Eine Sacerda auf Abwegen
leiden,
ihre Augen loderten noch nach, während sie die Schultern ihres Bruders umfasst
hielt.
Sie hatte also als Erste gesiegt, Nico hatte nichts anderes erwartet. Sie
fragte sich, wohin es die anderen verschlagen hatte und mit welchem Gegner sie
es zu tun hatten. Luft und Wasser… Da gab es unzählige verstörende
Möglichkeiten.
° ° °
Auf den Aufprall mit dem Wasser war Awendela irgendwie nicht vorbereitet
gewesen. Sie hatte Tiponi dank ihres einst geschlossenen Blutbundes schwach
orten können, jedoch nicht wie bei einem GPS, bei dem man nicht nur das
gesuchte Objekt erfassen konnte sondern noch eine direkte Auskunft über den
derzeitigen Aufenthalt.
Somit stürzte Nathans Tochter ziemlich unsanft in die Fluten des riesigen Sees
auf dem Anwesen des Orakels und wurde vom Gewicht ihrer Waffe auf dem Rücken
tiefer unter Wasser gezogen, als zur ersten Orientierung gut für sie war. Dies
und die Schwärze um sie herum, nahmen ihr den Atem und kaum hatte sie es
geschafft, den ersten Anflug von Panik in sich zu unterdrücken, traf sie schon
der erste Schlag ihres Gegners direkt ins Kreuz.
Niemand hatte gesagt, es würde leicht werden.
Sie musste zurück an die Oberfläche, um sich so schnell wie möglich
zurechtzufinden. Mittlerweile hatte sie wenigstens ihre Augen öffnen können,
doch unter Wasser war es noch finsterer als darüber. Sie sah nichts außer
tanzenden Schatten und ein riesiges Etwas, das… Der nächste Schlag, diesmal von
vorne, folgte und sie wurde schneller an die Luft befördert als ihr lieb war.
Auf dem Hals
eines riesigen, echsenartigen Schlangenfabelwesens mit… Wendy stockte der Atem
diesmal nicht, weil Flüssigkeit in ihrer Lunge war, sondern weil sie der
folgende Anblick, der einer neunköpfigen Hydra, schier aus den Socken gehauen
hätte, würde sie welche tragen. Wendy krallte sich in den mit dicken Schuppen
und schartiger Hornhaut besetzten Hals und versuchte, während des schaukelnden,
achterbahngleichen Aufstiegs an die Oberfläche und darüber hinaus, das
Gleichgewicht zu halten. Die Bestie brüllte, tobte und schüttelte sich mit
ohrenbetäubendem Lärm. Zusammen mit dem sprudelnden Wasser und der weisen
Voraussicht eines weiteren nahenden Bades, war es wirklich schwer, sich zu
konzentrieren. Und wo war Tiponi?
Wendy richtete sich, soweit es Schwert und Hydra zuließen, auf. Sie saß auf
einem der äußeren Köpfe und spähte mit rotglühenden Augen in die Dunkelheit. So
gut es ging und ohne sich von den ebenfalls rot aufflammenden Blicken, mit
denen die Hydra ihr zur Herausforderung zu antworten schien, für den Moment
irritieren zu lassen oder darüber nachzudenken, dass sie hier von einem
schwimmendem Etwas, das größer war als ein Einfamilienhaus, weiter auf einem
Hals, der mehrere Meter lang war, durch die Luft geschleudert wurde. Auf einem
der weit von ihr entfernt liegenden Hälse konnte sie einen hügelhaften Schemen
ausmachen. Ein Hügel, der zum Umriss eines Menschen wurde. Tiponi!
Awendelas Blick wurde verbissen und ein neuer Funken voll ehrgeizigem
Siegeswillen und Kampfeslust flammte in ihr auf. Das Wasser war egal. Es würde
ihr nichts tun. Die Hydra dagegen war ein ganz anderes Kaliber und es musste
ganz schnell ein Plan her, wie man ihr den Garaus machen konnte.
“Denk nach,
Wendy, denk nach!”
Sie konzentrierte sich. Auf den Rhythmus des Monsters, ein Stück weit auf sich
selbst und die Mission, die sie als zukünftige Kriegerin und Mitglied der
Quadruga erfüllen musste. Ihr Vater hatte einst vor derselben Aufgabe
gestanden. Aber darüber nachzudenken, wie er sie wohl gelöst haben könnte, war
unmöglich. Ihr blieb nur wenig Zeit, das wusste sie. Die Entführung der anderen
Krieger außerhalb der inneren Vier war systematisch und gezielt erfolgt.
Sicherlich konnte man die Sache als Lappalie und Showprogramm abtun, mit denen
man den vier zu Prüfenden Angst machen wollte, aber Wendy glaubte irgendwie zu
ahnen, dass Tiponi tatsächlich ihretwegen sterben würde, wenn sie nicht alles
gab und dies nach bestem Wissen und Gewissen. Das hier war kein Spiel sondern
tödlicher Ernst.
Mit einem wilden Kampfschrei auf den Lippen, stützte sie sich mit den Händen
fest am Hals ab und richtete sich mit einer fließenden Bewegung auf dem
zuckenden Ding auf. Bevor sie losließ und sich freihändig in den Kampf begab,
musste sie sich erst wieder ein paar Sekunden an das Schaukeln gewöhnen. Die
Köpfe der Hydra spien ätzende Nässe auf sie herab. Die Tropfen, die
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