Eine Socke voller Liebe
ist ein Brunnen“, unterbrach Andrea Sabines
Überlegungen, „wir müssen uns unbedingt noch mit Wasser versorgen, denn in den
nächsten zweieinhalb Stunden kommen wir laut Wanderführer nicht mehr an einer
Wasserstelle vorbei.“
Der ruhige Camino mit seinen wunderschönen Ausblicken, die
sanften Hügel, Weinberge und Getreidefelder und vor allem der sehr steinige
Pfad, der sie nach einem langen Aufstieg entlang der Straße langsam wieder
bergab führte, verlangten volle Aufmerksamkeit und versöhnten Sabine mit ihren
Gedanken. Sie war froh, das alles genießen zu können. Das Reden und Laufen
hatte ihren Kopf wieder frei gemacht für das Hier und Jetzt.
Als die Mittagshitze am größten war und Viana bereits in
Sichtweite, erblickten die Freundinnen ein Hinweisschild auf ein Erlebnisbad.
Drei Stunden verbrachten sie in den verschiedenen
Schwimmbecken, ließen ihre müden Rücken im Whirlpool von dem sanft quirlenden
Wasser streicheln und ihre Schultern von einem Wasserfall massieren, um sich
dann im Schatten großer Bäume auszuruhen. Einfach herrlich!
Sie beobachteten amüsiert die Kinder, die in einiger
Entfernung auf der großen Wiese spielten und ab und zu jauchzend durch ein
Planschbecken rannten, dass das Wasser nur so spritzte. Ein bunt geschmückter
Tisch war gedeckt, Luftballons und Girlanden wehten leicht im Wind. Das sah
ganz nach einer fröhlichen Geburtstagsparty aus.
Es war bereits halb sechs, als die Freundinnen endlich
aufbrachen, um in Viana eine Herberge für die Übernachtung zu suchen. Die
asphaltierte Straße war von der Hitze aufgeweicht. Zum Glück war es nicht weit
bis in die schöne Altstadt, in der es Übernachtungsmöglichkeiten gab. Dachten
sie…
Aber von allen Herbergen leuchtete ihnen das Wort „Completo“
entgegen. Es gab keine freien Betten mehr in der kleinen Stadt. Sie waren zu
spät gekommen.
„Was meinst du?“, fragte Andrea, „schaffen wir noch zehn
Kilometer bis Logroño? “
„Ich denke schon. Wir sind jetzt so ausgeruht, dass wir die
zwei Stunden noch laufen können.“
„Also los! Es bleibt uns ja auch nichts anderes übrig.“
Von Viana nach Logroño führte der Jakobsweg fast
ausschließlich an der Straße entlang. Nur kurze Abschnitte verliefen über
asphaltierte Wanderwege, und dann ging es an einem großen Industriegebiet
vorbei. Ein mühsames Fortkommen durch ein unschönes Gelände erforderte wieder
einmal ihre ganze Kraft.
Als sie endlich die Brücke über den Ebro erreicht hatten, die
in die Stadt führte, kam ihnen ein jugendlicher Pilger entgegengelaufen, der
ihnen im Vorbeigehen zurief, dass die Herbergen bereits alle belegt seien.
Die Freundinnen sahen sich an.
„Dann suchen wir uns eben eine kleine Pension“, schlug Andrea
vor, „ich laufe jedenfalls keinen Meter mehr weiter.“ Sie waren sich einig,
dass sie auf jeden Fall die Stadt heute nicht mehr verlassen würden. Irgendwo
mussten sie jetzt ein Bett finden.
Ungewollt waren sie auch heute wieder dreißig Kilometer
gelaufen! Das war mehr als genug!! Ihre Füße „qualmten“, und die Beine waren
schwer wie Blei.
„Ich frage jetzt den Nächstbesten“, sagte Sabine und lief auf
eine Spanierin zu. Die Frau zeigte ihnen den Weg zu einer privaten
Pilgerherberge in einem großen Mehrfamilienhaus, neu und sauber.
„Wunderbar! Also gibt es doch noch ein Bett für uns. Wer sagt
denn, dass wir zu spät kommen und nicht hätten schwimmen gehen dürfen?“, lachte
Andrea.
Heute waren die Freundinnen bei den Ersten, die in den Betten
lagen und schliefen.
Sabine sieht ihre beiden Kinder. Sie schmücken den Garten
mit bunten Luftballons und Girlanden. Es ist Tanjas achtzehnter Geburtstag, und
am Abend soll eine Party steigen .
Sabine geht in die Küche, um Salat zuzubereiten. Markus
kommt herein und fragt, ob noch Spiritus im Haus wäre. Er wolle damit die
Grillkohle anzünden .
„Nein, ich habe Grillanzünder gekauft“, antwortet Sabine .
„Ich brauche aber Spiritus!“, schimpft Markus verärgert
und verschwindet wieder .
Sie geht in den Keller, um die Grillanzünder zu holen.
Etliche Mineralwasserkästen stehen hier übereinandergestapelt wie in einem
Getränkemarkt mitten im Raum .
Plötzlich bemerkt sie, dass sie knöcheltief im Wasser
steht. Leere Plastikflaschen schwimmen um ihre Beine. Wo kommt nur das Wasser
her? Verwundert sieht sie sich um und sucht nach der Ursache .
Ein undefinierbarer Geruch steigt ihr in die Nase. Wieso
riecht es plötzlich so komisch? Sie nimmt
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