einem ärgerlichen Stimmengewirr beantwortet, das immer lauter wurde. In aller Ruhe nahm Christopher einen Zug von seinem Ale, als die Tür aufging und noch mehr Seeleute eintraten, unter ihnen ein grauhaariger, großer Mann mit einem langen blauen Mantel, wie er gern von Kapitänen getragen wird. Er hielt sich mit den anderen Matrosen im Hintergrund und beobachtete die Szene.
Haggard rückte dicht zu Timmy und versuchte erneut dessen Aufmerksamkeit zu gewinnen, indem er an seinem Ärmel zog und sich unruhig umsah.
»Hau ab!« befahl Sears und schüttelte den Mann ab. »Ihr seht, wie er verlegen in sein Bier grinst, Männer? Er hat einfach Angst, offen zu sagen, was er über die Männer von Mawbry denkt.«
»Wenn Sie wirklich wissen wollen, was ich denke, Mr. Sears«, erwiderte Christopher höflich, aber laut genug, um trotz der ärgerlichen Stimmen von Sears Spießgesellen noch gehört zu werden, »so bin ich der Meinung, daß Sie eher ein Dummkopf sind. Der Bürgermeister wird sich wohl kaum dazu entschließen können, Ihre armseligen hundert Pfund anzunehmen, wenn er mir mehr als zwanzigmal diesen Betrag schuldet. Und dann habe ich meine Zweifel, ob Sie in der Gunst des Mädchens stehen. Ich habe nämlich gehört« – ein Grinsen zog sich über sein Gesicht – »daß sie Schweinefleisch nur gut gesalzen mag.«
»Schweinefleisch?« Timmy rätselte einen Augenblick, bevor ihm die Bedeutung klar wurde. »Sau! Ihr habt's gehört, Jungs!« Er trat einen Schritt nach vorn und gab seinen Männern ein Zeichen, ihm zu folgen. »Woll'n doch mal sehn, wie schnell dieser verdammte Lump hier raus kommt! Hol'n wir'n uns, Jungs.«
Nach ein paar Schritten nach vorn kamen seine Freunde plötzlich zum Stehen und sahen unsicher auf die starken Fäuste, die sich von hinten auf ihre Schultern gelegt hatten. Ihre Blicke fielen auf die hohnlächelnden Gesichter, die hinter ihnen eine endlose Mauer zu bilden schienen. Timmy stand plötzlich allein.
Aufs äußerte besorgt packte Haggard den Rothaarigen am Arm, versuchte ihn herumzuziehen und konnte ihn endlich auf sich aufmerksam machen. »D-d-a … d-a s-s-sind …!!« Haggard schaffte es nicht, die Worte über die Lippen zu bringen, als er wie wild seinen Finger in die Richtung der Männer stieß. Timmy ließ sich herab, sich umzusehen, und sein Unterkiefer fiel langsam nach unten, als sein Blick auf die über zwanzig Leute fiel, die in mehreren schweigenden Reihen hinter seinen Freunden standen. Haggard wies mit seinem Daumen über seine eigene Schulter in Richtung auf Christopher und bemerkte mit erstickter Stimme: »… seine Leute!«
Der Mann in dem langen blauen Mantel bahnte sich einen Weg nach vorn. »Irgendwelche Schwierigkeiten, Mr. Seton?«
»Nein, Kapitän Daniels«, erwiderte Christopher. »Keine Schwierigkeiten. Mindestens nicht mit jemandem, den ich nicht zu zähmen wüsste.«
Zähmen! Das Wort hing sich in Timmys Kehle fest. Als ob man es bei ihm mit einem Tier zu tun hätte, das zu zähmen wäre! Er wandte sich erneut seinem Gegner zu.
Christopher lächelte gelangweilt. »Eine einfache Entschuldigung reicht mir, Mr. Sears.«
»Entschuldigung!«
Das Lächeln blieb auf Christophers Gesicht. »Ich spüre keinerlei Neigung, meine Kraft an einem Betrunkenen auszulassen.«
»Sprich deutlich, Mann!« Timmy schüttelte seinen Kopf. »Mir ist es vollkommen Wurst, wie viele Neigungen Sie nicht haben.«
Christopher nahm noch einen Schluck und setzte seinen Krug zur Seite. »Sie haben aber ›Betrunkener‹ verstanden.«
Timmy warf einen langen vorsichtigen Blick über seine Schulter. »Is' also 'ne Sache, die wir untereinander ausmachen, Mr. Seton?«
»Nur Sie und ich, Mr. Sears.« Christopher antwortete mit einem kurzen Nicken und legte seinen Mantel ab.
Sears spuckte sich in die Hände und rieb sie
Weitere Kostenlose Bücher