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Eine Sacerda auf Abwegen

Eine Sacerda auf Abwegen

Titel: Eine Sacerda auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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sie dem schwangeren, immer wieder auf
den Unebenheiten des Anwesens stürzenden Mädchen hinterher sah, dann würde sie
eine Ewigkeit brauchen, bis sie vergaß. Wenn sie sich und das Kind nicht vorher
umbrachte oder genau wie ihre Schwester daran krepierte, es auf die Welt zu
bringen.
Noch einmal frischte der Wind auf und die entfernten Flügelschläge wurden
lauter und das Krächzen von Rabenkrähen mischte sich mit dem leisen,
beängstigenden Flüstern im laublosen Geäst der efeuerstickten Bäume auf dem
Grundstück des Lords. Levika eilte zurück in die Katakomben des Anwesens, um
nach der zurückgebliebenen Schwester zu sehen. Jetzt hatte sie nur noch wenige
Minuten, bis die hölzernen Türen zur großen Eingangshalle wie von Geisterhand
aufgestoßen wurde, eine Horde von Ratten und Krähen hineinstürmte und
schließlich der Lord selbst auf seinem schwarzen, hochbeinigen Schlachtross
Einzug hielt und sich vom Sattel schwang, um nach einem kurzen Trunk direkt
seine Gefangenen aufzusuchen.
Ihr Verlust würde ihn mehr als hart treffen. Levika rieb sich zufrieden mit
sich selbst die verstümmelten Hände und trat in die Kammer, in der die
Verbliebene gerade nach Leibeskräften den Namen ihrer Schwester schrie und das
Orakel ihrer Sippschaft um Hilfe anflehte. Hilfe, die sie nicht bekommen würde.
    Zwei gute
Taten an einem Tag waren definitiv eine zu viel.
Außerdem war diese Immaculate weder dazu in der Lage zu fliehen, noch hatten
sie genug Zeit, um dies nach der Geburt noch in die Wege zu leiten. Levika trat
auf das Bett zu, in dem die eigentlich schwächere Immaculate soweit es ihre
eisernen Fesseln zuließen, nach oben gerutscht war, um die Beine angewinkelt an
den Körper ziehen zu können, damit es ihr leichter fiel, das Kind aus dem
Schoss zu pressen, das nun unweigerlich nach draußen drängte. Ihr hübsches
Gesicht war schmerzverzerrt, die langen blonden Haare, die viel glänzender und
goldener waren als Levikas verbliebene Stoppeln, schweißverklebt. Dazu starrte
sie vor Dreck und Ungeziefer, denn zum Schluss hatte der Lord seiner Schwester
nur noch gestattet, sich ausreichend um die Kräftigere der beiden zu kümmern,
während er die andere kaum beachtete oder höchstens quälte.
    Levika kam
nicht umhin, wiederholt festzustellen, wie verblüffend sie es fand, dass es
zwei von diesen Schwestern gab, die äußerlich so ähnlich, in ihrem Inneren aber
bis auf den Akt des Kämpfens so verschieden waren. Ein Blick in den Schoß der
Gebärenden folgte und dann ein resigniertes Schulterzucken Levikas, mit dem sie
sich in einen Stuhl neben dem Bett setzte und ungerührt dabei zusah, wie sich
das verbliebene Mädchen mit der Geburt quälte. Weder sie noch das Ding in ihr
würden überleben. Daran bestand kein Zweifel. Schon jetzt schoss so viel Blut
aus der Schwangeren heraus, dass es ein Wunder war, dass sie noch keine
Anzeichen von Verwelkung aufwies. Nicht nur ausgehungert sondern ausgetrocknet
würde sie sein, wenn der Bastard erst mal aus ihr raus war. Wenn es überhaupt
raus kam. Der Kopf war ziemlich groß. Es könnte ja auch einfach steckenbleiben.
Ein Anblick, der den Lord sicher noch mehr in Rage bringen würde. Es würde ihr
eine große Freude sein, ihm die Nachricht des Todes dieses Mädchens zu
überbringen. Natürlich getarnt hinter der Maske der demütigsten Dienerin, die
wirklich alles getan und versucht hatte, zumindest den kleinen Bastard zu
retten, der leider nicht einmal geatmet haben würde. Gott, das Ding musste ja
einfach ersticken bei all dem Blut, das Stroh und die Sackleinen der Liegestatt
in einen matschigen See verwandelte. Hätte Levika nicht so großen Hunger
verspürt, der sich wiederholt regte, dann hätte sie es durchaus abartig
gefunden und das Weite gesucht, wäre da nicht ihr Bruder und die Tatsache, dass
sie eine Ausrede brauchte, damit niemand Verdacht schöpfte, sie könnte die
andere befreit und zur Flucht verholfen haben.
    Allerdings
heilte die Bisswunde an ihrem Arm nicht schnell genug. Levika versuchte, es mit
einem zerrupften Ärmel ihres Gewandes zu verdecken, aber er war weder lang noch
dicht genug, um diese Spur zu verdecken. Es würde sie verraten und dann war
alles aus. Sie brauchte Blut. Unbedingt. Ihr verbliebenes, nun gierig drein
sehendes Auge fiel auf den Hals der Schwangeren, die nun kaum noch schrie und
vor überbordender Anstrengung schlaff geworden in den Ketten hing. Nein, beißen
konnte sie das Mädchen wohl kaum. Sollte Rukh die Leichen sehen wollen,

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