Eine Sacerda auf Abwegen
die sich eigentlich nur auf
gewalttätige Auseinandersetzung mit Fäusten bezog. Er hatte nie ein Schwert,
eine Axt oder eine Schusswaffe besessen. Sich höchstens im Clinch die Waffen
des anderen angeeignet. Das würde heute nicht nötig sein. Er und Manasses
traten mit mehr oder weniger gleichgestellten Voraussetzungen in die Arena. Was
sie beide daraus machten, blieb jedem von ihnen freigestellt.
Der sandige Boden fühlte sich unter seinen nackten Füßen so hart an, als würde
unter einer dünnen feinkörnigen Schicht doch Beton zu finden sein. Spannung lag
wie ein Gewitterknistern in der Luft. Chadh warf einen kurzen Blick in Richtung
Zuschauertribüne, die voll besetzt war. Dass Juno unter ihnen war, entging ihm
nicht, obwohl er sie gar nicht deutlich sah sondern sich gleich wieder auf
seinen Gegner konzentrierte, der von der anderen Seite auf ihn zugelaufen kam.
Hier jetzt unbeherrscht drauf loszuschlagen und einen Fehler zu machen, konnte
er sich nicht erlauben. Er kämpfte hier schließlich nicht für sich selbst,
sondern für seine Frau. Um ihre Ehre und darum, dass sie hier bei ihrer
Familie bleiben konnte. An seine eigene, die direkt neben Juno saß, dachte er
lieber nicht.
Sie trafen sich an der Wand mit den Lanzen. Jeder legte die Hand an die Waffe
seiner Wahl und wartete auf die Freigabe des Kampfes. Manasses oben, Chadh
unten. Der Krieger war in höchstem Maße eindrucksvoll und Chadh wäre ein Narr
gewesen, zu glauben, ihn einfach besiegen zu können. Es würde schließlich nicht
nur ein Kampf bis aufs Blut werden und Manasses hatte mehr zu verlieren als
Chadh.
Die
Schatzmeisterin des Orakels erhob sich und gab in der gebieterischen Anmut
eines Cäsaren die Waffen frei. Beide Kontrahenten griffen danach, wichen ein
paar Schritte voreinander zurück, taxierten einander mit Blicken. Die Mienen
unbewegt und starr. Keiner wusste, was der andere dachte. Keiner würde sich die
Blöße geben, mit der kleinsten Regung zu verraten, wann der erste Schlag
ausgeführt werden würde.
Atemlose Stille herrschte in der gesamten Arena. Während die zwei Kämpfenden
umeinander herumschlichen wie die wilden Katzen, die in ihnen steckten.
Manasses erwies sich als sehr geschickt im Präsentieren der Waffe, die er wie
ein Tambourmajor herumwirbelte, um Chadh einzuschüchtern, während dieser seine
Lanze hielt, als wollte er einen Fisch im Wasser erstechen. Der erste Hieb
erfolgte rasch und kaum sichtbar für das menschliche Auge. Chadh spürte die
Vibration des Holzes, die von seinen Händen durch beide Arme bis in die
Schultern ging. Instinktiv hatte er die Stange hochgerissen und hielt sie immer
noch auf Kopfhöhe, obwohl Manasses schon mit einem leicht spöttischen Kräuseln
seiner Lippen zurückgewichen war.
Die Sonne schien sehr hell für einen Herbsttag vom Himmel. Beinahe wie ein
Scheinwerfer, der den Kampfplatz bis in den kleinsten Winkel ausleuchtete,
damit einem kein Detail entging. Den nächsten Schlag vollführte Chadh. Aber er
kam nicht einmal annähernd in die Nähe seines Gegners, der sofort konterte und
ihn ins Aus zu drängen drohte. Chadh musste sich wirklich Mühe geben, um nicht
schon nach wenigen Minuten zu verlieren. Also ließ er dem Tier in sich ein
wenig freien Lauf, ohne dass die Umwandlung vollzogen wurde. Er brauchte nur
ein gewisses Maß an Aggressivität, das schnell in Verbissenheit und Schweiß
umschlug, der ihm in Strömen vom Körper rann, je länger der Kampf andauerte.
Manasses schien dagegen die Ruhe selbst. Chadh fletschte die Fangzähne,
parierte mit einem Mal gekonnt mit der Lanze, als hätte er nun verstanden, wie
dieses Spiel lief und schaffte tatsächlich den ersten Schnitt mit der Klinge.
Aus einem kleinen Schnitt am Bizeps von Manasses tropfte Blut. Im Publikum
wurde leise und höchst überrascht gemurmelt. Doch für Freude daran blieb keine
Zeit. Manasses schien erst warm gelaufen zu sein und das, was nun auf den
kleinen Jungen, der gewagt hatte ihn herauszufordern, an Schlägen und Hieben
herunter prasselte, war nicht von dieser Welt und drängte Chadh mehr und mehr
in die Defensive.
Die
Inszenierung war Manasses höchst zuwider, da er sich zu sehr an seine
Auseinandersetzung mit Jagannatha erinnert fühlte. Dabei hatte weit mehr auf
dem Spiel gestanden als heute. Für ihn war das nicht mehr als ein spielerisches
Aufwärmen, das er sonst mit diversen Nachkommen seiner Schwestern abhielt, die
weit jünger waren als Murchadh aus dem Hause Fontanus, dem verlorenen Sohn der
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