Eine Sacerda auf Abwegen
gegenüber gestellt zu sehen, die sich am Türrahmen
abstützte.
„Entschuldige
bitte… Ich wusste nicht, wie viele Stufen es tatsächlich hier nach oben geht…
Ich will auch nicht lange stören.“, begann Sid unsicher und heftete ihre von
Besorgnis umflorten Augen auf das Gesicht ihrer Mutter, dessen Ausdruck ihr
seltsam gelöst vorkam, obwohl sie doch gerade durch die Hölle gegangen sein
musste.
Nico hatte ihr verboten, sich unter die Zuschauer in der Arena zu begeben, weil
es nicht gut in ihrem Zustand wäre, sich dermaßen aufzuregen. Malcolm war
natürlich auf ihrer Seite gewesen und das Argument, dass Nico auch schwanger
war, zählte nicht, weil Sid aufgrund ihres Menschseins doch schwächer in ihrer
Konstitution war, auch wenn es nicht danach aussah.
Juno nahm das
Mädchen einfach am Arm und führte sie zu einem Stuhl, damit sie sich von der
körperlichen Anstrengung, die Stufen in unnötiger Hast erklommen zu haben,
erholen konnte. Sie sollte nach der gestrigen Erfahrung bestimmt nicht auf den
Beinen sein.
„Du störst nicht, Sidonie.“, versicherte Juno ihr sofort, auch wenn ihr Herz
nervös flatterte. Sie hatte irgendwie verlernt, sich offen und aufgeschlossen
zu zeigen.
Sid verlor
ein bisschen die Nerven, weil sie damit gerechnet hatte, ihre Mutter am Boden
zerstört vorzufinden. Es erleichterte sie ungemein, dass sie eigentlich gesund
und munter aussah, aber dennoch hatte sie damit nicht gerechnet und war vor
Sorgen außer sich gewesen, ihre Fantasie konnte eben immer noch Kapriolen
schlagen. Tränen schossen ihr in die Augen und rannen aus ihren Augenwinkeln.
„Es tut mir leid… Ich wollte nur sicher gehen, dass es dir gut geht… Niemand
wollte mir genau erklären, was mit euch passiert. Ich habe nur von einem der
Mädchen aufgeschnappt, dass es einen Kampf in der Arena geben wird… Ich
verstehe die Bestrafung nicht ganz… Chadh hat uns doch das Leben gerettet! Und
du meines!“
Sid rang die Hände im Schoß und erinnerte Juno an sich selbst, was sehr
unheimlich war, weil es ihr vorkam, als würde sie in einen Spiegel sehen und
die verbesserte Form von sich darin erblicken.
Juno ging
neben ihrer Tochter in die Hocke und umfasste deren Hände in einer beruhigenden
Geste, die man noch nicht mütterlich nennen konnte.
„Sie war verdient, Sidonie! Und dem Vergehen angemessen. Es hatte nichts mit
der Rettung zu tun… Wir haben beide Fehler gemacht und mussten dafür gerade
stehen, so haben wir die Möglichkeit erhalten, einen Neustart zu wagen. Ich
kann mich auch als Nuntia nicht einfach über bestehende Gesetze hinweg setzen.
Mach dir bitte keine Sorgen mehr. Die Bestrafung war umso wirksamer, weil ich
Murchadh erwählt habe… Der Skarabäus hat ihn mir enthüllt.“
„Oh!
Wirklich?“ Sid starrte Juno freudig überrascht an und spürte einen Anflug von
Röte in ihre Wangen schießen, da sie ja wusste, wie heftig diese Enthüllung
sich gestalten konnte. Oder war sie noch heftiger, wenn beide Beteiligten Immaculés waren?
„Du
empfindest das hoffentlich nicht als Affront deinem Vater gegenüber? Er wird
immer einen besonderen Platz in meinem Herzen einnehmen. Ich kann dir gar nicht
sagen, wie sehr ich es bedaure, ihn nicht um Vergebung für mein damaliges
Verhalten bitten zu dürfen… Also entschuldige ich mich direkt bei dir. Egal,
welche Erfahrungen ich damals gemacht habe, es war mein Entschluss, mich gegen
die neue Welt zu sperren, der dazu führte, deinem Vater unter den falschen
Voraussetzungen zu begegnen. Ich werde nicht sagen, dass ich es anders machen
würde, könnte man die Zeit zurück drehen, weil du aus dieser Verbindung
entstanden bist. Ich weiß nicht, ob ich dir jemals eine Mutter sein kann,
Sidonie… Aber ich werde mich darum bemühen, dir eine Vertraute zu werden, auch
wenn ich nicht beständig in den Staaten leben werde.“
Juno war selbst am meisten überrascht, wie leicht ihr diese Worte über die
Lippen kamen, die ihre Tochter großherzig und voller Freude annahm.
„Papa hätte
es dir bestimmt verziehen. Seine harte Schale konnte die Menschen leicht
täuschen, aber sein Herz war butterweich. Ich glaube fest daran, dass er die
übernatürliche Erklärung akzeptiert hätte. Ich… ich brauche wirklich eine
Vertraute…“
Sid stockte einen Moment und sah in Richtung Balkon, wo sie einen Schatten
entdeckte, der sich nicht schnell genug nach draußen zurückzog. Sie sprang auf
und ging auf den ihr eigentlich noch völlig fremden Mann zu, dessen eisig blaue
Augen
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