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Eine Spur von Lavendel (German Edition)

Eine Spur von Lavendel (German Edition)

Titel: Eine Spur von Lavendel (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanne Schomann
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Blick. Es war ihm jetzt wichtiger, mit Linda zu sprechen. Ihre whiskeyfarbenen Augen erschienen ihm unnatürlich groß. Sie starrte ihn an, und ihre Lippen formten seinen Namen, ohne dass ein Laut zu hören war.
    Alexander schluckte und schob seine Mutter beiseite, die in dem Augenblick aus ihrem Sessel aufgesprungen war, als Tobias und er das Wohnzimmer betreten hatten. Erschüttert und aufgewühlt ging er vor Linda in die Hocke und wollte nach ihren Händen greifen. Mit einer raschen Bewegung verhinderte sie diese Berührung, indem sie ihre Arme vor der Brust verschränkte. Sein Blick bohrte sich in den ihren, und er suchte verzweifelt nach den richtigen Worten, doch er fand sie nicht. Sein Kopf war vollkommen leer.
    „Bitte nicht!“, flüsterte sie flehend, „Ich kann jetzt nicht mit dir reden.“ Tränen rollten erneut über ihre Wangen, sie zog schluchzend die Luft ein und löste sich aus der festen Umklammerung seines Blickes, indem sie sich von ihm abwendete.
    „Liebling, ich …“
    „Lass mich allein!“, bat sie kaum hörbar, aber mit deutlichem Nachdruck.
    Niemals zuvor in seinem Leben hatte er sich so einsam gefühlt wie in diesem Augenblick. In seiner Brust formierte sich ein brennender Schmerz, und er atmete dagegen an, jedoch ohne den geringsten Erfolg zu verspüren.
    Er wollte ihr so gern sagen, wie sehr er sie liebte und brauchte, brachte es aber nicht mehr fertig. Seine körperlichen und auch geistigen Kräfte waren fast aufgezehrt, und den kläglichen Rest benötigte er nun für sich selbst. Also erhob er sich nur stumm und mit gesenktem Kopf.
    Im Vorbeigehen berührte er Tobias am Oberarm. „Danke“, murmelte er, dann sprang er mit langen Schritten die Treppe hinauf, ohne sich noch einmal umzusehen.
    Zunächst lehnte Alexander nur seine heiße Stirn für einige Augenblicke außen gegen die Zimmertür, dann fand er endlich die Kraft, sie zu öffnen. Das Flurlicht warf einen gelblichen, sanften Schein auf das kleine Bett. Das dunkle lockige Haar lag ausgebreitet auf dem Kopfkissen, und mittendrin erkannte er das pausbäckige wunderhübsche Gesicht seiner kleinen Tochter.
    Angestrengt schluckte er gegen den riesigen Kloß an, der sich schon wieder in seinem Hals breitmachen wollte, und sah weiter auf das kleine Gesichtchen hinab, um sich jede Einzelheit davon fest einzuprägen. Es war das erste Mal, dass er dieses Geschöpf mit den stolzen Augen des Vaters betrachten durfte, und Alexander wollte diesen Moment unbedingt für sich festhalten. Sein Blick glitt noch einmal über die dunklen Haare, die ihr schon fast bis auf die schmalen, zerbrechlich wirkenden Schultern reichten und sich in lustigen ungebändigten Löckchen über das Kissen und einen Teil ihres Gesichtchens kräuselten. Ihre Wangen waren im Schlaf leicht gerötet, und die überlangen schwarzen Wimpern hinterließen dort ihre halbmondförmigen Schatten.
    „Du bist einfach wunderschön“, flüsterte Alexander andächtig. Vorsichtig schob er ein vorwitziges Löckchen von der zartenKinderwange und lächelte seine schlafende Tochter an. „Schlaf gut, mein Häschen“, fuhr er flüsternd fort. „Ich liebe dich.“
    Ebenso leise, wie er sie zuvor geöffnet hatte, zog er die Tür wieder hinter sich zu. Ohne zu zögern, öffnete er direkt nebenan die Tür zum Zimmer seines Sohnes. In seinem Magen breitete sich ein heißes Gefühl aus, als er auf das schlafende Kind herabblickte.
    Zum ersten Mal wurde ihm bewusst, wie unglaublich ähnlich der Junge ihm sah. Natürlich waren auch Henri und er sich äußerlich sehr ähnlich gewesen, aber dies hier war etwas ganz anderes. Diese Ähnlichkeit hatte nicht nur etwas mit den hervorspringenden Merkmalen zu tun, die Henri und er mit ihrer Mutter geteilt hatten, und er fragte sich, wie er sie nur so lange hatte übersehen können.
    Gott, wenn er nur daran dachte, dass Adrienne schon mit diesem, mit seinem Kind schwanger gewesen war, als er sie damals in den Armen des eigenen Bruders überrascht hatte, kam ihm die bittere Galle hoch. Er rief sich bewusst das längst vergangene Erlebnis noch einmal ins Gedächtnis zurück. Quälte sich ein letztes Mal mit den Ereignissen, die darauf folgten. Auch den Tag, an dem er Richard zum ersten Mal auf seinen Arm genommen hatte, brachte er sich in Erinnerung. Es war der gleiche Tag gewesen, an dem er trunken vor Liebe und Wein seine Tochter gezeugt hatte.
    Und wie sehr hatte er sich für diese Nacht gehasst! Nicht ein Mal danach hatte er einen Gedanken daran

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