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Eine skandalöse Lady

Eine skandalöse Lady

Titel: Eine skandalöse Lady
Autoren: Teresa Medeiros
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ihr den Mut zu entgegnen: »Ich spreche nicht davon, das Frankenstein-Monster in einen guten Menschen zu verwandeln. Ich rede davon, einen Mann zu verteidigen, der fälschlicherweise des Mordes an der Frau beschuldigt wird, die er mehr als das Leben selbst geliebt hat.«
    Obwohl es Lottie gelang, die Worte auszusprechen, ohne eine Miene zu verziehen, schnitten sie ihr doch wie eine scharfe Klinge ins Herz.
    Mit einem tonlosen Fluch ging Hayden ein paar Schritte zum Rand der Klippe, blieb stehen und schaute auf die Wellen mit den weißen Schaumkronen. Sein Profil war so starr wie der Himmel.
    Lottie trat zu ihm. »Alles, was ich brauche, um deinen Namen reinzuwaschen, ist die Wahrheit über Justines Tod. Du hast den Behörden erzählt, es sei ein Unfall gewesen. War sie von Laudanum berauscht? Ist sie aus dem Haus gegangen und hat sich im Nebel verlaufen? Ist sie über den Saum ihres Kleides gestolpert? Du musst mir nur sagen, was in jener Nacht auf der Klippe geschehen ist. Lass dir doch von mir das glückliche Ende geben, das du verdienst.«
    Sie griff nach seinem Arm und glaubte, dass, wenn sie ihn berührte, sie auch zu ihm vordringen könnte. Nach der letzten Nacht weigerte sie sich zu glauben, dass Hände, die zu solch köstlicher Zärtlichkeit in der Lage waren, eine wehrlose Frau in den Tod gestoßen haben konnten.
    Als sie mit den Fingerspitzen seinen Ärmel streifte, fuhr er jäh herum und packte sie bei den Schultern, seine Hände hart und rücksichtslos, als er sie mit dem Rücken zum Kliff drehte. »Du sagst, du willst die Wahrheit hören, Mylady, aber was, wenn die Wahrheit für keinen von uns beiden ein glückliches Ende möglich macht? Was dann?«
    Während sie mit den Absätzen ihrer Schuhe nach Halt in dem losen steinigen Boden suchte und dabei mehrere Steine in den Abgrund hinter sich stieß, wich Lottie vor ihrem Ehemann zurück, von der Düsterkeit in seinen Augen erschreckt. Sie bereute es augenblicklich, doch es war zu spät. Jene allzu vertraute Maske resignierter Erschöpfung hatte sich bereits wieder über seine Züge gelegt.
    Nachdem er sie von der Klippe fortgezogen hatte, ließ Hayden sie los und glättete die Falten, die sein Griff an ihren Ärmeln hinterlassen hatte. »Kehr mit Ned zurück nach London, Lottie, und schreib deine Geschichte zu Ende«, erklärte er brüsk. »Verschaff deinem Herzog das grausame Schicksal, das er verdient. Rette deine närrische Heldin aus seinen Klauen und gib ihr einen Helden, der ihrer Zuneigung und Achtung würdig ist. Aber bitte verlange nichts von mir, was ich, verflixt noch mal, nicht geben kann.«
    Mit diesen Worten drehte Hayden sich um, ging zum Haus und ließ Lottie zurück, die immer noch die Seiten ihres Manuskriptes umklammerte.
    Der Tag, an dem Lottie Oakwylde Manor verließ, glich dem ihrer Ankunft. Bleierne Wolken hingen über dem Moor, während ein kalter Wind die See mit weißen Schaumkronen versah. Wäre nicht der zarte grüne Schleier über den Hügeln, Büschen und Bäumen gewesen, hätte Lottie durchaus meinen können, dass der Frühling nicht mehr als ein Traum gewesen war, so schön und flüchtig wie die Nacht, die sie in Haydens Armen verbracht hatte.
    Obwohl die Dienstboten sich an der Auffahrt aufgestellt hatten, um sie zu verabschieden, waren weder Allegra noch Hayden zu sehen. Während Meggie sich die Augen mit ihrer Schürze betupfte, stand Giles steif da, die Krawatte gestärkt, die Mundwinkel trübsinnig nach unten gebogen. Als Martha zu schnüffeln begann, holte Mrs. Cavendish ein Taschentuch aus ihrer Tasche und reichte es ihr, den Mund zu einer dünnen Linie zusammengepresst, in den Augen ein verdächtiges Glitzern.
    Ned geleitete Harriet und Lottie zu seiner wartenden Kutsche, aber selbst ihm fiel keine lustige Bemerkung ein, um die Stimmung aufzuheitern. Er half Harriet gerade in die Kutsche, als Allegra um die Hausecke gerannt kam, eine leicht hinkende Miss Terwilliger auf den Fersen. Zu Lotties großer Erleichterung hatte die mürrische alte Gouvernante beschlossen zu bleiben, da ihr junger Schützling sie nun dringender brauchte als zuvor.
    Allegra kam stolpernd vor Lottie zum Stehen, Lotties alte Puppe fest umklammert. »Hier«, verkündete sie und drückte sie Lottie in die Arme. »Nimm du sie.« Die Stimme des Mädchens klang erstickt, was Lottie verriet, wie sehr sich Allegra bemühte, nicht zu weinen. »Ich will nicht, dass du allein bist.«
    Zärtlich strich Lottie über eine versengte Locke auf dem Puppenkopf,
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