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Eine Sacerda auf Abwegen

Eine Sacerda auf Abwegen

Titel: Eine Sacerda auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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können.
    . . .
    Juno stützte
sich einen Moment an der porösen Backsteinwand ab, um nicht in die Knie zu
gehen, nachdem sie ihre letzte Kraftreserve aufgebraucht hatte. Sie klappte das
Revers des Sakkos gegen die kühle Morgenluft hoch und strich sich die leicht
wirren Haare aus dem Gesicht. Sie hatte ihren Hut vergessen. Egal. Es war nicht
mehr wichtig. Sie hatte gehen müssen. Sein Blut zu nehmen, wäre ein Spiel mit
dem Feuer gewesen. Es war jetzt schon gefährlich für sie, weil er sie orten
würde können, wenn ihm diese Fähigkeit überhaupt bewusst war. Aber
wahrscheinlicher war, dass er keinen weiteren Gedanken an sie verschwenden
würde.
Juno setzte sich in Bewegung und war davon überzeugt, dass er nicht der Typ
war, der einer Frau nachlaufen würde, die ihn für seine Hilfe bezahlt hatte.
Sie hatte damit sicherlich seinen Stolz verletzt und ihn in der schlechten
Meinung, die er über andere hatte, nur weiter bestärkt. Sie musste ein ganzes
Stück laufen, bis sie endlich eine U-Bahnstation erreichte. In dieser Gegend
fuhren nicht viele Taxis, also musste sie für den Anfang mit den öffentlichen
Verkehrsmitteln Vorlieb nehmen.
    In diesem
Zustand konnte sie nicht ins Castle zurückkehren, wo sie Manasses begegnen
könnte, der ihr nur unliebsame Fragen stellen würde. Sie musste unbedingt
Plasma zu sich nehmen, um die verräterischen Verletzungen zur Heilung zu
bringen. Sowohl die Verbrennung als auch den Biss eines Vampirs. Nicht
auszudenken, was der Krieger tun würde, wenn er davon erfuhr, dass sie…
Juno lehnte ihre Stirn gegen die kühle Scheibe des U-Bahnwagens, während sie
durch die Tunnel in Richtung Stadtmitte schossen, und hob die gesunde Hand an
ihren Mund. Es war ihr erster Kuss seit vielen Jahren gewesen. Sie hatte zu
viel riskiert für jemanden, der sich nicht einen Deut um sie scheren wollte.
Müde und völlig ausgezehrt erreichte sie eine Stunde nach ihrer überstürzten
Flucht das Eagle Building, das heute wie verlassen dastehen würde (natürlich
nur die Krieger betreffend). Das war Juno nur recht. So konnte sie einfach
Gideon, eine der dienstältesten Lost Souls, die zur Familie Harper gehörten,
darum bitten, ihr ein Quartier im Gebäude zuzuteilen. Der Mann würde ihr keine
Fragen stellen und sie mit dem nötigen Plasma versorgen. Bald stand sie in der
Küche eines kleinen Apartments im linken Turm der Fortress und leerte den
ersten Beutel in eine Tasse. Sie benutzte ihre Fänge nicht, um das Plastik zu
perforieren, wie andere Immaculate das taten.
Juno musste sich mehr als sonst zum Trinken zwingen, diesmal lag es jedoch
nicht daran, dass sie keinen Hunger verspürte, viel mehr daran dass sich ihr
Körper nach etwas anderem als Plasma verzehrte. Chadhs Blut…
     
     
     

6. Subtile Verführung
     
     
    Freitag,
02. November; später Abend
    Juno saß an
einem der besten Zweiertische im Fountain und wartete auf ihre Verabredung, die
eigentlich ein von Manasses arrangiertes Treffen war. Ein Befehl, dem sie sich
nicht widersetzen durfte. Eigentlich mied sie diesen todschicken Club, in dem
sich die junge Generation der Immaculate und auch deren Krieger gerne
tummelten, aber es war nun einmal in der Nähe ihrer derzeitigen Bleibe und sie
hatte nicht vorgehabt, sich durch die halbe Stadt zu hetzen. Genau genommen
hatte sie nicht vor, auch nur einen Fuß aus der Fortress zu setzen. Hier fühlte
sie sich einigermaßen sicher, dem Einen nicht über den Weg zu laufen, der
beständig in ihrem Kopf herum spukte. Sie hatte an den letzten beiden Tagen
mehr Plasma getrunken als den gesamten letzten Monat und doch verspürte sie
immer noch einen leise nagenden Hunger nach etwas anderem. Etwas Verbotenem.
Etwas Gefährlichem. An Schlaf war nicht mehr zu denken und wenn sie doch in
einen unruhigen Schlummer fiel, dann verfolgte sie sein Gesicht und ein eisig
blitzendes Augenpaar.
    Oder die
eine Sache, an die sie überhaupt nicht mehr denken wollte. Chadh hatte
durch seine ungestüme Äußerung, die Tat für sie rächen zu wollen, ungewollt
Junos eigene Rachegedanken geschürt, von denen sie geglaubt hatte, sie hätte
sie schon lange hinter sich gelassen. Sie hasste es, sich immer wieder als
hilf- und wehrloses Opfer fühlen zu müssen, wenn sie die Erinnerungen
überfielen. Sich immer wieder zu fragen, ob sie sich hätte in verschiedensten
Situationen anders hätte verhalten sollen, damit die Qualen endlich aufhörten.
Juno zuckte zusammen, als sie eine Hand auf ihrer Schulter spürte.

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