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Eine schwimmende Stadt

Eine schwimmende Stadt

Titel: Eine schwimmende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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der sich langsam am äußersten Ende des Verdecks hin und her bewegte. Nach dieser kaum sichtbaren Gestalt hatte Fabian geblickt, und jetzt flüsterte er uns traurig lächelnd zu:
    »Die schwarze Dame!«
    Ich bebte unwillkürlich zusammen. Hauptmann Corsican ergriff mich am Arme, und ich fühlte, daß auch er zitterte. Derselbe Gedanke war im selben Augenblick uns Beiden gekommen: Dieser Schatten war die Geistererscheinung, von der Doctor Pitferge gesprochen hatte.
    Fabian war wieder in seine Träumerei zurückversunken, und ich schaute weit vorgebeugt, mit wirrem Blick auf die kaum verwischte, menschliche Gestalt, die sich dort vor unsern Augen hin und her bewegte und, je länger wir hinsahen, umso deutlicher von der Dunkelheit ringsumher abzeichnete. Sie glitt näher heran, blieb zögernd stehen, ging weiter, und das Alles unhörbar und mehr schwebend als wirklich schreitend. Eine irrende Seele! Etwa zehn Schritte von uns entfernt blieb sie regungslos stehen, und ich konnte die Gestalt einer schlanken, in eine Art engen, dunklen Burnus gehüllten Frau unterscheiden, ihr Gesicht war von einem dichten Schleier verhüllt.
    »Eine Wahnsinnige? nicht wahr?« flüsterte Fabian leise vor sich hin.
    Sie war wirklich wahnsinnig, aber Fabian hatte uns nicht gefragt, er sprach nur zu sich selbst.
    Unterdessen näherte das arme Geschöpf sich uns mehr und mehr; ich glaubte ihre glänzenden Augen unter dem Schleier zu erkennen; jetzt schauten sie mit festem, starrem Blick auf Fabian; sie ging bis unmittelbar zu ihm heran und legte plötzlich, unerwartet ihre Hand auf sein Herz. – Wenige Augenblicke tiefen Schweigens – es war, als ob sie die Schläge seines Herzens zählte – dann wandte sie sich eilig und verschwand durch die Hinterthür des großen Verdeckzimmers.
    Fabian brach außer sich zusammen; er streckte die Hände nach ihr aus und wäre fast in die Knie gesunken.
    »Sie!« flüsterte er.
    Dann schüttelte er wieder, wie zweifelnd, den Kopf und fügte hinzu:
    »Es muß eine Sinnestäuschung sein!«
    Corsican versuchte, ihn wieder aufzurütteln:
    »Komm, Fabian«, rief er, ergriff ihn an der Hand und nahm seinen unglücklichen Freund mit sich fort.
Zwanzigstes Capitel.
Ellen. – Die Lootsen-Pause. – Der Mormonen-Prediger.
    Für Corsican und mich war kein Zweifel mehr möglich, wir hatten Ellen, die Verlobte Fabian’s, die Frau Harry Drake’s gesehen. Wie wunderbar, daß diese drei Personen hier vom Schicksal zusammengewürfelt waren! Und doch, obgleich Fabian sie einen Augenblick wiederzuerkennen meinte, hatte er ihre Erscheinung gleich darauf für ein Phantasiegebilde gehalten und glaubte nicht an ihre Gegenwart. In einer Beziehung aber täuschte er sich nicht; er hatte gerufen: »Eine Wahnsinnige!« und irrsinnig war sie. Schmerz und Verzweiflung über ihre getödtete Liebe, über ihre Verbindung mit dem unwürdigen Mann, der sie Fabian entrissen, der gänzliche Einsturz ihres Glücks hatten den armen Geist gestört.
    Am andern Morgen sprach ich hierüber mit Hauptmann Corsican; über die Indentität der jungen Frau war auch er im Klaren, es war Ellen, die von ihrem Gatten nach dem amerikanischen Continent geschleppt wurde, und die er auch dort in sein abenteuerliches Dasein mit verflechten wollte. Des Hauptmanns Blick flammte düster auf, als er hieran dachte, und auch ich fühlte, wie mein Herz sich bei dieser Erwägung wild aufbäumte. Was vermochten wir Beide gegen den Gatten, ihren Gebieter? – Nicht das Geringste!
    Wenn Fabian Ellen wiedersah, würde er jedenfalls seine Verlobte erkennen und die Katastrophe herbeiführen, die wir so gern vermieden hätten.
    Jedenfalls also mußte es unser Bestreben sein, ein neues Begegniß zwischen ihnen zu verhindern. Es schien jedoch, als sei ein Wiedersehen der beiden unglücklichen Menschen nicht zu befürchten; Ellen erschien weder während des Tages noch am Abend auf dem Verdeck oder in den Salons; nur in tiefster Nacht mochte sie ihrem Kerkermeister entrinnen, um ihr armes Haupt in feuchter Luft zu baden und in dem kühlen Seewinde Linderung ihres Geschicks zu suchen.
    In vier Tagen spätestens mußte der Great-Eastern das Fahrwasser von New-York erreicht haben, und so konnten wir uns der Hoffnung hingeben, daß der Zufall unsere Pläne nicht vereiteln, und Fabian über Ellen’s Gegenwart auf dem Schiffe in Unwissenheit bleiben würde. Diese Annahme sollte sich jedoch als trügerisch erweisen.
    Das Dampfschiff hatte seine Richtung während der Nacht etwas

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