Eine Sacerda auf Abwegen
deren Stärke
erreichen würde. Zumindest nicht körperlich, das war ihr verwehrt. Tief in
ihrem Herzen war sie jedoch von jeher für den Kampf berufen, sie hätte sonst
niemals die Torturen des Grafen überlebt. So langsam sah er trotz all der
altmodischen Ansichten, die ihm zu Eigen waren, ein, dass er ihr diesen Weg nie
wieder versperren durfte.
- Ich muss gehen, Mina! Urien wird meine Stelle übernehmen. Du betonst doch
sonst so gerne, dass du völlig allein zurechtkommst und nicht mehr auf meinen
Schutz angewiesen bist. -
Mit einem
durchdringenden Schrei, das Schwert dabei über ihren Kopf schwingend
enthauptete sie gleich zwei der angreifenden Bestien, um dem dritten einen
Tritt in die Eingeweide zu verpassen, um ein wenig Zeit zu schinden.
- Geh nur… Ich mache mir hier einen spaßigen Abend mit meinen neuen Freunden! -
Manasses schnaubte leise, da der Humor seiner Partnerin oft genug zu wünschen
übrig ließ. Er hatte sich jedoch sagen lassen müssen, dass sie damit ganz auf
der Wellenlänge seiner Tochter lag. Manasses verschwand in den Schatten der
Nacht, sobald er die Präsenz seines Waffenbruders spürte, ohne sich mit
Begrüßung oder Abschied aufzuhalten.
Er
materialisierte sich über eine weite Strecke, die ihn über den Atlantischen
Ozean führte. Nur wenige Immaculate beherrschten diese Kunstfertigkeit, ohne
dabei den Tod zu riskieren. Theron Harpia zum Beispiel, obwohl er noch recht
jung dafür war. Es lag nicht an seinem Status als Anführer der Krieger. Sein
besonderes Erbe der erwählten Familie war der Grund für seine mentale
Stärke.
Über ein besonderes Erbe verfügte auch er. Das Haus der Faelis konnte seine
Wurzeln bis zu den Anfängen verfolgen. Im Gegensatz zu vielen anderen Familien
war die Fähigkeit des Formwandelns ihnen über den Lauf der Zeit hinweg erhalten
geblieben. Er selbst war mit seinen beinahe sechshundert Jahren der älteste
amtierende Warrior, was nicht besonders verwunderlich war, da Formwandler sehr
lange Zeit brauchten, um das Tier in sich wirklich zu ihrem Nutzen einsetzen zu
können.
Manasses legte nur einen kurzen Zwischenstopp in den Catskills ein, um sich
einen Augenblick zu orientieren. Er wollte keine weitere Zeit verlieren und war
mehr als überrascht, wohin ihn der Weg geführt hatte. Einen Wimpernschlag
später stand er genau vor der schweren Tür, gegen die gehämmert und getreten
wurde. Die beiden Wölfe davor zuckten alarmiert zusammen, reagierten aber zu
langsam für einen entschlossenen Krieger.
Nach dem Eingeständnis
eines Angriffs gab es kein Halten mehr und die Tür wurde krachend aufgestoßen.
Manasses zögerte nicht und donnerte dem zurücktaumelnden Jüngling mit bloßem
Oberkörper die Faust mitten ins Gesicht, die immer noch den Griff seines
bluttriefenden Schwertes hielt. Seine Augen glühten wie zwei feuerrote
Neonlichter, seine kräftige Statur füllte den Türrahmen beinahe aus, das scharf
gezeichnete Gesicht wurde noch dadurch betont, dass seine halblangen blonden
Haare im Nacken zusammengefasst waren. Er wirkte wie ein nordischer Rachegott,
dem sich kein Mann in den Weg stellen würde, der alle fünf Sinne beisammen
hatte.
Er überließ es den herbeistürzenden Wölfen, sich um den am Boden liegenden Mann
zu kümmern, weil er gerade die bewusstlose Frau, die auf dem Diwan gebettet
war, entdeckte, deren Lebenszeichen beängstigend schwach waren.
Manasses!
Endlich!
Komischerweise wusste Chadh noch vor der offiziellen Vorstellung, mit wem er es
zu tun hatte. Dessen Schlag traf ihn hart und, ohne gezielt zu sein, dort wo es
ordentlich weh tat. Für wenige Sekunden glaubte Chad, erneut den Geist seiner
Mutter zu sehen, bevor er die imaginären himmlischen Heerscharen, die um seinen
Kopf einen ohrenbetäubenden Chor anstimmten, abschüttelte. Genau wie die Hände
der herbei geeilten Wölfe, die ihn in Gewahrsam nehmen wollten. Das konnten sie
sich abschminken. Chadh würde Juno nicht mit diesem…diesem…
Wer ist hier der Wahnsinnige? Wer hat hier alles auf eine Karte gesetzt und
seinen Tod nur so herausgefordert? Hm?
Chadh spie auf den Boden. Blut, das aus seiner Nase über die Lippen in den Mund
gelaufen war. Es schmeckte immer noch nach Immortelle. Nach Juno. Nach den
Minuten der Leidenschaft, die sich nie mehr wiederholen würden. Trotzdem
bereute er seinen letzten gemachten Schritt nicht. Er würde höchstens kämpfend
und mit wehenden Fahnen untergehen. Wie ein Mann, nicht wie ein Feigling. Vor
dem Eindringling hatte er keine
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