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Eine skandalöse Lady

Eine skandalöse Lady

Titel: Eine skandalöse Lady
Autoren: Teresa Medeiros
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spekuliert, von dem Busen meiner Familie und allem, was mir vertraut, lieb und teuer war, weggerissen und in ein zugiges altes Schloss irgendwo am Ende der Welt verschleppt zu werden, damit ich dort von einem mürrischen Adeligen und seiner frechen Tochter kaum besser als eine Dienerin behandelt werde. Sobald ich herausfinde, dass der vor sich hinbrütende Adelige immer noch seine verstorbene erste Frau liebt, der man nachsagt, ab und zu aus dem Grab aufzutauchen, wenn ihr etwas nicht passt, hatte ich vor, ihn dazu zu verführen, mich auf dem Deckel eines Klavierflügels mit wahnsinniger Leidenschaft zu lieben.« Lotties Stimme gewann an Lautstärke. »Und genau wie du schon selbst herausgefunden hast, war das alles Teil meines teuflischen Planes, dazu gedacht, meinen schriftstellerischen Ehrgeiz zu befriedigen!«
    Hayden schaute sie einen langen Augenblick an, und ein Muskel zuckte in seiner Wange. »Hätte das Klavichord auch genügt, oder musste es das Piano sein?«
    Wortlos zog Lottie das Manuskript aus der Felsspalte und ging zum Rand der Klippe. Der Wind zerrte einzelne Locken aus dem Knoten, zu dem sie ihr Haar eilig aufgesteckt hatte, und wehte sie ihr ins Gesicht, sodass sie fast nichts sehen konnte.
    »Nicht!«, rief Hayden, als sie die Blätter ins Meer werfen wollte. Seine Hände schlössen sich um ihre Schultern und zogen sie von dem Klippenrand fort. »Nicht!«, wiederholte er sanfter. »Die literarische Welt überlebt den Verlust vielleicht, aber ich bin nicht sicher, ob einer von uns das würde.«
    Das Manuskript an ihre Brust gedrückt, drehte sich Lottie zu ihm um. »Ich habe zu schreiben angefangen in der ersten Nacht, in der ich das Gespenst gehört habe«, bekannte sie. »Nachdem du mich darüber unterrichtet hast, dass unsere Ehe nur dem Namen nach bestehen würde.«
    Hayden ging ein paar Schritte rückwärts, fast so, als traue er sich selbst nicht, in ihrer Nähe zu bleiben. »Ich hätte gedacht, eine solche Enthüllung wäre eine Erleichterung gewesen, besonders wenn man bedenkt, dass die ›eisige Berührung‹ meiner Hand ausreicht, ›in jeder unschuldigen Seele Schauer des Grauens zu wecken‹.«
    Lottie bedachte ihn mit einem ärgerlichen Blick. »Hast du jede Seite auswendig gelernt?«
    »Nur ausgewählte Stellen«, versicherte er ihr und verschränkte die Arme vor der Brust. »Vorzugsweise die, die sich mit meiner vollkommenen moralischen Verderbtheit‹ beschäftigen und der anziehenden Grimmigkeit meines sardonischen Antlitzes‹.«
    Lottie stöhnte. »Nicht
dein
Antlitz, das des
Herzogs.
Es ist doch nur etwas, das ich mir ausgedacht habe, weißt du, keine Biografie.«
    »Also ist jegliche Ähnlichkeit zwischen dem Mörderischen Marquis‹ und dem ›Heimtückischen Herzog‹ purer Zufall?«, fragte er, und die skeptisch hochgezogene Augenbraue verlieh ihm wirklich ein sardonisches Aussehen.
    Sie schluckte und versuchte, nicht zu stottern. »Nun, ich habe vielleicht ein paar Motive aus deinem Leben geborgt, um die Geschichte anzureichern, bin mir aber ziemlich sicher, dass du niemals deine Seele dem Teufel verkauft hast.«
    »Es gibt Leute, die dir da widersprechen würden«, erwiderte er leise, und aller Spott war aus seiner Miene gewichen.
    Als Lottie ihn ansah, glomm unter ihrer Reue ein Hoffnungsfunke auf. Vielleicht war es nicht zu spät, ihr Vergehen wieder gutzumachen.
    Ihr Herz weiterhin mit dem halbfertigen Manuskript schützend, trat sie einen Schritt auf ihn zu. »Warum lässt du mich ihnen nicht beweisen, dass sie sich irren?«
    Hayden strich sich mit einer heftigen Bewegung eine Locke aus der Stirn. »Was genau willst du von mir?«
    Lottie holte tief Luft und wünschte, sie wäre auch nur halb so furchtlos wie ihre Heldin. »Ich bitte dich, mir zu erlauben, deine wahre Geschichte zu erzählen – die, die die Skandalblätter niemals drucken würden.«
    Der Blick, mit dem Hayden sie ansah, war beinahe mitleidig. »Die Geschichte ist zu weit fortgeschritten, um den ›Heimtückischen Herzog‹ noch zu reformieren, meinst du nicht?«
    »Es ist nie zu spät«, erwiderte sie und machte noch einen Schritt auf ihn zu. »Nicht, wenn es jemanden gibt, der daran glaubt.«
    Hayden versteifte sich. »Ich habe dich eines Hangs zum Melodramatischen beschuldigt, Mylady, nicht der Rührseligkeit.«
    Lottie spürte den Verlust fast schmerzlich. Nun war sie also wieder Mylady, nicht »liebste Lottie« oder »Süße«, richtig? Aber die Gefahr, etwas noch viel Wichtigeres zu verlieren, gab
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