Eine Sacerda auf Abwegen
Zügen trank. In purem Bewusstsein ihrer
Fähigkeiten hatte er gleichzeitig auf dem gemeinsam erreichten Höhepunkt eine
Hand über ihren Mund gelegt, damit sie nicht schreien oder nach dem ersten
Schock ihre Fähigkeiten entfalten konnte. Junos Körper wand sich in
gleichzeitigem Schrecken und siedender Lust, während Chadh einen Schluck nach
dem anderen aus ihrem Hals nahm. Sie hatte ja nicht ahnen können, was er
wirklich mit ihr vorgehabt hatte.
Die panikerfüllten Schläge auf seinem Rücken ließen nach und erschlafften
schließlich ganz. Chadh hob den Blick, um ihre Augen sehen zu können, deren
Lider nun nur noch zu einem schmetterlingsgleichen Flattern in der Lage waren,
weil er ihr bis auf einen winzigen, lebensnotwendigen Rest alle Energie geraubt
hatte. Sie war ohnmächtig. Tiefer noch als in der Krone der Freiheitsstatue und
diesmal würde er sie nicht mit sich nehmen. Im Gegenteil, er würde sie allein
gehen lassen. Und das nicht in den Tod. Juno würde leben. Er würde unter keinen
Umständen zulassen, dass sie diese Strafe über sich kommen ließ.
Langsam
richtete er sich auf. Sein Blick nicht mehr kalt sondern wehmütig und traurig.
Ob man jemanden vermissen konnte, wenn man tot war? Gab es dann einen Platz, an
den die Seele wandern konnte, um in Erinnerung an die Lebenden zu schwelgen? An
Juno würde er nur im Guten zurückdenken. In aufrichtiger Zuneigung. Das erste
Mal in seinem Leben bereute er seine Taten, während er die Hose wieder hochzog,
ohne die schlafende, derangierte Schönheit auf dem Tisch aus den Augen zu
lassen. Hoffentlich verzieh sie ihm diesen Hinterhalt. Und wenn nicht, dann war
es auch besser so. Dann würde sie nicht weinen und in ihrem Zorn viel eher die
Erkenntnis finden, sich aus falschen Motiven für ihn entschieden zu haben. Er
verdiente sie nicht. Er konnte sie nicht behalten. Ein freier Vogel gehörte
nicht in einen Käfig. Sie gehörte ans Meer auf ihren Leuchtturm, wo ihr Gesang
vom Wind davon getragen wurde und weit draußen auf dem Ozean Schiffe zum Kentern
brachte, obwohl weder Sturm noch Riff Gefahr kündeten. Wie ein Bräutigam seine
Braut auf den Armen haltend trug Chadh Juno zum Diwan und deckte sie dort zu,
wie er es schon einmal in seinem kleinen Apartment getan hatte. Sorgfältig.
Liebevoll. Damit sie nicht fror, obwohl sie in diesem Moment weder Wärme noch
Kälte spüren würde. Er verwehrte sich selbst einen letzten Kuss, der ihn nur
mit selbstsüchtigen Bedürfnissen füllen und seinen Entschluss trüben würde.
Dann wandte
er sich ab und der schweren, von außen verriegelten Tür zu.
“MACHT AUF!”, schrie er und donnerte kraftvoll mit seinen Fäusten dagegen.
“MACHT AUF! DIE NUNTIA HAT IHRE ENDGÜLTIGE ENTSCHEIDUNG GEFÄLLT! AUFMACHEN!
HOLT SIE RAUS! SIE HAT EINGESEHEN, DASS ES SINNLOS IST, FÜR MICH STERBEN ZU
WOLLEN!”
Das Blut Junos gab ihm nie gekannten Antrieb. Wenn er weiter so auf das Holz
einschlug, würden die kunstvollen Schnitzereien sicher irgendwann unter den
mächtigen Hieben absplittern. Chadh wollte sie hier raus haben und in
Sicherheit wissen. Bei ihrer Familie. Bei ihrer Tochter. Dort, wo sie
hingehörte und wo sie in Frieden leben konnte. Leben. Sein Herz krampfte
erneut, als er um ein weiteres Mal hartnäckig die Öffnung der Tür verlangte. In
dem Wissen, dass er sich gegen jede weitere Hilfe gesträubt und somit
Selbstmord begangen hätte, wenn sie sich tatsächlich für ihn geopfert hätte.
"MACHT
AUF! ES GEHT IHR SCHLECHT!", schrie er lauter, als immer noch nichts
geschah, obwohl draußen mit Sicherheit Wachen postiert waren, die für den Fall
des Falles eingreifen sollten, sofern sich die zwei Gefangenen gegenseitig an
die Kehle gingen.
"SIE BRAUCHT DRINGEND EUER PLASMA! - ICH HABE SIE ANGEGRIFFEN!"
Eine halbwahre Lüge aus seinem Mund, um die Mühlen da draußen schneller in Gang
zu bringen.
10. Die Kunst, einen Todesstoß zu versetzen
Kurz zuvor
in Europa
- Urien! Du
kommst sofort! Mina benötigt Rückendeckung! -, beorderte Manasses seinen
Gefährten energisch zu sich, wobei er sich scheinbar mühelos eines angreifenden
Mobs von Ghouls erwehrte, die sich zähnefletschend auf ihn und Mina stürzen
wollten. Ein Krieg zwischen Aryaner-Clans, die sich schon vor Jahrhunderten in
die zerklüfteten Highlands zurückgezogen hatten, hatte einige blutige Opfer
gefordert. Die Warrior konnten natürlich nicht zulassen, dass es weitere zivile
Opfer gab.
Mina kämpfte beinahe wie eine Kriegerin, auch wenn sie niemals
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