Eine Spur von Lavendel (German Edition)
Hellberg war inzwischen Single aus tiefster Überzeugung. Allein die Vorstellung, andere Menschen könnten Einfluss auf sein Leben und seine Person ausüben, war ihm eigentlich ein Gräuel.
Und nun war Linda da.
Linda, die ihn so dringend brauchte.
Linda, nach der er sich bereits sehnte, wenn sie nur den Raum verließ, in dem er sich gerade aufhielt.
Linda, die seit Wochen seine Gedanken und Gefühle beherrschte.
„Ich bin anscheinend nicht nur ungeheuer heiß auf sie, sondern auch ein bisschen verknallt“, sagte er leise und kopfschüttelnd zu sich selbst.
Als Linda wieder zurück in die Küche kam, hatte Alexander bereits zwei Becher bereitgestellt und schenkte ihnen Kaffee ein. Dann umfasste er kurz entschlossen und mit einem breiten Grinsen ihre Taille und hob sie auf einen der hohen Hocker. Sie belohnte ihn mit einem kurzen hellen Auflachen.
„Wann erwartest du Charlotte?“, fragte er, während sie sich gegenübersaßen und sich mit ihren Kaffeebechern zuprosteten.
„Sie wird bald hier sein. Warum fragst du?“
„Ich dachte, wir könnten heute ausnahmsweise noch einmal zusammen zum Italiener gehen und Pizza essen. Das würde dir das Kochen ersparen. Was meinst du?“
Ihr Blick wurde wieder ernst. Ganz langsam stellte sie ihren Becher ab und sah Alexander an. „Du musst nicht bei mir bleiben. Ich verlange rein gar nichts von dir.“
„Ich weiß.“
„Wenn du … jetzt nicht mehr … Wenn dir das alles hier zu anstrengend wird, dann geh einfach. Es hat keinen Zweck mit mir. Glaub mir, du würdest über kurz oder lang nur unglücklich und unzufrieden sein.“
„Fängst du schon wieder an?“
„Ich will nur nicht, dass du dich jetzt verpflichtet fühlst, das ist alles.“
Er fühlte sich irgendwie ertappt, und eine tiefe Verlegenheit ergriff von ihm Besitz. Dieses Gefühl war ihm neu. Normalerweise wäre es jetzt ein Leichtes für ihn gewesen, einfach zu gehen. In der Vergangenheit hatte er das schon oft getan. Er war stets verschwunden, wenn es ihm mit einer Frau zu eng geworden war, wenn eine Verbindung plötzlich begonnen hatte, nach Verpflichtung zu riechen.
Doch dieses Mal wollte er das nicht. Noch nicht. Linda war schon genug verletzt worden. Etwas in ihm weigerte sich vehement, diese Frau zu enttäuschen. Dazu gehörte allerdings auch, dass er ihr nichts vormachte und sie von Anfang an vor allzu schönen Illusionen bewahrte, die sie sich vielleicht über ihn machen würde, wenn er es zuließe. Nein, er würde sie jetzt nicht im Stich lassen, aber sie musste auch wissen, dass er sicherlich nicht der Mann war, der mit ihr den Rest ihres Lebens verbringen würde.
„Ich fühle mich zu gar nichts verpflichtet, Linda“, sagte er. „Ich bin vor allem hier bei dir, weil ich es möchte, und ich werde nur so lange bei dir bleiben, bis sich daran wieder etwas ändert, okay?“
Gegen ihren Willen tat ihr der letzte Teil seines Satzes weh. „Okay“, sagte sie. „Bis sich daran etwas ändert.“
„Du hast noch nicht ein Wort über das verloren, was meine Kollegen über Frank herausgefunden haben.“
Mit ernster Miene betrachtete sie den Inhalt ihres Bechers und zuckte mit den Schultern. „Ich bin nicht mehr sehr schockiert darüber, Alexander. Das klingt in deinen Ohren wahrscheinlich absurd. Ich meine, ich war mit einem Polizisten verheiratet und bin jetzt plötzlich die Witwe eines üblen Zuhälters. Das ist verrückt, findest du nicht?“
„Hm“, sagte er nachdenklich. „Mir ging es nicht viel anders, als ich es erfuhr. Ich ahne, was du meinst.“
Linda nickte. „Weißt du, nachdem dein Kollege wieder fortwar, habe ich ernsthaft über diese Tatsache nachgedacht. Und ich bin zu dem erschreckenden Schluss gekommen, dass diese Art Leben durchaus zu Frank gepasst hat. Solange ich ihn kannte, hatte er eine Schwäche für Geld. Für Geld und für andere Frauen. Außerdem konnte er wirklich ungeheuer roh und gemein sein. Mir war insgeheim immer klar, dass er ein Doppelleben führte, Alex. Ich habe zwar nur an Affären geglaubt und nicht an eine kriminelle Karriere, aber es war mir schon bewusst, dass es nicht normal ist, wenn ein Mann sich so gut wie nie bei seiner Familie aufhält.“
„Wie oft war er eigentlich fort?“
„Fast jeden Abend. Frank hatte ja in der Regel nur noch normalen Tagdienst. Er kam meist am späten Nachmittag nach Hause, schlief dann zwei oder drei Stunden und verschwand direkt nach dem Abendessen. Manchmal für die ganze Nacht. Es kam nicht selten vor,
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