Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eine Sacerda auf Abwegen

Eine Sacerda auf Abwegen

Titel: Eine Sacerda auf Abwegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
Vom Netzwerk:
selbst zu befreien. Von Rukh, diesen Frauen
und vom ganzen Rest, der ihr das karge Leben am Hof des Aryaner-Lords von Tag
zu Tag schwerer machte. Es würde niemand kommen und sie retten. Genauso wenig
wie jemand gekommen war, um die Mädchen herauszuholen. Diese hier hatte zwar
immer wieder angedeutet, dass niemand hier, der sie gefangen und gequält hatte,
überleben würde, doch für solche Drohungen hatten die Aryaner einschließlich
Levika nur ein mehr oder weniger müdes Lächeln übrig.
Rukh wählte seine Verstecke stets sorgfältig und ohne Spuren zu hinterlassen.
Er ging sogar soweit, die männliche Gefolgschaft töten zu lassen, um sie gegen
neue Kreaturen der Nacht auszutauschen, mit denen er sich an anderen Orten
traf, um weitere Schläge gegen ihre Feinde vorzubereiten. All dies nur wegen
dieser Mädchen und dem gierigen Verlangen nach Macht und einem Erben, der mit
ihm auf Augenhöhe stand.
Nun hielt Levika die Fäden in der Hand. Unbarmherzig zerrte sie das nun nicht
mehr gefesselte Mädchen vom Bett hoch. Es ächzte und stöhnte vor Schmerzen und
hielt sich umständlich den gewölbten Leib. Wie sehr Levika sie doch um diesen
Zustand beneidete. Sie würde mit ihren Entstellungen nie verbunden werden.
Keiner von Rukhs Freunden, nicht einmal der Niederste unter ihnen würde eine
hässliche Hexe nehmen, nicht einmal mit höchst verwandtschaftlichen
Beziehungen. Sie war zum Alleinsein verdammt worden und das würde sie niemals
verzeihen.
    “Auf jetzt!
Auf!” Levika zog, zerrte und schubste. Es war ein weiter Weg hinaus aus den
Katakomben des Lords hinauf in den anbrechenden Tag, der die Flucht des
Mädchens ermöglichen würde. Deren Knie zitterten so stark vor Schwäche, das
Levika sie mehr stützen würde müssen, als ihr lieb war. Aber gut, entweder dies
oder das Ertappen auf frischer Tat durch ihren Bruder. Sie musste schließlich
noch die andere befreien und auf den Weg bringen. Ihr blieb wirklich nicht viel
Zeit.
    “Hunger?”
Levika reagierte fast empört über das atemlos geflüsterte Betteln nach Blut.
“Ich habe seit zweihundert Jahren Hunger. Stellt Euch nicht so an. Entweder Ihr
flieht jetzt oder könnt Euch auf den Tod vorbereiten. Mir ist alles egal.
Draußen gibt es genug Ratten, an denen Ihr Euch gütlich tun könnt. -Auf jetzt!
Auf!”
Wenn nur ein Funken des heißblütigen Wesens in dem Mädchen steckte, das Rukh
wieder und wieder ins Gesicht gespien, ihn gebissen und getreten hatte, dann
würde sie sich jetzt zusammenreißen und einen geschundenen Fuß vor den anderen
setzen. Und tatsächlich, die Kleine tat, was von ihr verlangt wurde. Zum ersten
Mal freiwillig und ohne Widerstand.
Levika lächelte gemein vor sich hin und ignorierte weiteres Bitten um Blut
sowie die unweigerlichen Fragen nach der anderen Gefangenen. Das Pack hielt
sogar in Todesgefahr zusammen und würde einander niemals im Stich lassen.
Etwas, das Levika noch nie erlebt hatte. Nach ihr würde Zeit ihres Lebens
niemand fragen geschweige denn auf sie Rücksicht nehmen und nicht ohne sie
gehen wollen. Das stieß ihr sauer auf und so teilte sie der ihr vollkommen
ausgelieferten Gefangenen in schlichten Worten mit, dass es die geliebte
Schwester leider schon vor Stunden dahingerafft hatte.
    Was dazu
führte, dass das Mädchen mit plötzlich neu erlangter Kraft um sich schlug und
mit dem letzten Quäntchen Überlebenswillen und einer für Levika nicht
nachvollziehbaren Trauer auf ihre Befreierin losging. Levika schlug sie
kurzerhand mit einem gezielten Faustschlag, bei dem die Nase der Immaculate
bestimmt zum dutzendsten Mal in den Monaten ihrer Gefangenschaft brach,
ohnmächtig. Am Kragen ihres Leibchens, das einzige Kleidungsstück, was die
Blöße des Mädchens bedeckte, schleifte sie die Bewusstlose über den kalten
Kellerboden und die vielen Treppen mit einiger Kraftanstrengung nach oben. Sie
konnte die aufgehende Sonne bereits riechen. Sie musste sich beeilen. Dieses
kleine Aas hier sollte nicht in letzter Minute ihren Plan vereiteln. Hatte sie
überhaupt einen? Der Lord würde ihr früher oder später auf die Schliche kommen.
Keine Frage, auch sie musste fliehen. In der nächsten Nacht, wenn dann der
tatsächliche Leichnam der anderen von ihr im Garten verscharrt worden war.
Levika biss sich vor Anstrengung auf die Lippen und zog das schwere Bündel
Mensch weiter und weiter. Jede Sekunde von der Angst geplagt, erwischt zu
werden und mit dem Leben zu bezahlen.
Im Garten angekommen, stieß Levika die immer noch

Weitere Kostenlose Bücher