Eine Sacerda auf Abwegen
hatte. Tief in
ihrer Kehle tönte sie einen hypnotischen Singsang an, der keine Worte
benötigte, um Macht über ihn auszuüben. Ihre Hände krallten sich in sein Haar
und dann küsste sie ihn genauso brutal und brandmarkend, wie er das mit ihr
getan hatte, ohne ihren Gesang einzustellen. Sie spürte, wie sein Körper unter
ihr sich anspannte. Zwischen Schmerz und Lust gefangen. Sie biss ihm
rücksichtslos in die Lippe und labte sich an den Tropfen Blut, die sie aus der
kleinen Wunde ziehen konnte, während sie sich weiterhin provokativ an ihm rieb.
Die Spannung zwischen ihnen war beinahe unerträglich. Juno sah nur noch das
rote Leuchten ihrer Augen, die ihn weit aufgerissen anstarrten.
Sie konnte Lust bringen aber auch Leid. Die Grenze war fließend und Chadh wurde
unter ihrem Ansturm zu Wachs in ihren Händen. Als sein Körper sich nach einem
krampfartigen Aufbäumen kraftlos in sich zusammenfiel und sein Griff für kurze
Zeit erlahmte, nutzte Juno die Gelegenheit, sich über ihn hinweg aus seinen
Armen zu schlängeln, wobei ihr nackter Oberkörper sein Gesicht streifte und es
sie einige Überwindung kostete, den Kontakt einfach abzubrechen. In ihrem
Körper tobte ein Sturm, den er entfesselt hatte und den nur er zu beruhigen
vermögen würde.
Juno schwankte, da ihre Knie sie kaum zu halten vermochten. Mit leicht
geöffnetem Mund, dem sich schwere Atemzüge entrangen, sah sie auf ihn herunter
und hätte sich erneut auf ihn gestürzt, wenn nicht gerade an die Tür des
Zimmers geklopft worden wäre.
War die
Sonne bereits untergegangen?!
Juno hatte gerade noch Zeit, sich auf den Diwan zu setzen und sich eine weiche
Decke, die dort sorgfältig zusammengefaltet gelegen hatte, um die nackten
Schultern zu werfen, während sie ihr durcheinander geratenes Haar mit hastigen
Bewegungen aus dem Gesicht strich. Sie starrte ihren Kerkermeistern mit hoch
erhobenem Haupt entgegen, doch der bemüht hochmütige Ausdruck in ihrem Gesicht
entgleiste sofort, als zwei junge Mädchen, die voll beladene Tabletts auf ihren
Händen balancierten, in Begleitung von Devena Gwenaëlle den Raum betraten.
Trotzig schob sie die Unterlippe vor und senkte den Blick gen Boden, weil sie
das Entsetzen in den Augen der Tante nicht sehen wollte. Es würde keinem ihrer
Besucher entgehen, was sich hier eben noch abgespielt hatte. Ihre vermischten
Düfte lagen wie schwere Nebenschwaden in der Luft, als hätten sie sich gerade
noch heftigst geliebt.
Und Gott steh ihr bei! Genau das wollte sie mehr als alles andere. Auf einem Tisch wurden Essen und Erfrischungen arrangiert, als wären sie
tatsächlich nicht mehr als ein Paar, das sich gerade verbunden hatte. Die
Bediensteten eilten mit einem leisen Kichern davon, das Juno irritierte und
ihre Miene gleich noch abweisender werden ließ. Die dummen Hühnchen wussten
bestimmt nicht, dass die Sache hier um Leben und Tod ging.
Die Patrona trat vor sie und Juno bemerkte den kostbaren Stoff der offiziellen
Robe der Arbitra Omnia, an dem sie den Blick nach oben gleiten ließ, bis sich
ihre Blicke kreuzten. Die Devena lächelte mitfühlend besorgt und Juno spürte
heiße Wut in sich aufsteigen, weil sie das Mitgefühl nicht wollte.
„Nehmen Sie
ihn mit! Es ist nicht nötig, dass er hier eingesperrt wird! Das Urteil betrifft
nur mich!“, verlangte sie von der höher gestellten Frau, ohne mit der Wimper zu
zucken, weil sie sich im Angesicht des Todes nicht mehr um Standesregeln
scheren musste.
Die Patrona
zog die fein gezeichneten Augenbrauen ein wenig nach oben und bedachte sie mit
einem nachsichtigen Blick, um sich dann abzudrehen und neben Chadh zu knien,
der sich eben aufgerichtet hatte. In zärtlich mütterlicher Geste strich sie ihm
über den etwas durcheinander geratenen Haarschopf und seinen Arm entlang, bis
sie sein Handgelenk umspannte und mit der anderen Hand etwas aus einer verborgenen
Tasche ihres Umhanges zog.
„Flavia gab
mir auf mein Flehen hin nach… Ich darf dich von den Fesseln befreien, Murchadh…
Dich allerdings nicht aus diesem Raum entfernen wie groß die Versuchung für
mich auch sein mag. Ich musste dich sehen und dir versichern, dass ich alles in
meiner Macht Stehende tun werde, damit ich dich nicht verlieren muss. Ich bin
in Gedanken bei dir.“, flüsterte sie leise und gab ihm einen Kuss auf die
Wange, wobei ihr nicht entging, dass er an der Lippe das Mal eines frischen
Bisses trug.
Die Kinder machten es sich wirklich nicht leicht … Gwen musste ein
schweres Seufzen
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