Eine Sacerda auf Abwegen
Ziel
letztendlich aber doch erreichen konnten, war ihm in den letzten dreihundert
Jahren auch nicht eingefallen.
Ihre Berührung auf seinen Lippen war sanft und nach dem leidenschaftlichen Kuss
zart wie der Flügel eines Schmetterlings. Obwohl seine tierischen Sinne ihn vor
Juno warnten, hungerte Chadh nach mehr und weiteren Berührungen. Juno war
gefährlicher aber anders als Tulip. Niemals würde sie auf so vulgäre Art und
Weise über ihn herfallen wie diese Sterling. Allein schon um ihrer selbst
Willen würde sie die Macht, die sie hatte, ganz anders ausspielen. Außerdem war
er satt. Er war derjenige, der etwas zu bieten hatte, was sie wollte und er
konnte sich ihr jederzeit entziehen, wenn sie ihre Drohung wahrzumachen
gedachte.
“Ich werde
dir nicht wehtun. Du kannst mit mir tun und lassen, was du willst. -Aber…”
Chadh machte eine kleine, bedeutungsvolle Pause und seine Hand schloss sich
erneut fest um ihren schlanken Hals.
“…du wirst nicht singen. Du wirst kein Wort sagen und wenn ich nur eine Sekunde
das Gefühl habe, dass hier etwas gegen meinen Willen geschieht, töte ich dich.”
Juno brauchte Blut, um wieder nach Hause zu kommen, ohne eine weitere Belastung
für ihn zu sein. Entweder nahm sie von ihm oder er würde einen Schlachter in
der Nähe aufsuchen, um Tierblut zu holen. Das war vielleicht nicht so
schmackhaft wie dieses Plasma, aber mehr konnte er sich eben aus eigener Tasche
nicht leisten und in der Not fraß der Teufel Fliegen.
Chadh gab Junos Kehle ganz frei und trat einen Schritt zurück, während er sie
weiterhin mit seinem frostig blauen Blick taxierte. Wieder lag es an ihr, den
nächsten Schritt zu tun und Chadh wartete geduldig. Er wusste ja, er hatte alle
Zeit der Welt.
Junos Gesicht
verdüsterte sich, als er ihr unterstelle, ihn ausnutzen zu wollen. Sie wich
einen Schritt vor ihm und seinem anziehenden Duft zurück, der sie locken
wollte, den Kopf zu verlieren, obwohl er vielleicht gar nicht ahnte, wie viel
Selbstbeherrschung es sie gerade kostete, ihrer Natur nicht nachzugeben. Er
konnte von Glück sagen, dass sie viel zu schwach war, um ihn einen wirklichen
Kampf liefern zu können. Wie gern hätte sie ihm gerade ein paar Manieren
beigebracht.
„Du hast gar
nichts verstanden, Chadh, wie auch? Du bist so damit beschäftigt, jede meiner
Regungen als Angriff zu werten… Musst du das tun, um mir niedere Absichten
unterstellen zu können? Damit du weiterhin dem Glauben frönen kannst, dass die
ganze Welt gegen dich ist, dass niemand dir auch nur einen Hauch Gefühl
entgegenbringen würde, weil du ja eine so verabscheuungswürdige Kreatur bist?
Da kann ich nur sagen: Schwachsinn! Wenn du wüsstest, wie viel Angst ich vor solcher
Nähe habe, dann hättest nach diesem Kuss eigentlich wissen müssen, dass ich
niemals die Absicht hatte, dir Schaden zuzufügen. Es gibt einen Unterschied
zwischen Mitgefühl und Mitleid, Chadh.“
Juno knöpfte müde die Jacke zu, um ihren Händen eine andere Beschäftigung zu
geben, als sie nach ihm auszustrecken. Schließlich wandte sie sich ab, um ans
Fenster zu treten, von dem man einen Ausblick auf die Docks hatte, wo es schon
geschäftig zuging. Sie sah nicht hinaus, um sie Aussicht zu genießen, sie orientierte
sich gerade, weil sie bisher nicht gewusst hatte, wo sie sich befand.
„Du solltest
aufhören, ständig mit Morddrohungen um dich zu werfen, Chadh. Ich könnte den
Eindruck bekommen, dass du mich nicht magst…“ Sie warf ihm ein traurig
spöttisches Lächeln über die Schulter zu und zuckte dann in einer für sie
typischen Geste damit, um den Blick erneut nach draußen zu richten, während sie
in die Brusttasche ihres Sakkos griff.
„Du kannst nichts dafür, dass du diese Anziehung verspürst… Es liegt nur daran,
dass mein Blut in deinen Adern fließt und du ausgerechnet an Samhain von mir
genommen hast. Du wirst sicher tausend Ausreden dafür finden, da bin ich
sicher… Wir sind einander nichts schuldig, du bist niemandem etwas schuldig,
dafür hast du doch dein gesamtes Leben lang geachtet…? Ich halte es genauso.
Ich kann mir nicht leisten, mehr deiner Hilfe anzunehmen. Da ich meine Natur
dafür unterdrücken müsste, würde es mich ganz bestimmt mein Leben kosten, dein
Blut zu trinken. Du würdest jedoch nicht einmal daran denken…“ Er wusste ja
nicht, warum es ihr leicht fallen würde, ihn sich gefügig zu machen.
Juno lachte auf, perlend und sehnsüchtig und doch bitter. Er hatte keine
Ahnung. Nicht den blassesten
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