Eine skandalöse Lady
gewesen, ob sie zerknitterten oder Risse bekamen.
Wenn Hayden sie nicht gefunden hätte, säße sie vielleicht gerade jetzt auf Oakwylde in den Räumen der Hausherrin und wartete darauf, dass ihr Ehemann kam und seine Lust an ihr stillte. Lottie schloss einen Moment lang gequält die Augen, wusste, dass Haydens geschickte Hände und seine findigen Lippen dafür gesorgt hätten, dass seine Lust auch die ihre wäre.
Sie schlug die Augen auf und schaute auf das Manuskript. Ihr brillantes Werk schien ihr nun nicht mehr als die verworrenen Phantastereien eines verzogenen Kindes, dem man gesagt hatte, sein Gekritzel sei ein Meisterwerk. Als sie durch die Seiten blätterte, verfolgte sie Haydens samtig raue Stimme viel schlimmer als ein Gespenst.
Die Geschichte ist zu weit fortgeschritten, um den Heimtückischen Herzog noch zu reformieren, meinst du nicht?
Dazu ist es nie zu spät,
hatte sie erwidert.
Nicht, wenn es jemanden gibt, der an ihn glaubt.
Aber sie hatte nicht an ihn geglaubt. Niemand hatte das. Nicht die Klatschblätter, nicht die Gesellschaft und noch nicht einmal seine eigene Tochter. Und sie selbst hatte sich als nicht besser entpuppt, als sie von ihm verlangte, die Wahrheit zu hören, obwohl sie sie in ihrem Herzen schon lange kannte.
Plötzlich begriff Lottie, warum die Aufmerksamkeit ihrer Familie ihr so unangenehm gewesen war. Sie verdiente ihr Mitleid genauso wenig wie Hayden ihre Verachtung. Sie hatte genauso viel Schuld an ihrer Trennung wie er.
Und sie wusste auch, was sie nun tun musste. Sie raffte die Blätter zusammen. Nie hatte sie absichtlich auch nur eine Zeile von etwas zerstört, das sie geschrieben hatte, doch jetzt zögerte sie keine Sekunde, als sie sich vom Bett erhob und zum Kamin schritt. Sie drückte die Seiten den Bruchteil einer Sekunde lang an ihr Herz, dann bückte sie sich und warf sie in die tanzenden Flammen.
Sie blieb nicht stehen, um zuzusehen, wie sie verbrannten. Stattdessen kehrte sie zu dem Schreibset zurück und zog ein leeres Blatt Papier heraus, einen Federhalter und ein neues Tintenfläschchen. Den Kasten des Sets als behelfsmäßige Unterlage benutzend, machte sie es sich in den Kissen bequem und begann zu schreiben. Ihre Hand glitt wie beflügelt über die Seiten.
»Was, zum Teufel, treibt sie da oben?« Sterling stand da, die Hände in den Hüften, und schaute finster zur Decke des Empfangssalons. »Bis in die frühen Morgenstunden das Licht brennen lassen, sich wie eine Putzfrau kleiden und alle Mahlzeiten in ihrem Zimmer einnehmen.«
»Wenigstens isst sie«, bemerkte Laura von ihrem Platz auf dem Sofa aus und strich ihre Stickarbeit glatt. »Cookie schwört, jedes Tablett kommt bis auf den letzten Krümel leer gegessen in die Küche zurück.«
»Um ihren Appetit mache ich mir keine Sorgen, sondern um ihre Gemütsverfassung. Sie ist seit fast zwei Monaten zurück in London und hat nicht eine einzige Teegesellschaft oder Soiree besucht. Dem armen George ist so langweilig davon, Miss Dumwinkle zu unterhalten, dass er sich die Haare ausreißen könnte. Oder ihr. Trotzdem weigert sich Lottie, das Haus zu verlassen, und der einzige Besucher, den sie empfangen will, ist dieser Schurke Townsend.« Ein gequältes Stirnrunzeln verdüsterte seine Miene. »Sie hat nie ein Wort darüber verloren, warum Oakleigh sie fortgeschickt hat. Meinst du, es wäre möglich …«
»Nein, auf keinen Fall.« Laura stach die Nadel mit sicherer Hand durch den Stoff. »Und du solltest sie auch nicht fragen. Lotties Launen sind vielleicht wechselhaft, aber ihr Herz ist nie wankelmütig gewesen.«
»Wenn ich gewusst hätte, dass der Schuft sie gebrochen nach Hause schicken würde, hätte ich ihn auf der Stelle erschossen.« Er fuhr sich mit einer Hand durchs lohfarbene Haar und seufzte. »Ich weiß nicht, wie viel länger ich diese Geheimnistuerei noch aushalte. Ich wünschte, sie würde sich uns anvertrauen.«
Laura erhob sich und hakte sich zärtlich bei ihm unter. »Hab Geduld, Liebster«, sagte sie und warf selbst einen ratlosen Blick zur Decke. »Vielleicht tut sie das gerade.«
»Tante Lottie! Tante Lottie!«
Lottie legte ihren Stift zur Seite und seufzte. Sie konnte den Rest der Welt aussperren, während sie arbeitete, aber es war schlicht unmöglich, das aufgeregte Rufen ihres Neffen zu ignorieren. Wann immer er etwas zu sagen hatte, geschah das in Form von aufgeregtem Rufen, und für besondere Gelegenheiten hatte er eine noch größere Lautstärke reserviert.
Sie rieb
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