Eine Spur von Lavendel (German Edition)
Kroning! Meine Kinder! Und ich habe nichts gewusst. All die verdammten Jahre nicht!“
Die Wut, die ihn überflutete, vertrieb die Tränen, und er starrte eine Weile zornig vor sich hin. Dann landete seine Faust mit ungebremster Heftigkeit auf dem Tisch „Teufel noch eins, ich habe diese Frau damals geliebt, Kroning! Meine Güte, sie und mein geliebter kleiner Bruder, dieser skrupellose Hundesohn, hätten mir um ein Haar das ganze Leben versaut. Und die Kinder … Habe ich dir jemals erzählt, wie gerne ich immer eigene Kinder gehabt hätte, Kroning? Aber dazu hätte es ja auch wieder einer Frau bedurft, Kroning! Einer Frau, die einen betrügen kann, die dein Herz in ihren Händen hält und die Macht hat, es eiskalt zu zerdrücken, wenn ihr gerade danach ist. Nein, Kroning, das wollte ich nicht noch einmal erleben. Das Risiko war mir verdammt zu groß! Nicht noch einmal! Nicht mit mir!“
Er sprang so ruckartig von seinem Stuhl auf, dass er nach hinten umfiel. Mit großen, zornigen Schritten durchmaß er den Raum. Tobias blieb nichts anderes übrig, als ihm weiterhin stumm zuzuhören. Er hätte auch gar nicht gewusst, was es jetzt noch zu sagen gäbe.
„Meine Kinder!“, fuhr Alexander wütend fort. „Es hat ihnennicht gereicht, mich … Verdammt noch mal, nein, jetzt werde ich ungerecht. Sie haben sich nämlich wirklich geliebt, Kroning, glaub mir! Trotzdem hatten sie nicht das Recht, mir meine Kinder vorzuenthalten, oder?“
Tobias schüttelte nur stumm seinen Kopf.
Als Alexander weitersprach, wurde seine Stimme plötzlich weicher. „Und Linda, meine Linda! Gott, ohne sie hätte ich bis zum Ende so weitergemacht. Ich wäre langsam, aber sicher gefühlsmäßig vor die Hunde gegangen. All diese Frauen! Meine Güte, sie haben mir nicht das Geringste bedeutet! Sie hat mich da herausgeholt, weißt du das eigentlich? Sie hat mein Leben wieder in Ordnung gebracht, mir den Glauben wiedergegeben. Und nun?“ Er brach ab und kam zurück zum Tisch.
Langsam bückte er sich und stellte den Stuhl wieder auf, dann ließ er sich erschöpft darauf nieder. „Soll ich dir was sagen, Kroning, ich habe es gewusst.“ Er schlug sich mit der flachen Hand auf die Brust. „Die Kinder, meine ich. Hier drin hab ich es immer gewusst. Verstehe mich richtig, bis heute war mir das natürlich nicht klar, konnte es ja auch nicht. Der Gedanke wäre einfach zu absurd gewesen. Er ist mir noch nicht einmal im Ansatz gekommen. Nur dieses tiefe und unergründliche Gefühl war da … immer, wenn ich die Kinder sah. Die Kleine … Gott, es hat mir fast jedes Mal das Herz aus dem Leib gerissen, wenn ich mich wieder von ihr trennen musste! Verdammt noch mal! Was soll ich jetzt nur tun, Kroning? Wie soll ich ihnen das jemals erklären?“
Mit beiden Händen fuhr er sich durchs Haar und atmete einige Male tief ein und wieder aus. Minutenlang blieb er vollkommen reglos sitzen, dann ging ein Ruck durch seinen Körper, und er drückte sein Rückgrat durch. „Es … tut mir leid. Ich habe mich gerade furchtbar gehen lassen, stimmt’s?“
„Wenn ich bedenke, was du eben erst erfahren musstest, hast du dich hervorragend gehalten, wenn du mich fragst“, entgegnete Tobias Kroning entschieden und lächelte leicht.
„Ich bin Vater, Kroning, ich bin tatsächlich der Vater von diesen beiden wunderbaren Kindern da oben.“
„Ja, das bist du.“
„Herr im Himmel – Linda! Was soll ich ihr nur sagen?“
„Ich denke, die Wahrheit würde es tun, Alex.“
Alexander nickte. „Meinst du, wir könnten noch einen vertragen?“, fragte er mit einem Seitenblick auf die Schnapsflasche.
„Dann bin ich endgültig blau“, erwiderte Tobias Kroning gelassen und schenkte schon im gleichen Atemzug beide Gläser bis zum Rand voll. Sie prosteten sich zu und tranken aus. Dann schichtete Alexander die verstreuten Seiten des Briefes aufeinander, faltete sie zusammen und schob sie in die Brusttasche seines Hemds. Schließlich verließen sie einträchtig die Küche, um nach den beiden Frauen zu sehen, die sich ins Wohnzimmer zurückgezogen hatten.
Schon beim ersten Blick in Lindas bleiches Gesicht wusste Alexander, dass Claudine ihr in der Zwischenzeit alles erzählt hatte. Die tiefe Erschütterung zeichnete sie, und es war auch unübersehbar, dass sie geweint hatte. Gleichzeitig rief er sich ins Gedächtnis, dass seine Mutter all die Jahre Bescheid gewusst hatte, und das Herz wurde ihm sogleich noch schwerer.
Er bedachte seine Mutter lediglich mit einem kühlen
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