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Eine schwimmende Stadt

Eine schwimmende Stadt

Titel: Eine schwimmende Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Bewegungen in der Minute gemacht. Wetten Sie auf ihn, Sie werden es nicht zu bereuen haben.«
    Ich folgte wirklich seinem Rath und wettete auf Wilmore. Die vier Läufer außer den Genannten standen nicht in Frage.
    Die Plätze wurden nun verloost, und der Irländer hatte das Glück’ die Zielleine zu bekommen. Die sechs Renner stellten sich in eine Linie an der Grenze des Pfahls auf, und so war kein falscher Ablauf zu befürchten, was das Amt des Commissars sehr vereinfachte.
    Das Signal wurde gegeben, und ein Hurrah begleitete den Ablauf. Die Kenner bemerkten augenblicklich, daß Wilmore und O’Kelly Schnellläufer von Profession waren, denn ohne sich auch nur im Mindesten um ihre Nebenbuhler zu kümmern, die ihnen mit aller Anstrengung vorauseilten, liefen sie mit vorgebeugtem Oberkörper, aber gerade aufgerichtetem Haupt, den Oberarm an’s Brustbein gedrückt und die Handwurzeln leicht nach vorn gebogen, vorwärts, und begleiteten jede Bewegung des entgegengesetzten Fußes mit einer entsprechenden Bewegung der Hände. Sie waren barfuß, und ihre Ferse, die übrigens nie den Boden berührte, ließ ihnen die nothwendige Elasticität, um die angesammelte Kraft zu bewahren. Kurz, alle Bewegungen ihrer Gestalt entsprachen und vervollständigten einander.
    Schon bei der zweiten Tour hatten O’Kelly und Wilmore, die immer auf derselben Linie blieben, ihren Gegnern, deren Athem bereits kurz geworden war, den Rang abgelaufen. Sie bewiesen mit Evidenz den Grundsatz des Doctors:
    »Man läuft nicht mit den Beinen, sondern mit der Brust! Feste Kniekehlen, und gut auf den Beinen sein ist eine schöne Sache, aber eine gute Lunge gilt mehr!«
    Bei der vorletzten Wendung begrüßten die Rufe der Zuschauer von Neuem ihre Lieblinge; von allen Seiten flogen ihnen Aufmunterungen, Hurrahs und Bravos zu.
    »Der Kleine wird gewinnen, er hat noch seinen vollen Athem, sagte Pitferge. Sehen Sie nur, wie der Große keucht!«
    Wirklich sah Wilmore, wenn auch blaß, doch ganz ruhig aus, während O’Kelly schon dampfte wie ein feuchtes Strohfeuer. Er war, um einen Kunstausdruck der Sportsmen zu gebrauchen, »
au fouet
«, hielt sich jedoch noch immer mit Wilmore in derselben Linie.
    Endlich waren sie an den großen Gesellschaftssaal gelangt, dann kamen sie an das Shine-Light der Maschine und nun zum dritten Mal an den Pfahl.
    »Hurrah! Hurrah! Wilmore! riefen die Einen.
    – Hurrah! O’Kelly! die Anderen.
    – Wilmore hat gesiegt!
    – Nein, sie kamen Beide zusammen an.
    – Wilmore hat gewonnen, wenn auch höchstens um eine halbe Kopflänge«, entschied der sehr ehrenwerthe Mac Karthy. Viele jedoch wollten sich mit diesem Ausspruch nicht zufrieden geben und ergingen sich in Discussionen und derben Worten. Die Anhänger des Irländers, und unter ihnen ganz besonders Harry Drake, behaupteten, daß man es mit einem unentschiedenen Wettlauf, einem »Dead Head« zu thun habe, und verlangten, daß das Rennen noch einmal beginnen solle.
    In diesem Augenblick bemerkte ich, wie Fabian sich, wahrscheinlich von einer unwillkürlichen Bewegung hingerissen, Harry Drake näherte und in kaltem Tone sagte:
    »Sie sind im Unrecht, mein Herr, der schottische Matrose hat gesiegt.«
    Drake trat heftig an Fabian heran:
    »Was beliebt Ihnen? fragte er.
    – Ich sage, daß Sie im Unrecht sind, antwortete Fabian ruhig.
    – So? schrie Drake roh auflachend, wahrscheinlich weil Sie auf Wilmore gewettet haben!
    – Ich habe, wie Sie, auf O’Kelly gewettet und werde natürlich bezahlen, was ich verloren habe, entgegnete Fabian.
    – Herr, unterstehen Sie sich, mich hier zu belehren?« rief Drake wüthend, aber er vollendete seine Worte nicht; Hauptmann Corsican war bereits zwischen ihn und Fabian getreten, um den Streit auf eigene Rechnung weiter zu führen, und behandelte Drake mit der größten Verachtung und dem unzweideutigsten Hohn.
    Augenscheinlich jedoch wollte der Raufbold nichts mit Corsican zu thun haben, denn als dieser mit gekreuzten Armen vor ihm stand, wandte sich Drake an Fabian und sagte mit boshaftem Lächeln:
    »Der Herr hat wohl seine Freunde nöthig, um sich zu vertheidigen?«
    Fabian erbleichte und wollte auf Harry Drake zustürzen, aber ich hielt ihn mit aller Kraft zurück, während auf der anderen Seite Drake von seinen Spießgesellen fortgezogen wurde, nachdem er noch einen Blick des wüthendsten Hasses auf seinen Gegner geschleudert hatte.
    Archibald Corsican, Fabian und ich gingen miteinander hinab, und als wir uns trennten, sagte

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