Eine Spur von Lavendel (German Edition)
sie offenbar, das starke Zittern zu unterdrücken, das sie jetzt regelrecht durchschüttelte.
Sein Blick traf sie erneut, er war kalt und so unheimlich wieder eisige Morgennebel im Winter, und er wirkte ebenso hasserfüllt wie der harsche Klang seiner Stimme. „Hast du Frank umgebracht, Linda?“
„Wie … kannst du …?“ Ihre Stimme brach endgültig. Sie wandte sich ab und rannte von ihm fort, den Strand hinauf, zurück zum Weg.
Bewegungslos und noch immer mit geballten Fäusten blickte er ihr nach, bis sie hinter einer Biegung der Straße verschwunden war.
Einige Stunden später war Alexander Hellberg bereits so restlos betrunken, dass er große Schwierigkeiten damit hatte, sich aus seiner Jeans zu schälen. Die halbe Nacht hatte er am Tresen seines ehemaligen Stammlokals verbracht. Trinkend, fluchend und rauchend. Einige Male hatte irgendjemand versucht, mit ihm ins Gespräch zu kommen, aber er hatte jeden einzelnen dieser Versuche sogleich erfolgreich im Keim erstickt.
Jetzt ließ er sich endlich auf sein Bett fallen.
War es wirklich erst zwei Tage her, dass er Linda genau hier geliebt hatte?
Der schwache Duft ihres Parfums hing noch immer in seinem Kopfkissen und war das Letzte, das er bewusst wahrnahm, bevor er in den erlösenden Schlaf hinüberglitt.
5. KAPITEL
A lexander stürzte sich in die Arbeit. Über den Fall Michaelsen informierte er sich nicht mehr. Es gab mehr als genug für ihn zu tun. Der Tote aus dem Fitness-Studio forderte seine ganze Konzentration. Alles andere verdrängte er so lange erfolgreich, bis er nach Dienstschluss zur Ruhe kam und es keine Möglichkeit mehr für ihn gab, vor seinen Gedanken und Gefühlen davonzulaufen.
Drei Wochen waren nun seit dem verhängnisvollen Abend am Strand vergangen. Linda hatte sich nicht noch einmal bei ihm gemeldet. Es fiel ihm unglaublich schwer, sich selbst einzugestehen, dass er nach wie vor verrückt nach ihr war. Immer wieder drängte sie sich in seine Gedanken, und sein Körper lechzte nach ihr. Mit all seiner Willenskraft versuchte er dagegen anzukämpfen, weil es ihn gleichzeitig enorm wütend machte, dass ihn eine Frau auf diese umfassende Weise beschäftigte.
Alles, was er sich neuerdings zugestand, war ein gelegentliches Mittagessen im Imbiss von Anneliese Michaelsen. Jetzt, nachdem er wieder Kontakt zu Franks Mutter hatte, fühlte er sich irgendwie verpflichtet, sich ab und zu bei ihr blicken zu lassen. Gleichzeitig hatte er dort aber auch das Gefühl, Linda auf eine sehr eigentümliche Weise nahe sein zu können. Anneliese war nun das letzte Bindeglied zwischen ihm und Linda.
Lindas Schwiegermutter stellte ihm niemals Fragen, die seine Beziehung zu Linda betrafen, aber ihm war durchaus klar, dass sie über die Trennung informiert sein musste. Ihr sorgenvoller Blick ließ keinen Zweifel aufkommen, aber sie war eine erfahrene, kluge Frau und hielt sich zurück. Alexander allerdings brachte es seinerseits nicht fertig, nicht nach Linda und Charlotte zu fragen. Er tat es jedes Mal – und immer drängte sich ihm das Gefühl auf, Anneliese behalte das Wesentliche für sich.
Auch heute hatte er wieder bei Anneliese hereingeschaut und dort erfahren, dass Linda inzwischen einen Käufer für die alte Villa gefunden hatte. Es war das erste Mal gewesen, dass Lindas Schwiegermutter von sich aus das Thema aufgegriffen hatte. EineWeile hatte sie ihn forschend angeblickt und dann offenbar beschlossen, dass es für sie nun doch an der Zeit war, etwas dazu zu sagen. „Warum rufst du sie nicht einfach an, Alex?“
„Nein.“
„Ihr habt euch gegenseitig so gutgetan, mein Junge.“
„Es ist vorbei, Anneliese.“
„Aber sie fehlt dir doch.“
„Nein, da irrst du dich. Sie fehlt mir ganz und gar nicht.“
Anneliese überging einfach seine barsche Erwiderung und sah einen Augenblick zu, wie er seine verhaltene Wut an der Currywurst ausließ, die sie ihm vor wenigen Minuten vorgesetzt hatte. „Du fehlst ihr auch, Alex, sei kein Esel.“
Zornig schob er seinen noch halb vollen Teller beiseite und funkelte sie an. „Du weißt nicht, was zwischen uns passiert ist, Anneliese, also halte dich besser da raus, okay? Also, was bin ich dir schuldig?“
Gedankenverloren saß Alexander nun wieder an seinem Schreibtisch und steckte sich eine Zigarette zwischen die Lippen, ohne sie anzuzünden. Offenbar waren seine Kollegen noch nicht viel weitergekommen, denn Linda schien bis jetzt unbehelligt geblieben zu sein. Immer wieder fragte er sich, warum
Weitere Kostenlose Bücher