Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Sacerda auf Abwegen

Eine Sacerda auf Abwegen

Titel: Eine Sacerda auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
Vom Netzwerk:
seine eben gesprochenen Worte, sein Geständnis, zu
unterstreichen. Er hatte nur wissen wollen, ob mit Juno alles in Ordnung war.
Nun, nachdem er die Antwort hatte, konnte ihn nichts mehr schrecken.
     
     
    ~ Anno
1682 ~
    “Rasch,
schert Euch fort. Schnell! Eilt. Mein Lord kehrt bald zurück und der Tag bricht
an. - Na los, eilt Euch! Eilt.” Levika Rukh, Schwester des Lords, hantierte
flink mit einem eisernen Schlüssel, um die Fesseln zu lösen, mit denen die
junge Immaculate wie ein Stück Vieh an eine einstmals schmucke Liegestatt
gekettet worden war.
    Das Mädchen
war kaum dazu in der Lage, sich zu rühren, geschweige denn zu fliehen. Lucretius
hatte ihr am vorherigen Tag erneut übel mitgespielt und zudem war sie
hochschwanger und über die Maßen hungrig. Folter und Kind verlangten ihren
Tribut. Das Mädchen konnte froh sein, wenn es überhaupt über die Grenzen des
Grundstücks hinaus kam, ohne zusammenzubrechen. Wenigstens der Tag war auf
ihrer Seite. Somit hatte sie einen Vorsprung von ein paar Stunden. Danach würde
sie erbarmungslos gejagt werden. Nicht ihretwegen sondern wegen der Brut unter
ihrem Herzen. Lord Rukh wollte das Kind dieser widerstandsfähigen Immaculate um
jeden Preis. Sein ganz persönlicher Streich gegen seine Feinde. Ein weiterer
von vielen in einer Reihe, die nun ein Ende haben sollte.
Die ganze Zeit über hatte Levika dafür sorgen müssen, dass das Mädchen und ihre
mit gefangene Zwillingsschwester, die in einer anderen Kammer festgehalten
wurde, nicht starben. Egal, welche Torturen und Qualen sie hatten erleiden
müssen, Levika war persönlich dafür verantwortlich, dass ihnen nichts mehr
anzusehen war, wenn der Lord zu ihnen kam und seine teuflischen Bedürfnisse an
ihnen zu stillen gedachte. Und sie hatte ebenfalls sehr darunter gelitten, wenn
es ihr weder mit Blut, noch Wasser und eigens angerührten Farben, die den mehr
tot als lebendigen Mädchen Leben einhauchen sollten, gelang, die zwei beinahe
gebrochenen Seelen wieder ansehnlich zu machen.
Levika fehlten drei Finger an ihrer linken Hand und ein Auge, das mit demselben
Schürhaken ausgemerzt worden war, mit dem Rukh in seinem sadistischen Vergnügen
auf die Mädchen losging, wenn es ihm beliebte. Nur dass er ihnen damit
selbstverständlich nichts weg gebrannt hatte, was sich nicht regenerierte und
ihre Schönheit zerstörte. Bei seiner Schwester aber konnte man getrost eine
Ausnahme machen, wenn sie nicht so zu Willen war, wie sie sein sollte.
Ganz zu schweigen von den Schlägen und Demütigungen, die sie täglich ertragen
musste. Nicht nur durch Rukh sondern auch durch dessen Frau Huldah, die ihren
Zorn darüber, dass ihr Mann Huren ins Haus gebracht und Bastarde mit ihnen
gezeugt hatte, die den Platz ihrer eigenen Kinder einnehmen und eines Tages
über diesen Clan der Aryaner herrschen würden, schließlich nicht an Lucretius
auslassen konnte, der sie dann garantiert ohne Mittel und Schutz verstoßen oder
gar töten würde, falls sie es wagte, sich ihm zu widersetzen. Also büßte
Levika. Jeden Tag, jede Nacht. Jede Stunde in den Gemächern der Aryaner-
Frauen, die sich ihrer eigenen Langeweile überdrüssig gegen sie
zusammenrotteten und sie noch übler quälten und schmähten, als es ihr Bruder zu
tun vermochte. Rukh hielt sich nicht mit Lappalien auf. Seine Frau Huldah
dagegen fand sogar an den gemeinsten Kleinigkeiten diebischen Spaß.
    In einem
boshaften Akt hatten sie das lange, weißblonde Haar Levikas bis zum Ansatz
abgeschnitten. Das letzte Schöne an ihr, die alles gegeben hatte, um es der
Familie, in der sie so viel wert war wie Scheiße unter einem Stiefel, recht zu
machen. Nichts verbarg nun mehr die tiefen Narben in ihrem Gesicht und die
still erduldeten Kränkungen, die sich in hartem Glanz auf dem verbliebenen
türkisgrünen Auge verblieben war, das nie wieder Gefühle wie Freude oder Liebe
widerspiegeln würde, die es in ihr sowieso nie gegeben hatte.
Was einen nicht umbringt, macht einen nur stärker und entschlossener.
Sie war keine gute Persönlichkeit. Sie war mindestens so grausam wie ihr Bruder
und die Sippschaft, zu der sie gehörte. Levika war nur das schwächste Glied in
der Kette. Schwächer noch als das Mädchen, das sie gerade befreite. Schwächer
noch als das andere, kümmerliche Ding, das schon seit Stunden in den Wehen lag,
ohne dass Rukh davon wusste und sicherlich jämmerlich samt Kind daran krepieren
würde.
Das Glück war eben immer mit den Dummen.
Und es wurde ebenfalls Zeit, sich

Weitere Kostenlose Bücher